Der Marathon-Killer: Thriller
verbunden war. In das Kurzwahlverzeichnis war eine Nummer als MI6-Telefonzentrale eingespeichert. Wenn Sie da angerufen hätten, wären Pradeep, Sie und viele andere in die Luft geflogen.«
Marchant war nahe daran gewesen, Leila unter der Nummer anzurufen. Sie hatte ihn sogar dazu aufgefordert. Ihm wurde übel. »Solltest du in fünfzehn Minuten
noch nichts von mir gehört haben, versuch, das Büro anzurufen. Kurzwahl eins.« Er erinnerte sich lebhaft an diesen Wortwechsel und an vieles andere mehr, das an diesem Tag gesagt worden war.
»Es war nicht mein Telefon«, sagte er und schluckte heftig, weil er an Leilas Blick denken musste, als sie ihm das TETRA-Handy gegeben hatte. »Mein altes vielleicht, aber Leila hat es mitgebracht.«
»Das hat auch Fielding gesagt, und Sie haben es in Ihrem Bericht so dargestellt. Aber ich fürchte, wir alle haben Leila geglaubt, deren Bericht ganz anders lautete. Gestern hat der MI5 endlich Zutritt zu Legoland erhalten. Wir haben die Person gefunden, die für die Handyausgabe zuständig ist, und aus dem haben wir die Wahrheit herausgeholt.«
Marchant wusste, was das hieß, aber er verspürte kein Mitleid. Er konnte nur daran denken, dass Leila alles vorbereitet hatte, um ihn zu töten.
»Mir scheint, sie hat ihren Charme eingesetzt, um dem Mann Ihr altes Handy abzuschwatzen, ohne dafür zu unterschreiben. Ihm hat sie gesagt, es sei reine Sentimentalität.«
Zum ersten Mal klang Armstrong vorwurfsvoll, als könne sie den Verrat verdauen, nicht aber die Promiskuität. Auch Marchant war persönlich getroffen. Die Überlegungen, welche Folgen der Verrat für sein Land hatte, mussten warten. Leila hatte ihn betrogen.
Er hatte bereits akzeptiert, dass es nicht leicht zu erklären wäre, warum sie ihn nach dem Lauf nicht entlastet hatte. Eine Art Absprache mit den Amerikanern ergab am ehesten Sinn, doch es war noch viel schlimmer, wie er
jetzt erfuhr. Sehr viel schlimmer. Er versuchte, sich an die Tatsache zu klammern, dass sie sich entschieden hatte, ihn und Pradeep nicht in tausend Stücke zu reißen. »Hast du versucht, mich anzurufen? Lass es auch besser, okay? Bitte. Ruf nicht an.« Ihre Stimme hatte nachdrücklich geklungen, aber das war ein schwacher Trost. Leila war der Maulwurf. Instinktiv verhärtete sich sein Herz, um sich vor der Wucht dieser Erkenntnis zu schützen, aber es war bereits zu spät.
Er erinnerte sich an jene Nacht im Fort, als sie in der Dämmerung in sein Zimmer gekommen war, daran, wie er ihr gesagt hatte, er wolle ihre Beziehung von der vorgetäuschten Welt ihres Berufes trennen. Langsam jedoch hatte er sich erweichen lassen, von ihrem Lachen und ihrer Liebe. Jetzt sah es so aus, als habe sie keinerlei Trennung vorgenommen. Für sie war alles Arbeit gewesen: ein einziger großer, schmutziger und heuchlerischer Job.
War das die Leila, die er kannte? Er musste einfach daran glauben, dass ein Teil der gemeinsamen Zeit auch ihr etwas bedeutet hatte. Die Iraner mussten sie zur Ausführung dieses Plans gezwungen haben, indem sie ihr eine grauenvolle Alternative androhten.
»Dann sind Sie und Fielding jetzt wieder die besten Freunde?«, fragte er.
Armstrong ignorierte den Sarkasmus. »Er ist verschwunden. Wir glauben, er ist in Indien und sucht nach Leila.«
»Ist sie ebenfalls hier?« Marchant konnte sein Interesse nicht verhehlen.
»Sie hat darum gebeten, in die CIA-Dienststelle in Delhi versetzt zu werden, und zwar bevor Fielding alles aufgedeckt hat.«
»Warum Delhi?«
»Sie wollte den Präsidenten beschützen.«
Die beiden blickten sich einen Moment lang an. Vor seinem inneren Auge tauchte ein Bild von Leila und Dhar auf. Er musste hier raus.
»Sind Sie hier, um mich rauszuholen? Wir müssen sie finden.«
»Darauf habe ich leider keinen Einfluss. Wir konnten Langley nicht davon überzeugen, dass Leila sie ebenfalls verraten hat. Ich bin nicht sicher, ob uns das je gelingen wird. Zumindest hat Straker gestattet, dass ich die Befragung zu Ihrem Treffen mit Salim Dhar durchführe. Er hat sich an Ihre Sturheit in Polen erinnert. Demnach sind Sie eigentlich mein Gefangener.«
Sie sah sich die Schüssel mit dem blutigen Wasser an.
»Sie können denen sagen, Dhar sei nach Norden aufgebrochen, und zwar zwei Stunden bevor die Seals eingetroffen sind.«
»Danke.«
»Und dass er US-Präsidenten für Schießübungen benutzt.«
50
Dhar betrachtete die Beine des Rikschafahrers, die sich auf und ab bewegten, während er sie durch den Verkehr in Chandni
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