Der Maskenball
elfenbeinfarbener Seide mit bestickten Einsätzen lag oben eng an und war von der Taille abwärts ausgestellt. Es hatte ihrer verstorbenen Mutter gehört, und obwohl sie es unpassend fand, es zu diesem Zweck zu tragen, hätte sie es komisch gefunden, nicht wie eine richtige Braut auszusehen.
An diesem Nachmittag hatte sie außerdem einen wichtigen Termin bei dem Filialleiter ihrer Bank. Wenn sie diesem von den Bedingungen im Testament ihrer Patentante erzählte, würde dieser sich hoffentlich davon überzeugen lassen, dass Fielding's Folly eine bessere Kapitalanlage war, als er glaubte. Mit seiner Zustimmung würde sie die wichtigsten ehemaligen Mitarbeiter wieder einstellen können, und dann würde bald alles wieder beim Alten sein.
"Mummy hübsch", sagte Zia begeistert, als sie sich in dem pinkfarbenen Sommerkleid, das sie heiß und innig liebte, einmal um sich selbst drehte. "Zia auch hübsch?"
"Sehr hübsch", bestätigte Darcy lächelnd.
Karen fuhr sie mit dem Wagen zur Kirche. Bestürzt stellte Darcy fest, dass sich zahlreiche Gäste dort eingefunden hatten ehemalige Angestellte und Pächter, Menschen, die sie schon ihr ganzes Leben kannte.
Eine ältere Frau, die zuletzt als Haushälterin in Fielding's Folly tätig gewesen und nun im Ruhestand war, kam auf sie zu und drückte ihr einen wunderschönen Blumenstrauß in die Hände. "Wir freuen uns alle mit Ihnen, Miss Fielding", erklärte sie herzlich. "Und wir hoffen, dass es ein unvergesslicher Tag für Sie wird."
Als die anderen ihr auch alles Gute wünschten, füllten ihre Augen sich mit Tränen. Darcy blinzelte einige Male. Es rührte sie sehr, aber gleichzeitig plagten sie heftige Gewissensbisse.
Als sie die kleine Kirche betrat, sah sie Luca vor dem Altar stehen. Er wandte sich zu ihr um und blickte ihr entgegen. Seine Augen funkelten. Offenbar war er überrascht über ihren Anblick. Er trug einen maßgeschneiderten anthrazitfarbenen Anzug und wirkte so weltgewandt und Respekt einflößend, dass ihr der Atem stockte und sie ganz weiche Knie bekam. Er hat das gewisse Etwas, dachte sie unbehaglich.
Dann stellte sie fest, dass neben ihm ein anderer, jüngerer Mann stand. Er war dunkelhaarig und schlank und wirkte angespannt, denn als sie ihm zunickte, wandte er den Blick ab.
Die Trauzeremonie begann. Erst in dem Moment, als Luca ihre Hand nahm, um ihr den Ring anzustecken, fiel Darcy ein, dass sie daran überhaupt nicht gedacht hatte. Daher war sie umso erleichterter, als er ihr einen schmalen Goldring ansteckte.
"Danke ..." erwiderte sie leise und errötete unter dem erstaunten Blick des Pfarrers.
Nach der Trauzeremonie mussten sie die Urkunde
unterzeichnen. Karen und der andere Mann, den Luca mit
"Benito" ansprach, kamen ihrer Aufgabe als Trauzeugen nach.
Sobald die Formalitäten erledigt waren, rieb Darcy sich die brennenden Augen und verlor dabei prompt eine ihrer
Kontaktlinsen. Mit einem Aufschrei ging sie in die Hocke.
"Nicht bewegen ... Ich habe eine Kontaktlinse verloren!"
Luca bückte sich und hob die Linse auf. Dann steckte er sie in die Tasche, weil er offenbar wusste, dass sie sie nicht wieder einsetzen konnte, ohne sie vorher gereinigt zu haben. "Schon gut, ich hab sie ..."
Verblüfft darüber, dass er so schnell reagiert hatte, blickte Darcy zu ihm auf. Im selben Moment bückte er sich, um ihr aufzuhelfen. Da sie ihn nicht erkennen konnte, schloss sie ein Auge, um besser sehen zu können. In dieser Sekunde
verschwammen seine Züge vor ihren Augen und gewannen eine andere Qualität. Ungläubig erstarrte sie. Ihr venezianischer Liebhaber!
Sie war so schockiert, dass ihr fast das Herz stehen blieb.
"D... du?" fragte sie stockend.
Benommen sah sie ihn an. Ihr Kopf dröhnte, und im nächsten Moment wurde ihr schwarz vor Augen. Sie sank in Lucas Arme.
5. KAPITEL
"Atme tief durch ..." wies Luca sie leise an.
Darcy bekam wieder Luft, und Schweißperlen traten ihr auf die Stirn. Langsam öffnete sie die Augen und stellte fest, dass sie auf einer harten Kirchenbank saß.
"Siehst du? Mummy geht es gut", tröstete Karen Zia und fügte an Luca gewandt leise hinzu: "Ich wette, Darcy ist umgekippt, weil sie erschöpft ist - sie arbeitet achtzehn Stunden am Tag."
Nun erinnerte Darcy sich wieder an alles. Starr sah sie Luca an, der ihren Blick ruhig erwiderte.
"Du kannst es nicht sein ..." sagte sie, ohne die anderen zu beachten.
"Du bist ohnmächtig geworden und bist jetzt durcheinander, das ist alles", erklärte Karen, die offenbar
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