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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Galeassen, die wie auf dem Rücken liegende Käfer vergeblich mit ihren Riemenbeinen zappeln, ihre Breitseiten zu und beginnen sie mit langsamem, aber wohlgezieltem Feuer einzudecken. Auch die Galeassen und die Galeonen und Karacken hinter ihnen, die zu ihrer Unterstützung zurückgeblieben sind, feuern jetzt aus allen Rohren, jagen oft nur wenige Dutzend Yard vor unseren Schiffen ganze Wände aus Wasser, Gischt und Schaum in die Luft.
    Lord Charles Howard trommelt mit den Fäusten auf die Reling vor Vergnügen. Das Gefecht entwickelt sich haargenau so, wie er es geplant und mit Martin Frobisher abgesprochen hatte. Die Chance der Luvstellung mußte Medina Sidonia ganz einfach zum Angriff ausnützen und ihn aus seiner starren, unangreifbaren Formation locken. Frobisher mit seinen Schiffen, die im stillen Wasser hinter dem Bill scheinbar abgeschnitten dahindümpeln, gaben den Köder ab, vorausgesetzt man weiß nicht – und woher sollte der spanische Herzog das wissen -, daß die nach Westen ablaufende Gezeitenströmung zwischen den Shambles Rocks und dem Bill, eine Geschwindigkeit von mehr als fünf Knoten entwickelt, gegen die nun seine prächtig schwerfälligen Galeassen vergeblich anrudern. Die S AN M ARTÍN käme wohl nur mit einem Sturm im Rücken über den Gezeitenstrom. Da er zusätzliche Schiffe an den Bill befohlen hat, bindet er einen gewichtigen Teil seiner Kriegsschiffe auf dem Platz.
    Ein strenger Blick des Lordadmirals treibt mich endgültig in die Kajüte. Auf dem großen Kartentisch breite ich meine Notizen aus, rücke Papier, Feder, Tintenglas und Streusandbüchse zu mir heran. So recht bei der Sache bin ich freilich nicht: Wenn Frobisher jetzt 15 oder 20 Breitseiten nacheinander abfeuern könnte! Zwei, drei Treffer zwischen die Leib an Leib schuftenden Rudersklaven auf den Galeassen würde ein verheerendes Blutbad anrichten, würde Medina Sidonia mit einem Schlag seiner kampfstärksten Schiffe berauben. Wenn, ja wenn …
    Entschlossen greife ich nach Papier und Feder.

    Thomas Vavasour hat sich selbst zu meinem privaten Meldegänger ernannt. Die Hilfsbereitschaft des jungen Freiwilligen, Sproß einer Normannenfamilie, die einst mit Wilhelm dem Eroberer nach England gekommen war, ist nicht ganz uneigennützig. Wenn er sich schon auf Walsinghams Befehl gründlichst mit den Schiffen und Verbänden der Spanier befaßt hatte, so interessieren ihn jetzt natürlich auch die Details, die er während seiner Meldungen und Berichte mit schnellem Blick auf meine ausgebreiteten Papiere zu erhaschen sucht.
    Zu seinem Leidwesen hatte Vavasour in den letzten vier Stunden nicht allzu viel Neues zu berichten und damit wenig Gelegenheit, die Admiralskajüte aufzusuchen. Im Laufe des Vormittags hatte, wie Hawkins voraussagte, der Wind über Süd nach Südwest zurückgedreht und die Spanier um ihre Luvposition gebracht. Gegen halb zwölf Uhr hatten die Galeassen ihren Angriffsversuch gegen Frobisher aufgegeben, ihre Ruderer waren zweifellos total erschöpft über den Riemenholmen zusammengebrochen.
    »Hätten sie noch eine halbe Stunde weiter durchgehalten«, bemerkte Vavasour, »dann wäre der Ebbstrom am Bill so schwach geworden, daß sie mühelos zu Frobisher hätten vorstoßen können, und nicht nur sie, sondern auch die Segelschiffe!«
    Endlich, es geht gegen ein Uhr, kann Thomas Vavasour mit einer Neuigkeit aufwarten:
    »Das Biscaya-Geschwader greift im Süden an!« meldet er mir voll Eifer.
    Da mir die Zahlenkolonnen mit Pulverpfunden und Kugelgrößen bereits vor den Augen zu tanzen beginnen, beschließe ich einen Blick nach draußen zu werfen. Als ich die Türe öffne, trifft mich voll das Krachen und Donnern der spanischen Geschütze – unter Deck hatte es mehr wie das pausenlose Grollen eines schweren, jedoch einige Meilen entfernten Gewitters geklungen.
    Mein erster Blick geht nach Norden zum Bill, doch dort ist durch die dicken Pulverqualmwolken kaum etwas zu erkennen.
    »Da drüben liegt die S AN M ARTÍN «, zeigt mir Vavasour. »Sie signalisiert schon seit einiger Zeit den im Süden stehenden spanischen Geschwadern, uns von dort zu umfassen und anzugreifen. Der Herzog befürchtet offensichtlich, wir könnten dort durchbrechen oder ihn umgehen, um die westlich seiner Schlachtformation dahindriftenden Urcas und Zabras des Versorgungsgeschwaders anzugreifen.«
    Allen voran können wir die S AN J UAN DE P ORTUGAL des tapferen Don Juan Martínez de Recalde ausmachen, dahinter die Schiffe seines Geschwaders.

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