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Der Marshal ist eine Lady

Der Marshal ist eine Lady

Titel: Der Marshal ist eine Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Slade
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in Gedanken. Die Männer mussten nicht merken, dass er auf sie herabblickte. Er gab ihnen das Gefühl, dass er sie respektierte. Nichtsdestoweniger konnten diejenigen unter ihnen, die einen Hauch von Verstand besaßen, ohne weiteres erkennen, dass ihr Boss etwas Besonderes war. Allein durch sein äußeres Erscheinungsbild wurde das klar erkennbar.
    Wenn er bei Tageslicht durch sein Reich schritt, fühlte er sich wie ein Herrscher – der er letztlich auch war. Stets trug er einen seiner eleganten Anzüge, die alle in unterschiedlichen Grautönen gehalten waren, manche mit feinen schwarzen oder weißen Streifen, andere unifarben. Zu jenem Erscheinungsbild, das er sich selbst als Maßstab und Zeichen seiner Autorität auferlegt hatte, gehörten ein schwarzer melonenartiger Hut mit schmaler, aufwärts gebogener Krempe, ein weißes Seidenhemd mit dunkelroter Samtschleife und – als einzige Konzession an die raue Umgebung – robuste dunkelbraune oder schwarze Stiefel, in deren Schäfte er die Hosenbeine steckte, damit sie nicht von Schlamm und Dreck verschmiert wurden.
    Harris’ schwarzes Haupthaar war halblang, leicht gewellt und stets gepflegt. Das Gleiche galt für seinen dichten Schnauzbart, dessen Unterkante präzise geschnitten wie ein Strich auf seiner Oberlippe abschloss. New Fort Kearny war sein Werk, und er war stolz darauf, auch wenn es sich nur um eine von Palisaden umgebene Ansammlung von Blockhütten handelte, eine verkommene kleine Banditenstadt mit verkommenen Einwohnern, die neben dem Bordell und dem Gemeinschaftsraum auch ein paar kleine Läden betrieben und allesamt aussahen, als seien sie ein paarmal kreuz und quer durch eine Mülltonne gekrochen, ehe sie zur Welt gekommen waren.
    Gemessen an dieser Umgebung fühlte sich Carlton Harris wie ein Bild von einem Mann, als ein strahlender Held, der seinen Untergebenen das beste denkbare Vorbild war.
    An diesem Abend hatte er sich in seiner persönlichen Kleiderordnung die gewohnte Erleichterung gegönnt, indem er das Jackett ausgezogen und an den Garderobenhaken gehängt hatte. Außerdem hatte er die Samtschleife gelockert und den oberen Hemdkragen geöffnet.
    Er war er allein, weil er auf Erfolgsmeldungen wartete, die es zu feiern galt. Für den Zweck hatte er sich einen Weinkeller anlegen lassen, der aus einem einfachen Erdloch mit einer Luke hinter der Hütte bestand. Er lagerte dort ausschließlich kalifornischen und importierten spanischen Rotwein, den sie bei ihren Beutezügen reichen Reisenden und Ranchern abgenommen hatten.
    Wenn Jake Norrish oder ein anderer sich bei ihm meldeten, um ihren Bericht zu erstatten, pflegte er einen jener edlen Tropfen heraufzuholen und die ebenfalls erbeuteten Kristallgläser bereitzustellen. Jedes Mal von neuem musste er seinen ungehobelten Compañeros dann erklären, dass man Wein nicht wie Bier oder Whisky in sich hineinkippte, sondern auf kultivierte Weise genoss.
    Außer Jake Norrish war es an diesem Abend Paul Raker, den Carlton Harris zum Rapport erwartete. Beide Männer hatten wichtige Aufträge zu erledigen gehabt.
    Jake sollte in Sheridan herumhorchen, was es mit einem gewissen Lassiter auf sich hatte. Von dem Mann erzählte man sich in den Saloons, dass er ein geheimnisvoller Bursche war, der überall in den Staaten Outlaws jagte und rücksichtslos zur Strecke brachte. Außerdem hieß es, dass in seinem Gefolge oft weitere Vollstrecker auftauchten, die mehr Befugnisse hatten als der durchschnittliche County Sheriff oder Town Marshal.
    Paul würde, wenn alles geklappt hatte, die Versorgung von New Fort Kearny für weitere Wochen gesichert haben. Vier Frachtwagen, so die Information von der C-Ranch, waren zum Blockhaus an der Nordweide unterwegs. Louisa McCafferty und ihre Getreuen wussten allerdings nicht, dass ihr Transport nie an seinem vorgesehenen Ziel ankommen würde. Zwar ahnten sie vielleicht, dass New Fort Kearny die Endstation für die vier Gespanne und ihre Ladung sein würde, doch unternehmen konnten sie dagegen nichts. Niemand hatte es bislang gewagt, das Fort anzugreifen. Dazu hatte Carlton Harris einfach zu viele kampferprobte Männer um sich geschart.
    Er lächelte und lehnte sich zurück. Wenn ihm jemand dumm kommen wollte, musste der Betreffende schon ein ganzes Regiment Kavallerie aufbieten. Oder Infanterie. Plus Artillerie. Aber den Aufwand würde sich kein Gegner leisten. Die Regierung am allerwenigsten. Schließlich hatte sie keinerlei Befugnis, die Steuergelder der amerikanischen

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