Der Matarese-Bund
Waffe ruckartig im Gegensinn des Uhrzeigers herum. Dann ließ er die Zigaretten fallen, fuhr dem Mann mit der linken Hand an die Kehle und erstickte jegliches Geräusch. Er stieß den Leibwächter vom Weg in das dichte Blattwerk. Als der Mann stürzte, riß Bray ihm die Waffe weg und ließ den Kolben scharf auf seinen Schädel niederkrachen. Der Leibwächter erschlaffte. Scofield zog ihn tiefer in das Gebüsch hinein.
Er durfte jetzt keine Sekunde vergeuden. Guillamo Scozzi war weggerannt, um sich Rat zu holen; es war die einzige Erklärung, die einen Sinn ergab. Irgendwo auf einer Terrasse oder in einem Zimmer übermittelte der Consigliere diese schockierende Information an einen anderen. Oder an mehrere andere.
Bray rannte den Weg hinauf, hielt sich, so gut es ging, im Schutz des Schattens und verlangsamte sein Tempo, als er die Terrasse erreichte, von der aus die letzten Stufen in die Villa selbst führten. Irgendwo über ihm, irgendwo war der in Panik geratene Scozzi. Zu wem rannte er? Wer würde die Entscheidung treffen, die dieser mächtige, verängstigte Mann außerstande war zu treffen?
Scofield eilte die Treppen hinauf, den Revolver des Leibwächters in der Hosentasche, seine eigene Browning unter dem Smoking an die Brust geschnallt. Er trat durch französische Türen in einen überfüllten Saal; ohrenbetäubender DiscoRhythmus schlug ihm entgegen. Kreisende, verspiegelte Kugeln aus farbigen Lichtern hingen von der Decke, drehten sich, während die Tänzer mit starren Gesichtern, verloren in Rhythmus, Marihuana und Alkohol wogten.
Dies war der Raum, der am nächsten bei der Treppe lag, die zu Ippolitos Brunnen führte. Bei Scozzis Geisteszustand mußte das der Raum gewesen sein, den er als ersten aufsuchte; es gab zwei Eingänge. Welchen hatte er genommen?
Die Bewegung auf der Tanzfläche wurde unterbrochen.
Bray hatte seine Antwort. Hinter dem Büfett war eine schwere Tür in die Wand eingelassen. Zwei Männer eilten auf die Tür zu; man hatte sie gerufen; jemand hatte Alarm geschlagen.
Scofield arbeitete sich auf die Tür zu, sich nach allen Seiten bei den Tänzern entschuldigend. Langsam schob er sie auf, die Hand an der Browning unter seinem Jackett. Dahinter war eine schmale Wendeltreppe aus dickem, rötlichem Stein; er konnte Schritte über sich hören.
Da waren auch noch andere Geräusche. Schreiende Männer, zwei erhobene Stimmen, die eine stärker, ruhiger, die andere am Rande der Hysterie. Letztere gehörte Graf Guillamo Scozzi.
Bray betrat die erste Treppenstufe, drückte sich gegen die Wand, die Browning an seiner Seite haltend. Nach dem ersten Absatz kam eine Tür, aber dahinter war es still; sie waren weiter oben, hinter einer zweiten Tür, auf dem dritten Treppenabsatz. Scozzi schrie jetzt. Scofield war nahe genug, um die Worte ganz klar zu verstehen.
»Er hat von den Brigaden gesprochen, und – oh, mein Gott – vom Hirten! Von dem Korsen! Er weiß Bescheid!. Mutter Gottes, er weiß es!«
»Still! Er sucht, er weiß nichts. Man hat uns gesagt, daß er das tun würde; der alte Mann hat nach ihm verlangt, und er hatte Fakten. Mehr als wir annahmen; das ist wirklich lästig.«
»Lästig? Das ist Chaos! Ein Wort, eine Andeutung, ein Atemzug, und ich könnte ruiniert sein! Überall!«
»Sie?« sagte die kräftigere Stimme verächtlich. »Sie sind nichts, Guillamo! Sie sind nur das, was wir bestimmen. Vergessen Sie das nicht… Sie sind natürlich einfach weggegangen. Sie haben ihm nicht angedeutet, daß in dem, was er gesagt hat, auch nur ein Funken von Glaubwürdigkeit steckte.«
Einen Augenblick lang herrschte Stille. »Ich habe meinen Leibwächter gerufen, habe dem Amerikaner gesagt, er solle bleiben, wo er war. Er steht immer noch am Brunnen und wird von meinem Leibwächter bewacht.«
»Sie haben was? Mit einem Leibwächter haben Sie ihn zurückgelassen? Einen Amerikaner? Sind Sie wahnsinnig? Das ist unmöglich. Er ist kein Amerikaner!«
»Er ist Amerikaner, natürlich ist er das! Er spricht Englisch mit amerikanischem Akzent – völlig amerikanisch. Er benutzt den Namen Pastor, das sagte ich doch!«
Wieder herrschte Stille. Diesmal war es eine lastende Stille; die Spannung war beinahe unerträglich. »Sie waren immer das schwächste Glied, Guillamo; das wissen wir. Aber jetzt sind Sie zu weit gegangen. Sie haben eine Frage offengelassen, wo keine sein kann! Dieser Mann ist Wassili Taleniekov! Er wechselt die Sprachen, so wie ein Chamäleon seine Farben wechselt. Er wird den
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