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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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und Potter fuhren nach Concarneau; Mrs.   Otter und ihre Mutter wählten mit ihrem Instinkt für das Naheliegende Pont-Avon. Philip und Lawson beschlossen, in den Wald von Fontainebleau zu gehen, und Miss Chalice kannte ein sehr gutes Hotel in Moret, wo es eine Menge zu malen gab; es war nicht weit von Paris, und weder Philip noch Lawson konnten sich einen hohen Fahrpreis leisten. Ruth Chalice wollte mitkommen, und Lawson hatte den Plan, sie im Freien zu porträtieren. Zu jener Zeit war der Salon voller Porträts von Menschen in Gärten, im Sonnenlicht, mit blitzenden Augen und dem grünlichen Widerschein der sonnenbeschienenen Blätter auf ihren Gesichtern. Auch Clutton wurde aufgefordert, sich ihnen anzuschließen, aber er zog es vor, den Sommer allein zu verbringen. Er hatte eben Cézanne entdeckt und brannte darauf, in die Provence zu gehen; er wünschte sich einen schweren Himmel, von dem das heiße Blau wie Schweiß heruntertroff, und breite, weiße, staubige Straßen, blasse Dächer, aus denen die Sonne alle Farben herausgezogen hatte, und Olivenbäume, grau vor Hitze.
    Am Tag vor der Abreise, nach dem Vormittagsunterricht, sprach Philip, während er seine Sachen zusammenpackte, mit Fanny Price.
    »Morgen fahre ich fort«, sagte er höflich.
    »Fort? Wohin?«, fragte sie schnell. »Sie wollen doch nicht weggehen?« Ihr Gesicht zeigte einen bestürzten Ausdruck.
    »Nur über den Sommer. Verreisen Sie nicht auch?«
    »Nein, ich bleibe in Paris. Ich dachte, Sie würden ebenfalls hierbleiben. Ich hatte mich gefreut…«
    Sie hielt inne und zuckte die Achseln.
    »Aber wird es nicht furchtbar heiß werden hier? Ist das nicht ungesund für Sie?«
    »Das dürfte Ihre geringste Sorge sein, nehme ich an. Wo wollen Sie hin?«
    »Nach Moret.«
    »Doch nicht am Ende mit der Chalice?«
    »Lawson und ich gehen miteinander, und sie wird auch dort sein. Aber man kann nicht sagen, dass sie mit uns geht.«
    Fanny Price machte ein ersticktes Geräusch, und ihr breites Gesicht wurde dunkelrot.
    »Wie eklig! Ich hatte gedacht, dass Sie ein anständiger Mensch sind. Sie sind ungefähr der Einzige hier, der noch übrig ist. Mit Clutton, mit Potter, mit Flanagan war sie zusammen, ja selbst mit dem alten Foinet – deshalb kümmert er sich auch so viel um sie –, und jetzt auch noch Sie beide – Sie und Lawson. Es macht mich krank.«
    »Ach, Unsinn! Sie ist eine nette Person. Man kann mit ihr umgehen wie mit einem Mann.«
    »Ach, hören Sie auf. Hören Sie auf.«
    »Ich verstehe Sie nicht«, sagte Philip. »Was geht es Sie an, wo und mit wem ich meinen Sommer verbringe?«
    »Ich habe mich so sehr darauf gefreut«, stieß sie hervor, aber es klang, als spräche sie zu sich selbst. »Ich wusste nicht, dass Sie das Geld haben, um wegzugehen. Es wäre sonst niemand hier gewesen, und wir hätten miteinander gearbeitet und uns Museen und Ausstellungen angesehen.« Dann erinnerte sie sich wieder an Ruth Chalice. »Das dreckige Biest«, schrie sie. »Sie ist es nicht wert, dass man mit ihr spricht.«
    Philip blickte sie bestürzt an. Er gehörte nicht zu den Männern, die sich einbildeten, dass jedes Mädchen in sie verliebt ist; er war sich seines Gebrechens zu sehr bewusst und fühlte sich unbeholfen und plump in der Gegenwart von Frauen, aber wie sonst sollte er sich diesen Ausbruch erklären? Fanny Price in ihrem schmutzigen braunen Kleid, mit ihren Haaren im Gesicht, zerzaust und unordentlich, stand vor ihm, und große Tränen rollten ihr über die Wangen. Sie sah abstoßend aus. Philip schielte nach der Tür, in der instinktiven Hoffnung, dass jemand hereinkommen und der peinlichen Szene ein Ende bereiten möge.
    »Es tut mir furchtbar leid«, stammelte er.
    »Sie sind genau so wie alle andern. Sie nehmen, was Sie kriegen können, und sagen nicht einmal danke dafür. Alles, was Sie können, haben Sie von mir gelernt. Niemand sonst hat sich um Sie gekümmert. Oder doch? Foinet etwa? Aber das eine kann ich Ihnen sagen: Sie werden nie etwas erreichen, und wenn Sie tausend Jahre hier arbeiten. Sie haben kein Talent. Sie haben keine Originalität. Und das ist nicht nur meine Meinung – alle sagen es. Aus Ihnen wird nie im Leben ein Maler.«
    »Auch das geht Sie nichts an«, sagte Philip errötend.
    »Sie glauben, ich rede im Zorn. Aber fragen Sie Clutton, fragen Sie Lawson, fragen Sie Ruth Chalice. Nie, nie, nie. Sie haben nicht das Zeug dazu.«
    Philip zuckte die Achseln und ging. Sie schrie ihm nach:
    »Nie, nie, nie!«
    Moret war in

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