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Der Meisterdieb und seine Feinde

Der Meisterdieb und seine Feinde

Titel: Der Meisterdieb und seine Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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die
Scheinwerfer anmachen — sonst klebt er am nächsten Baum.
    Der Boden war weich. Klößchen
sank ein. Als er meinte, die befohlene Entfernung erreicht zu haben, blieb er
stehen.
    „Ich bin jetzt hier“, rief er.
„Auf dem Acker.“
    Kalter Wind peitschte den Regen
und verwehte die Worte. Aber der Gangster hatte Klößchen gehört. Der Wagen
wurde gestartet, ein leiser Motor. Scheinwerferstrahlen stachen durch die
Dunkelheit, waren erst aufs Feld gerichtet — denn der Wagen stand quer zur
Fahrtrichtung — beschrieben dann einen Viertelkreis und wiesen stadteinwärts.
Der Wagen fuhr ab.
    Klößchen kniete bereits und
hielt sein Nachtfernglas vor die Augen. Auf doppelte Armlänge rückte das
Fahrzeug heran. Schien ein Audi zu sein. Nur ein Insasse. Von dem war nichts zu
erkennen. Jetzt kam das Nummernschild ins Bild.
    Trotz flimmernden Regens konnte
Klößchen ausmachen, dass der Wagen hier — in der Millionenstadt — zugelassen
war. Die nächsten Buchstaben... Verdammt! Jetzt war er hinter einem Baum. Dann
las Klößchen:... CB 333
    Na also!, dachte er. Du Schweinehund
benutzt deinen Privatwagen, wie Tim schon vermutet hat. Bist vorhin bei dem
Anschlag ein Stück im Dunkeln gefahren — und das war sicherlich übel. Wohl ‘ne
Beule gemacht, Mistkerl? Oder ‘nen Beinahe-Crash mit einem Begrenzungsstein.
Also nicht nochmal. Deshalb musste ich jetzt rennen. Um nichts zu erkennen.
Irrtum! Nun bist du geliefert.
    Klößchen schlurfte zurück. Von
dem Wagen war fast nichts mehr zu sehen. Nur die roten Rücklichter leuchteten
ein letztes Mal auf, als der Audi über den Kamm eines Hügels fuhr — und dann in
der Senke verschwand.

16. Kopfgeld: 250 000 Euro
     
    Kommissar Bauer-Rottleben,
genannt Schrottleben, nahm im Schlafzimmer seiner weitläufigen Wohnung ein Bild
von der Wand. Es zeigte eine Winterlandschaft mit Bergen und sinkender Sonne.
Aber das war unwichtig. Schrottleben öffnete den kleinen Wandsafe, der sich
hinter dem Gemälde verbarg, und legte seine Dienstpistole hinein. Stattdessen
nahm er eine andere Waffe heraus — eine italienische Beretta. Vor Jahren hatte
er die Pistole einem Toten abgenommen, heimlich, und behalten. Der Tote war
Einbrecher gewesen und bei nächtlicher Flucht vom Dach gestürzt. Genickbruch.
Schrottleben — als Erster bei der Leiche — hatte außerdem ein Bündel Geld
eingesteckt: 20 000 DM, die sonderbarerweise von niemandem vermisst wurden.
    Falls ich heute Abend schießen
muss, dachte er jetzt, ist das die richtige Kanone. Sie hat keine Geschichte.
Ich könnte sie hinterher wegwerfen. Niemand käme auf den Täter.
    In seinem dicklichen Gesicht
stand ein gemeiner Ausdruck. Wut! Und Empörung! Ein bisschen auch Angst. Ja, es
ging um seinen Kopf. Wie das auch passieren konnte! Der so genannte Meisterdieb
hatte also eine Mittäterin. Und die hatte alles belauscht — gestern bei Kulse.
Jetzt gab es nur eins: Die beiden mussten beseitigt werden. Das Maß war
endgültig voll.
    Schrottleben schloss den Safe,
hängte das Bild auf und wollte nochmal kurz zur Toilette — als an der Tür
geläutet wurde.
    Er äugte durch den Spion.
Draußen stand Arthur Breschke. Der war immerhin eine große Nummer im
Gittl-Konzern und mit Schrottleben seit Jahren befreundet. Der Kommissar hatte
ihm bei krummen Geschäften geholfen. Denn Breschke erwarb häufig wertvolle
Münzen, die aus Raub und Einbrüchen stammten — also heiße Ware darstellten.
Schrottleben kannte Täter und Hehler und vermittelte das Geschäft, bei dem er
dann seine Prozente einstrich.
    Er ließ Breschke ein. Dessen
Gesicht war wie eine eisige Maske mit blutleeren Lippen vom harten
Aufeinanderpressen.
    „Hallo, Arthur! Was verschafft
mir die Ehre?“
    „Weißt du, wer mich vorhin
erpresst hat?“ Breschke ersparte sich Gruß und Einleitung.
    Dich auch?, dachte
Schrottleben. Das greift ja um sich wie Grippe.
    „Dich und erpressen?“, grinste
er. „Wie soll denn das gehen? Arthur Breschke vom Gittl-Konzern könnte Parteivorsitzender
werden oder wenigstens Bischof. Als Bulle stelle ich dir das beste polizeiliche
Führungszeugnis aus und dein Leumund strahlt wie der Weihnachtsstern.“
    „Hör auf mit den Albernheiten,
Wilhelm. Der so genannte Meisterdieb hält mir eine scharfe Klinge an die
Kehle.“
    „Wie bitte? Meisterdieb?“
    „Es ist ungeheuerlich.“
Breschke begann zu erzählen.
    Mittlerweile waren sie in den
Wohnraum gegangen, der mit enormem Luxus eingerichtet war, allerdings mit
begrenztem Geschmack.

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