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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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sich einmischen.«
    Scofield bemerkte den Tonfall in der Stimme des KGB-Mannes und ertappte sich einen Augenblick lang dabei, wie er nach seiner Waffe griff. In diesem Sekundenbruchteil drängte sich die Erinnerung an Berlin, die Geschehnisse vor zehn Jahren, an die Oberfläche. Taleniekov hatte bereits seine Entscheidung getroffen: Falls der Russe den geringsten Zweifel hatte, würde er dieses Mädchen töten.
    »Sie wird uns nicht behindern«, sagte Bray, ohne zu wissen, warum er eine solche Garantie gab, aber er gab sie mit fester Stimme. »Gehen wir. Ich will einen Mann in Murato aufsuchen. Wenn es uns dann gelingt, Bastia zu erreichen, kann ich uns herausholen.«
    »Wohin, Signore? Sie können mir nicht befehlen…«
    »Seien Sie still«, sagte Bray. »Treiben Sie es nicht zu weit.«
    »Nein, tun Sie es nicht«, fügte der KGB-Mann hinzu und sah Scofield an. »Wir müssen reden. Wir sollten, wie vorher, getrennt reisen, unsere Arbeit aufteilen, Zeitpläne und Kontaktpunkte festlegen. Es gibt viel zu besprechen.«
    »Ich schätze, daß es bis Bastia einhundertvierzig Kilometer sind. Wir werden genügend Zeit zum Reden haben.« Scofield griff nach seinem Aktenkoffer; das Mädchen riß ihre Hand aus der seinen und trat ärgerlich zwei Schritte zurück. Der Russe beugte sich über den Seesack.
    »Ich schlage vor, wir sprechen allein«, sagte er zu Bray. »Das Mädchen ist kein Aktivposten, Beowulf.«
    »Sie enttäuschen mich.« Scofield nahm dem KGB-Mann den Seesack weg. »Hat Ihnen niemand beigebracht, wie man aus einer Verbindlichkeit einen Aktivposten macht?«
    Antonia hatte in Vescovato am Golofluß gelebt, etwa dreißig Kilometer südlich von Bastia. Ihr unmittelbarer Beitrag bestand darin, daß sie sie ungesehen dorthin schaffen konnte. Es war wichtig, daß sie Entscheidungen traf, selbst wenn es nur dazu diente, sie von der Tatsache abzulenken, daß sie Befehlen gehorchte, mit denen sie nicht einverstanden war. Sie wählte primitive Feldwege und Bergpfade, die sie als Kind kennengelernt hatte.
    »Die Nonnen haben uns zum Picknick hierhergebracht«, sagte sie und blickte nach unten auf einen eingedämmten Fluß. »Wir haben Lagerfeuer gemacht und Wurst gegessen, und dann haben wir uns abwechselnd in die Büsche geschlagen, um Zigaretten zu rauchen.«
    Sie gingen weiter. »An diesem Hügel gibt es am Morgen guten Wind«, sagte sie. »Mein Vater hat wunderbare Papierdrachen gebaut, die haben wir an Sonntagen hier steigen lassen. Nach der Messe natürlich.«
    »Wir?« fragte Bray. »Haben Sie Geschwister?«
    »Einen Bruder und eine Schwester. Sie sind älter als ich und leben noch in Vescovato. Sie haben Familien. Ich sehe sie nicht oft; wir haben einander nicht viel zu sagen.«
    »Ihre Geschwister sind also nicht auf höhere Schulen gegangen?« fragte Taleniekov.
    »Sie hielten das für unsinnig. Es sind gute Leute, aber sie ziehen das einfache Leben vor. Wenn wir Hilfe brauchen, werden sie sie uns anbieten.«
    »Es wäre besser, sie nicht aufzusuchen«, sagte der Russe. »Es ist meine Familie, Signore. Warum sollte ich sie meiden?«
    »Weil das notwendig sein könnte.«
    »Das ist keine Antwort. Sie haben mich daran gehindert, nach Porto Vecchio zu gehen und Gerechtigkeit zu suchen; Sie können mir jetzt keine Befehle mehr geben.«
    Der KGB-Mann sah Scofield an, man konnte seine Absicht in seinen Augen lesen. Bray rechnete damit, daß der Russe die Waffe ziehen würde. Er überlegte kurz, wie er reagieren würde; er konnte es nicht sagen. Aber der Augenblick verstrich. Scofield wurde etwas klar, was er vorher nicht voll begriffen hatte.
    Wassili Taleniekov wollte nicht töten, aber der Profi in ihm befand sich in einem starken Konflikt mit dem Menschen. Er wollte wissen, wie man aus einer Verbindlichkeit einen Aktivposten machte. Scofield wünschte, er wüßte es selbst.
    »Beruhigen Sie sich«, sagte Bray. »Niemand will Ihnen Vorschriften machen, nur wenn es um Ihre eigene Sicherheit geht. Das sagen wir jetzt nicht zum erstenmal; im Augenblick ist es noch viel wichtiger.«
    »Ich glaube, es geht um etwas anderes. Sie wollen, daß ich stumm bleibe, wo es um den Mord an einer blinden alten Frau geht!«
    »Ihre Sicherheit hängt davon ab, das haben wir Ihnen gesagt. Sie hat das begriffen.«
    »Sie ist tot!«
    »Aber Sie wollen leben«, beharrte Scofield ruhig. »Sie werden das nicht, wenn die Leute aus den Hügeln Sie finden. Und wenn bekannt wird, daß Sie mit anderen gesprochen haben, werden die ebenfalls in

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