Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
Vom Netzwerk:
ein.
    »Es hat keinen Zweck, dass man sich alles gefallen lässt«, bemerkte sie. »Man hat keinen Respekt vor jemandem, der sich zu billig hergibt.«
    »Ich finde nicht, dass vierzehn Shilling so schlecht sind«, antwortete Philip trocken.
    Er konnte sich nicht helfen, sondern musste daran denken, wie gelegen sie kommen würden, um die Ausgaben etwas zu senken; und Mildred deutete bereits an, dass sie nur deshalb keine Stellung finden konnte, weil sie kein anständiges Kleid besaß, in dem sie sich vorstellen konnte. Er kaufte ihr das Kleid, und sie machte noch ein paar Versuche; Philip merkte jedoch, dass kein rechter Ernst dahintersteckte. Sie hatte keine Lust zu arbeiten. Die einzige Art, zu Geld zu kommen, die er kannte, war, an der Börse zu spekulieren, und er war sehr eifrig darauf aus, das glückliche Experiment vom Sommer zu wiederholen. Inzwischen war jedoch in der Provinz Transvaal Krieg ausgebrochen, und so klappte es nicht mit Südafrika. Macalister sagte ihm, dass Redvers Buller in einem Monat in Pretoria einmarschieren würde, und dann würde der Aufschwung kommen. Es blieb nichts, als sich in Geduld zu üben. Sie warteten auf einen britischen Rückstoß, um die Sache niederzuschlagen, und dann würde es sich lohnen zu kaufen. Philip begann emsig den Handelsteil seiner Lieblingszeitung zu lesen. Er war unruhig und reizbar. Ein paarmal fuhr er Mildred scharf an, und da sie weder geduldig noch taktvoll war, antwortete sie heftig, und sie stritten. Philip drückte dann stets sein Bedauern aus über das, was er gesagt hatte; aber Mildred vergab nicht leicht und war ein paar Tage lang mürrisch. Sie ging ihm aus allen möglichen Gründen auf die Nerven: Durch die Art, wie sie aß, außerdem war sie nachlässig und ließ ihre Kleider in seinem Wohnzimmer herumliegen. Philip war ganz aufgeregt über den Krieg und verschlang morgens und abends die Zeitung; sie aber interessierte sich für nichts, was geschah. Sie hatte mit zwei oder drei Leuten in ihrer Straße Bekanntschaft geschlossen, und eine dieser Bekanntschaften hatte sie gefragt, ob ein Besuch des Geistlichen erwünscht wäre. Sie trug einen Ehering und nannte sich Mrs.   Carey. An Philips Wänden hingen zwei oder drei Zeichnungen, die er in Paris gemacht hatte: zwei Frauenakte und eine von Miguel Ajuria, der mit festen Füßen und geballten Fäusten dastand. Philip hatte sie behalten, weil sie das Beste waren, was er je zustande gebracht hatte, und weil sie ihn außerdem an glückliche Zeiten erinnerten. Mildred hatte sie schon lange mit scheelen Blicken betrachtet.
    »Wenn du doch diese Zeichnungen abnehmen würdest, Philip«, sagte sie schließlich. »Mrs.   Foreman, von Nummer dreizehn, war gestern Nachmittag hier, und ich wusste überhaupt nicht, wo ich hinschauen sollte. Ich habe gesehen, wie sie sie angestarrt hat.«
    »Was ist denn los mit ihnen?«
    »Sie sind unanständig. Ich finde es widerlich, Bilder von nackten Leuten herumhängen zu haben. Und es ist auch für das Kind nicht sehr gut. Sie ist schon so weit, dass sie etwas zu merken beginnt.«
    »Wie kannst du nur so vulgär sein!«
    »Vulgär? Ich nenne das sittsam. Ich hätte nie davon gesprochen, aber glaubst du, ich habe es gern, den ganzen Tag lang auf diese nackten Leute zu schauen?«
    »Hast du überhaupt keinen Sinn für Humor, Mildred?«, fragte er eisig.
    »Ich weiß nicht, was das mit Humor zu tun haben könnte. Ich beabsichtige wirklich, sie selbst herunterzunehmen. Ich halte sie für widerlich.«
    »Ich will gar nicht wissen, was du über sie denkst, und ich verbiete dir, sie anzurühren.«
    Wenn Mildred böse auf ihn war, so strafte sie ihn durch die Kleine. Das kleine Mädchen hatte Philip so lieb wie er sie, und es war ihre große Freude, des Morgens zu ihm ins Zimmer zu krabbeln (sie wurde nun bald zwei Jahre alt und konnte recht gut laufen) und sich von ihm ins Bett nehmen zu lassen. Wenn Mildred das nicht zuließ, weinte das arme Kind bitterlich. Machte Philip Mildred dann Vorwürfe, so sagte sie nur:
    »Sie soll keine schlechten Gewohnheiten annehmen.«
    Und wenn er dann darauf noch etwas sagte, so sagte sie:
    »Es geht dich nichts an, was ich mit meinem Kind mache. Wenn man dich so reden hört, möchte man meinen, du wärst der Vater. Ich bin die Mutter und werde wohl wissen, was gut für sie ist, nicht wahr?«
    Mildreds Dummheit brachte Philip auf die Palme, aber er stand ihr jetzt so gleichgültig gegenüber, dass er nur noch gelegentlich böse und ärgerlich auf

Weitere Kostenlose Bücher