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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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könnte es noch ertragen, wenn es Wapping oder Shoreditch wäre, aber ausgerechnet dieses respektierliche Kennington! Was für ein Sterbeort für einen Dichter!«
    Cronshaw war oft so übellaunig, dass Philip nur mit Mühe seine Ruhe bewahren konnte. Er musste sich immer wieder sagen, dass Cronshaws Reizbarkeit ein Symptom seiner Krankheit war. Manchmal kam Upjohn, ehe Philip zu Hause war, und dann beklagte sich Cronshaw bitter über ihn. Upjohn hörte selbstzufrieden zu.
    »Carey hat eben kein Gefühl für Schönheit«, sagte er lächelnd; »er hat einen kleinbürgerlichen Geist.«
    Upjohn war Philip gegenüber sehr sarkastisch, und Philip brauchte im Umgang mit ihm seine ganze Selbstbeherrschung. Eines Abends aber konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Er hatte einen schweren Tag im Hospital hinter sich und war todmüde. Leonard Upjohn kam zu ihm in die Küche, als er dort eine Tasse Tee kochte, und sagte ihm, dass Cronshaw sich beschwert hätte, weil Philip drängte, er solle einen Arzt kommen lassen.
    »Ist Ihnen denn nicht klar, dass Sie ein sehr seltenes und kostbares Privileg genießen? Sie sollten alles tun, was in Ihrer Macht liegt, um das große Vertrauen, das in Sie gesetzt ist, zu rechtfertigen.«
    »Es ist ein seltenes und kostbares Privileg, das ich mir kaum leisten kann«, sagte Philip.
    Jedes Mal, wenn die Rede auf Geld kam, nahm Leonard Upjohn eine leicht verächtliche Haltung an. Sein empfindliches Gemüt wurde durch solche Andeutungen beleidigt.
    »Es ist etwas Feines in Cronshaws Haltung, und Sie stören es durch Ihre Aufdringlichkeit. Sie sollten auf die zarten Phantasiegebilde, die Sie nicht nachempfinden können, wenigstens Rücksicht nehmen.«
    Philips Gesicht verfinsterte sich. »Wir gehen wohl am besten zu Cronshaw hinein«, sagte er eisig.
    Der Dichter lag auf dem Rücken, las in einem Buch und hielt die Pfeife im Mund. Die Luft war muffig, und das Zimmer machte, trotz Philips Bemühen, es sauber zu halten, den schmierigen Eindruck, der Cronshaw überallhin begleitete. Er nahm die Brille ab, als sie eintraten. Philip war voller Wut.
    »Upjohn sagt mir eben, dass Sie sich beklagt haben, weil ich einen Arzt kommen lassen will«, sagte er. »Ich möchte, dass ein Doktor kommt, weil Sie jederzeit sterben können; hat Sie vorher niemand gesehen, dann kriege ich keinen Totenschein. Es würde Nachforschungen geben, und ich würde verantwortlich dafür gemacht werden, dass ich keinen Arzt hinzugezogen habe.«
    »Daran hatte ich nicht gedacht. Ich dachte, Sie wollten den Arzt für mich, nicht um Ihretwillen. Der Arzt soll kommen, wann es Ihnen passt.«
    Philip antwortete nicht, zuckte jedoch kaum merklich mit den Achseln. Cronshaw, der ihn beobachtete, kicherte leise.
    »Schauen Sie nicht so böse, mein Lieber. Ich weiß wohl, dass Sie den besten Willen haben, mir zu helfen. Also her mit dem Arzt; vielleicht kann er etwas für mich tun, und Sie wird es auf alle Fälle beruhigen.« Er wandte seine Augen Upjohn zu. »Du bist ein verdammter Narr, Leonard. Warum willst du den Jungen ärgern? Er hat mit mir alle Hände voll zu tun. Du wirst doch nichts weiter für mich tun, als nach meinem Tod einen netten Artikel schreiben. Ich kenne dich.«
    Am nächsten Tag ging Philip zu Dr.   Tyrell. Er fühlte, dass er der richtige Mann war, um sich für einen solchen Fall zu interessieren. Sobald Tyrell mit seiner täglichen Arbeit fertig war, begleitete er Philip nach Kennington. Er konnte dem, was Philip ihm gesagt hatte, nur zustimmen. Der Fall war hoffnungslos.
    »Ich nehme ihn im Krankenhaus auf, wenn Sie das wollen«, sagte er. »Er kann in einen kleinen Saal gelegt werden.«
    »Da bringt ihn nichts hin.«
    »Er kann aber jede Minute sterben oder aber einen neuen Anfall von Lungenentzündung bekommen.«
    Philip nickte. Dr.   Tyrell gab ein oder zwei Ratschläge und versprach wiederzukommen, wann immer Philip es für wünschenswert hielte. Er hinterließ seine Adresse. Als Philip zu Cronshaw zurückkam, fand er ihn ruhig beim Lesen. Er fragte erst gar nicht, was der Arzt gesagt hatte.
    »Sind Sie nun zufrieden, mein lieber Junge?«, fragte er.
    »Ich darf wohl annehmen, dass nichts Sie dazu bewegen könnte, das zu tun, was Tyrell rät?«
    »Nichts«, antwortete Cronshaw mit einem Lächeln.
    85
     
    Etwa vierzehn Tage später klopfte Philip, als er abends von der Arbeit im Hospital zurückkam, bei Cronshaw an. Er erhielt keine Antwort und trat ein. Cronshaw lag zusammengerollt auf der Seite, und Philip

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