Der Matarese-Bund
Leibwächter mühelos töten, wie man eine Made zertritt. Wir können uns Sie nicht mehr leisten, Guillamo. Es darf kein schwaches Glied geben. Auf keinen Fall.«
Kurze Stille… dann ein Schuß und ein gutturales Stöhnen. Guillamo Scozzi war tot.
»Laßt ihn liegen!« befahl der unbekannte Consigliere der Matarese. »Man wird ihn und seinen Wagen am Morgen am Grund der Hadrianschlucht finden. Geht und sucht diesen ›Pastor‹, diesen so schwer faßbaren Taleniekov. Er wird sich nicht lebend fangen lassen, versucht es gar nicht. Findet ihn. Tötet ihn… Und das Mädchen in Weiß. Sie auch. Tötet sie beide.«
Scofield rannte die enge Treppe hinunter, um die Kurve. Aber die letzten Worte, die er durch die Türe oben hörte, waren so seltsam, daß er fast stehen geblieben wäre. Er war nahe daran, auf die Mörder zu schießen, die herauskamen, und dann hinaufzugehen und dem unbekannten Mann gegenüberzutreten, der sie sprach.
»… Scozzi! Mutter Gottes! Ihr müßt Turin erreichen. Sagt ihnen, sie sollen den Adlern telegrafieren, der Katze. Die Beerdigung muß absolut…«
Jetzt war keine Zeit, nachzudenken, er mußte Antonia erreichen; sie mußten beide die Villa d'Este verlassen. Er zog die Türe zu und rannte hinaus in den pochenden Wahnsinn. Plötzlich wurde er sich der Sessel bewußt, die an der Wand standen; die meisten waren leer, auf einigen lagen Capes und Pelze.
Wenn er einen Verfolger ausschalten konnte, würde ihm das gleich mehrfachen Vorteil einbringen. Ein Mann, der Alarm schlug, würde wesentlich weniger erreichen als zwei. Außerdem würde ein in die Enge getriebener Mann, der überzeugt war, daß er sein Leben verspielt hatte, höchstwahrscheinlich eine Identität preisgeben, um sich zu schützen. Er wandte sich zur Wand, die Hände auf der Rückenlehne eines Sessels, ein Cavaliere, der zuviel Wein getrunken hat.
Die schwere Türe sprang auf. Der erste der beiden Killer kam herausgerannt, sein Begleiter dicht hinter ihm. Der erste Mann eilte auf die französischen Türen zu in Richtung der Stufen, die zur Terrasse hinunterführten; der zweite lief um die Tanzfläche herum, auf den Bogen im Hintergrund zu.
Scofield sprang vor und vollführte dabei eine Reihe zuckender Bewegungen, als wäre er ein einzelner Tänzer, ganz im Banne der Rockmusik. Er erreichte den zweiten Mann und warf ihm den Arm über die Schulter. Dann klammerte er seine Hand um das Halfter unter der Jacke und machte die Waffe darin bewegungsunfähig, indem er den Griff durch das Tuch packte und dem Mann den Lauf in die Brust bohrte. Der Italiener wehrte sich, aber es war nutzlos; er wußte es binnen Sekunden. Bray fuhr mit seiner rechten Hand über die Hüfte des Mannes, bohrte ihm die Finger unter den Brustkasten und riß dann mit solcher Gewalt an, daß der Mann aufschrie.
Der Schrei blieb unbemerkt, denn ringsum waren Schreie und betäubende Musik und kreisende Lichter, die einen im einen Augenblick blendeten und im nächsten nur grelle, weiße Lichtspuren hinterließen. Scofield zerrte den Mann zu der Stuhlreihe an der Wand und wirbelte ihn herum, zwang ihn in den Sessel, der der schweren Türe am nächsten stand. Er stieß dem Italiener die Finger in die Kehle, während seine linke Hand sich unter seinem Jackett auf den Abzug zu arbeitete, wobei der Lauf der Waffe sich immer noch in das Fleisch des Mannes bohrte. Jetzt brachte er die Lippen dicht an das Ohr des Killers.
»Der Mann oben! Wer ist er? Sag es mir, oder deine eigene Pistole geht los! Keiner wird den Schuß hier hören! Wer ist er?«
»Nein!« Der Mann versuchte, sich aus dem Stuhl herauszuwinden; Bray trieb ihm das Knie in den Unterleib; seine Finger erstickten ihn halb. Er drückte zu; unerträglicher Schmerz drohte den Mann zu überwältigen.
»Ich warne dich zum letztenmal! Wer ist er?«
Speichel drang dem Mann aus dem Mund; seine Augen waren zwei rote Kreise, seine Brust wogte auf und ab. Dann gab er auf und stieß den Namen in einem gequälten Flüstern heraus.
»Paravacini!«
Bray drückte ein letztes Mal die Luftröhre des Mannes zu; die Luftzufuhr zu Lungen und Kopf wurde zwei Sekunden lang unterbrochen; der Mann sank schlaff zusammen. Scofield drapierte ihn über den daneben stehenden Sessel, ein weiterer betrunkener Bello Romano.
Er drehte sich um und arbeitete sich zwischen den Stuhlreihen und den fieberhaft zuckenden Tänzern durch. Der erste Mann war nach draußen gelaufen; Bray konnte sich also ein oder zwei Minuten lang frei bewegen,
Weitere Kostenlose Bücher