Der Matarese-Bund
Person, daß Scofield verschont wurde, dem Zugriff der Meuchelmörder der Matarese entzogen. Aber warum?
Sie sprechen von dem Hirten. Er weiß es! Können Sie daran zweifeln?
Der Hirte. Ein Hirtenjunge. Rätsel.
Taleniekov stellte den Tee auf das Tablett vor sich. Der Mann neben ihm stieß ihn mit dem Ellbogen an. Der Geschäftsmann aus Essen war eingeschlafen, sein Arm zur Seite gerutscht. Wassili konnte ihn wegschieben. Dabei fiel sein Blick auf die Zeitung, die auf dem Schoß des Deutschen lag.
Das Foto starrte ihn an, der Atem stockte ihm. Schmerz schoß durch eine Brust.
Das lächelnde, freundliche Gesicht gehörte Heinrich Kassel. Dicke Lettern über dem Foto schrien es hinaus.
Rechtsanwalt ermordet
Heinrich Kassel, einer der prominentesten Anwälte Essens, ist vergangene Nacht vor seinem Haus in seinem Wagen ermordet aufgefunden worden. Der Mord wird von den Behörden als bizarr und brutal dargestellt. Kassel ist erwürgt worden, Gesicht und Körper zeigen zahlreiche Verletzungen. Einer der eigenartigsten Aspekte der Tat ist, daß man die Oberkleidung des Opfers aufgerissen und die Brust freigelegt hatte, auf der man einen dunkelblauen Kreis gefunden hat. Als die Leiche kurz nach Mitternacht aufgefunden wurde, war die Farbe noch feucht.
Per nostro circolo.
Wassili schloß die Augen. Mit dem Namen Voroschin hatte er das Todesurteil über Kassel gesprochen. Es war vollstreckt worden.
TEIL III
28
»Scofield?« Man sah dem graugesichtigen Mann sein Erstaunen an; er stieß den Namen erschreckt hervor.
Bray drängte sich durch die Menschenmenge in der Untergrundstation von London und rannte auf den Charing-Cross-Ausgang zu. Jetzt war es passiert; es hatte über kurz oder lang so kommen müssen. Eine Hutkrempe konnte ein Gesicht nicht verbergen, wenn ein geschultes Auge es sah. Auch noch so ungewöhnliche Kleidung konnte einen Profi nicht mehr von einem ablenken, sobald er das Gesicht einmal registriert hatte.
Und sein Gesicht war soeben registriert worden. Der Mann, der ihn identifiziert hatte – und jetzt ohne Zweifel zum nächsten Telefon rannte –, war ein in vielen Jahren erfahrener Agent der Central Intelligence Agency, der in der amerikanischen Botschaft am Grosvenor Square stationiert war. Scofield kannte ihn flüchtig; ein oder zwei Mittagessen im The Guinea; zwei oder drei Konferenzen, wie sie unweigerlich stattfanden, ehe Consular Operations in Gebiete eindrang, die die Firma sozusagen als ihr Privateigentum betrachtete. Es war keine nähere Bekanntschaft, nur eine sehr kühle Beziehung. Der Mann kämpfte für die Vorrechte des CIA, und Beowulf Agate hatte zu oft seine Befugnisse überschritten.
Verdammt! Binnen weniger Minuten würde die ganze US-Organisation in London alarmiert sein. Binnen Stunden würde jeder Mann, jede Frau und jeder bezahlte Informant in der Stadt ausschwärmen und nach ihm Ausschau halten. Es war durchaus möglich, daß man sogar die Briten um Unterstützung bat, aber das war unwahrscheinlich. Die Stellen in Washington, die Brandon Alan Scofields Tod wünschten, wollten nicht, daß man ihn verhörte; das war nicht englischer Stil. Nein, man würde auf die Briten verzichten.
Darauf stützte sich Brays Hoffnung. Es gab da einen Mann, dem er vor einigen Jahren einmal behilflich gewesen war in einer Situation, die wenig mit ihren Berufen zu tun hatte. Brays Hilfe war es zuzuschreiben gewesen, daß der Engländer seine Position in der britischen Abwehr hatte behalten können. Er war sogar zu einer Position von beträchtlicher Bedeutung aufgestiegen.
Roger Symonds hatte $ 2000 aus den Beständen von MI-6 an den Spieltischen von Les Ambassadeurs verspielt. Bray hatte die Summe aus einem seiner Konten ersetzt. Der Betrag war nie zurückgezahlt worden. Nicht aus Unehrlichkeit, sondern nur, weil die Wege Scofields sich nicht mehr mit denen von Symonds gekreuzt hatten. In ihrem Beruf hinterließ man keine Nachsendeadressen.
Jetzt würde er eine Art von Rückzahlung erbitten. Daß man sie anbieten würde, bezweifelte Scofield nicht. Ob es aber wirklich zum Ausgleich der Schuld kommen würde, war eine andere Frage. Wenn Roger Symonds erfuhr, daß er auf Washingtons Abschußliste stand, würde sich diese Frage gar nicht stellen. Abgesehen von seinen Schulden nahm der Engländer seine Arbeit ernst; sein Gewissen würde nicht von einem Fuchs oder Philby belastet werden. Ganz zu schweigen von einem ehemaligen Killer der Consular Operations, der möglicherweise inzwischen zum
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