Der Marathon-Killer: Thriller
misshandelt wurde.
»Die Amerikaner wussten Bescheid«, fuhr Armstrong fort. Sie hätte triumphieren können, doch sie schien keinerlei Befriedigung aus der Enthüllung zu ziehen. »Auf diese Weise konnten sie Leila anwerben. Laut Sicherheitsüberprüfung hält sich ihre Mutter immer noch im Vereinigten Königreich auf. Leila hat nie angegeben, dass sie in
den Iran zurückgekehrt ist. Der zuständige Beamte wurde suspendiert.«
»Haben Sie es von den Amerikanern erfahren?«
»Letztendlich schon. Chadwick hat gute Miene zum bösen Spiel gemacht und behauptet, wir wüssten bereits Bescheid. Aber sie haben uns nicht gesagt, wie sie Leila rekrutiert haben. Sie wusste, ihre Karriere beim MI6 wäre zu Ende, wenn man herausfindet, dass ihre Mutter nicht mehr in Hertfordshire ist. Die Amerikaner haben damit gedroht, sie zu melden. Das hat ihnen ihre Loyalität gesichert.«
»Warum erzählen Sie mir das?«
»Weil Fielding noch etwas anderes behauptet.« Sie hielt kurz inne. Ihre Stimme klang jetzt fast mütterlich. »Er glaubt, Leila arbeitet eigentlich für den Iran.«
»Iran?«, fragte Marchant leise. Und während er das Wort wiederholte, wusste er, dass Fielding recht hatte. Das war der letzte Schluss, den er selbst nicht hatte ziehen können. Doch der Vikar konnte es, sein Verstand war nicht von Liebe umnebelt.
Fielding wusste, ihm lief die Zeit davon. In der ruhigen Ecke auf dem Indira-Gandhi-Flughafen, wo die Maschine geparkt war, herrschten Temperaturen um die fünfzig Grad. Die Klimaanlage funktionierte nicht mehr, und das Flugzeug hatte nicht genug Treibstoff für einen weiteren Flug, selbst wenn der Tower ihnen die Starterlaubnis erteilen würde, was unwahrscheinlich war.
Fielding hatte Carters Handy und wartete auf den Rückruf des Leiters der MI6-Dienststelle in Delhi. Inzwischen war der Alarm sicherlich an alle Niederlassungen
rausgegangen, man würde sofort Meldung erstatten, sobald jemand etwas über Fieldings Aufenthaltsort erfuhr. Aber der Leiter in Delhi hatte seine Beförderung dem Chef zu verdanken, und der wiederum hatte nichts mehr zu verlieren.
Das Telefon in Fieldings feuchter Hand klingelte. Während er zuhörte, sah er Denton und Carter an, die beide ihre Jacketts ausgezogen und die Kragenknöpfe ihrer Hemden geöffnet hatten. Trotzdem rann ihnen der Schweiß übers Gesicht. Denton sah schlimm aus. Er vertrug die Hitze nicht und bevorzugte das kühlere Klima in Europa. Nach einigen Augenblicken reichte Fielding das Telefon an Carter zurück.
»In zehn Minuten schicken sie einen Tankwagen«, sagte er ruhig.
»Gott sei Dank«, flüsterte der Pilot, in dessen Stimme nichts mehr von der früheren Zuversicht mitschwang.
»Sie tanken genug nach, damit das Flugzeug den Golf erreicht. Von dort schaffen Sie es allein nach Haus.«
»Und Sie?«, fragte Carter und wischte sich die Stirn.
»Einer unserer hiesigen Agenten kommt mit dem Tankwagen«, sagte Fielding. »Ich fahre mit ihm ins Depot und mache mich von dort aus auf die Suche nach Leila.«
»Fielding hat immer geglaubt, dass Sie nur zufällig beim Marathon waren«, fuhr Armstrong fort. »Deshalb hat er an anderen Stellen nach Antworten gesucht. Leilas Mutter ist eine Bahai - und diese Religion wird im Iran verfolgt. Das iranische Ministerium für Nachrichtenwesen und Sicherheit sah eine Gelegenheit, Leila in London zu erpressen, nachdem ihre Mutter in Teheran angekommen
war. Falls Leila nicht zustimmen würde, für sie zu arbeiten, würden sie die Mutter töten. Niemand hätte davon Notiz genommen - Bahai werden dort fortwährend verhaftet oder umgebracht.«
»Warum ist sie dorthin zurückgegangen?«, fragte Marchant, aber er kannte die Antwort bereits.
»Es ist ihre Heimat. Und der Ruf der Heimat ist am lautesten, wenn es Probleme gibt.«
Leila hatte einmal darüber gesprochen, wie sehr sich ihre Mutter an den Ort ihrer Geburt zurücksehnte. Die alte Frau musste irgendwann entschieden haben, dass ihr die Zeit davonlaufe. Ihr Ehemann war tot, und der Iran bedeutete ihr trotz aller Probleme mehr als England. Nur ihrer Tochter wegen war sie hiergeblieben, und deren Leben würde sich vermutlich in der großen weiten Welt abspielen.
»Und Sie und die anderen haben tatsächlich geglaubt, ich wollte den US-Botschafter beim Marathon ermorden.«
»Das TETRA-Handy erschien wie ein unumstößlicher Beweis.«
»Leila hat es mir gegeben.«
Armstrong zögerte wieder. »Wir haben herausgefunden, dass es mit dem Sprengstoff an Pradeeps Gurt
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