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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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eigentlich?«
    »Er war Arzt.«
    »Ach, man sieht doch sofort, ob jemand den gebildeten Ständen angehört.«
    Sie verließen miteinander den Bahnhof.
    »Ich wollte Sie fragen, ob Sie wieder einmal mit mir ins Theater kommen wollen«, sagte er.
    »Ich habe nichts dagegen«, war die Antwort.
    »Könnten Sie nicht einmal sagen, dass es Ihnen Freude macht?«
    »Warum?«
    »Einfach so! Lassen Sie uns einen Tag bestimmen. Passt es Ihnen Samstagabend?«
    »Ja, ganz gut.«
    Sie besprachen alles Nähere und standen mit einem Male an der Ecke der Straße, in der sie wohnte. Sie reichte ihm die Hand, und er hielt sie fest.
    »Ich möchte Sie so furchtbar gern Mildred nennen.«
    »Bitte, wenn es Ihnen Spaß macht. Ich habe nichts dagegen.«
    »Und Sie nennen mich Philip, ja?«
    »Gerne, wenn ich mich dazu bringen kann. Es kommt mir natürlicher vor, Mr.   Carey zu sagen.«
    Er zog sie leicht an sich, aber sie lehnte sich zurück.
    »Was machen Sie?«
    »Wollen Sie mir keinen Gutenachtkuss geben?«, flüsterte er.
    »Frechheit!«, rief sie.
    Sie entriss ihm ihre Hand und eilte davon.
    Philip kaufte Karten für Samstagabend. Es war einer der Tage, an denen sie nicht früher weggehen konnte, also würde sie keine Zeit haben, nach Hause zu fahren, um sich umzuziehen. Aber sie wollte sich am Morgen ein Kleid mit ins Geschäft bringen und vor dem Weggehen schnell hineinschlüpfen. Wenn die Chefin guter Laune war, würde sie sie um sieben Uhr gehen lassen. Philip hatte sich bereit erklärt, von Viertel nach sieben an draußen zu warten. Er sehnte den Abend mit Ungeduld herbei. Vielleicht würde sie sich im Wagen, auf dem Wege vom Theater zum Bahnhof, von ihm küssen lassen. Das Fahrzeug gab einem Mann einige gute Gelegenheiten, seinen Arm um die Taille eines Mädchens zu legen (ein Vorteil, den die altmodische Droschke gegenüber dem heutigen Taxi hatte), und das Vergnügen daran wog die Kosten des Abends auf.
    Aber am Samstagnachmittag, als er kam, um seinen Tee zu trinken und das Verabredete noch einmal durchzusprechen, begegnete er dem Mann mit dem blonden Schnurrbart, der eben die Teestube verließ. Er war ein eingebürgerter Deutscher, der seinen Namen anglisiert hatte und seit vielen Jahren in England lebte. Philip hatte ihn sprechen gehört und fand, dass sein Englisch fließend und natürlich war, aber nicht ganz den Tonfall des Einheimischen hatte. Philip wusste, dass er sich für Mildred interessierte, und war schrecklich eifersüchtig auf ihn. Er tröstete sich bloß mit der Kühle ihres Temperaments, das ihm sonst so viel Kummer bereitete. Einer wirklichen Leidenschaft war sie, wie er meinte, nicht fähig, und sein Rivale war sicherlich nicht viel besser dran als er selbst. Dennoch sank sein Herz, als er ihn so unvermutet erblickte, denn sein erster Gedanke war, dass seine Anwesenheit den Abend vereiteln könnte, auf den er sich so sehr gefreut hatte. Krank vor Besorgnis trat er ein. Die Kellnerin kam an seinen Tisch, nahm seine Bestellung entgegen und brachte ihm den Tee.
    »Es tut mir furchtbar leid«, sagte sie mit einem Ausdruck ehrlicher Bestürzung auf dem Gesicht, »aber ich kann heute Abend doch nicht kommen.«
    »Warum nicht?«, fragte Philip.
    »Machen Sie kein so böses Gesicht«, sagte sie lachend. »Es ist nicht meine Schuld. Meine Tante ist gestern erkrankt, und das Mädchen hat ihren freien Abend, so dass ich bei ihr bleiben muss. Man kann sie doch nicht allein lassen.«
    »Nun ja, es macht nichts. Ich werde Sie dafür nach Hause begleiten.«
    »Aber Sie haben doch die Theaterkarten. Wollen Sie die verfallen lassen?«
    Er nahm sie aus der Tasche und riss sie in Stücke.
    »Warum tun Sie das?«
    »Sie glauben doch nicht, dass ich mir diese alberne Operette allein ansehen werde? Ich habe die Karten nur Ihnen zuliebe genommen.«
    »Es geht aber nicht, dass Sie mich nach Hause begleiten.«
    »Weil Sie eine andere Verabredung haben, wie?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Sie sind genauso egoistisch wie alle Männer. Sie denken nur an sich. Kann ich etwas dafür, dass es meiner Tante nicht gutgeht?«
    Sie schrieb schnell seine Rechnung und verließ ihn. Philip wusste sehr wenig von Frauen, sonst wäre ihm klar gewesen, dass man ihre durchsichtigen Lügen hinnehmen musste. Er beschloss, die Teestube im Auge zu behalten, um sich zu vergewissern, ob Mildred mit dem Deutschen ausging. Er hatte eine unselige Leidenschaft für Gewissheit. Um sieben Uhr stellte er sich auf dem gegenüberliegenden Trottoir auf. Er

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