Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman
Asphalt in die Nase.
Als er in seinem Büro angekommen war, fand er dort die Benachrichtigung, dass ein Jeppe Ødum angerufen hatte. Der Name sagte ihm irgendwas, aber er konnte ihn nicht zuordnen. Er nahm sich die Mortensen-Akte und blätterte sie auf der Suche nach diesem Namen durch. Erst als er die Protokolle der Befragungen bei der Hammershøj Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durchsah, fand er ihn. Jeppe Ødum war einer von Mettes Kollegen gewesen, der wie alle anderen nichts über sie hatte hinzufügen können, was sie nicht bereits wussten.
Wagner seufzte und ließ sich gegen die Rückenlehne sinken. Hatte Mette Mortensen begonnen, von der anderen Seite des Lebens mit ihm zu sprechen?
Er wählte Jeppe Ødums Nummer, erreichte aber niemanden, auch keinen Anrufbeantworter.
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Kapitel 34
Die Nacht wurde um Punkt vier Uhr von der Morgendämmerung vertrieben, als die Vögel vor dem Kippfenster ein Konzert mit Chor und Orchester einleiteten.
»Hört auf mit dem Lärm!«, brummte Bo im Schlaf. »Ich bring euch um, ihr Schreihälse!«
»Schh.«
Sie streichelte ihm über die Brust, bis sich seine Atemzüge wieder beruhigt hatten und sie sein vertrautes Schnaufen hörte. Er lag nackt auf der Decke. Den einen Arm hatte er sich über |228| die Augen gelegt als Schutz vor den frühen Sonnenstrahlen, der andere lag auf ihrem Kissen. Sie genoss den Anblick seines Körpers, der lang und sehnig war, als wäre er früher Marathonläufer gewesen. Aber dem war nicht so. Bos einziges Interesse an Sport beschränkte sich darauf, mit der Kameralinse vor dem Auge ein Fußballspiel zu verfolgen. Sie hatte ihn noch nie joggen oder ein Gewicht heben sehen. Und trotzdem ging es ihr mit seinem Körper wie mit Kaffee und Rotwein. Er machte süchtig, und in den ersten Sonnenstrahlen des Tages meldete sich ein Verlangen in ihr. Es klang wie eine klare Glocke, vermischte sich mit dem Chor der Vögel und war in der Lage, für kurze Zeit die tote Frau aus dem Stadion zu verdrängen. Und ein anderes Bild verschwamm ebenfalls: ihre Begegnung mit dem Mann in der Krankenhauskantine, der in Rätseln sprach, ihre Niere wollte und an einem Teil ihres Lebens zerrte, den sie nicht loslassen wollte.
Sie schmiegte sich an Bo und wanderte mit ihrer Hand seinen Körper hinunter. Der Bauch war flach, als hätte er tagelang nichts gegessen. Seine Haut war warm und verschwitzt und an den Stellen, wo der Schweiß sofort verdampfte, kalt und trocken.
Sie küsste ihn und legte ihren Kopf in seine Halskuhle. Aber sie bekam keine Reaktion von Bo, außer seinem gleichmäßigen Atem, der sie schließlich selbst wieder in den Schlaf wiegte.
Sie wachte mit einem Satz auf, als ihr Gehirn plötzlich die Erinnerung an Bos Beobachtung aktivierte, dass er Anne und Torsten auf dem Parkplatz vom Skejby Krankenhaus gesehen hatte.
Sie schmiegte sich noch dichter an ihn. Anne und Torsten. Ihre beste Freundin und ihr Ex-Mann. Was war da los?
Sie fragte sich ehrlich und spürte nach, aber konnte nicht den Hauch von Eifersucht entdecken. Nein, weder gehörte Torsten ihr allein, noch wollte sie ihn zurückgewinnen. Es war etwas anderes. Die Heimlichtuerei. Sie empfand das als einen Vertrauensbruch. Von Torsten erwartete sie überhaupt nichts, aber von Anne. Die Enttäuschung darüber saß tief. Anne, ihre Vertraute, |229| der sie alles erzählen konnte. Anne, die sich von ihr zurückgezogen hatte und sich so merkwürdig benahm.
Die Tränen flossen und benetzten Bos Arm unter ihrem Kinn. Kurz darauf wachte er auf und bewegte sich unruhig.
»Was ist denn los?«
Sie antwortete mit einem langen Seufzer aus dem Halbschlaf. Daraufhin legte er einen Arm um ihre Taille, drehte sie mit einem Ruck um und drückte sich nun von hinten gegen ihren Rücken. Wie im Traum merkte sie, dass er steif wurde. Vorsichtig drückte er ihre Beine auseinander, und sie fühlte sich wieder geborgen.
»Wir brauchen andere Themen. Wir verschwenden zu viel Zeit, Geschichten hinterherzurennen, die dann nicht geschrieben werden können.«
Holger Søborgs Blick blieb einen Augenblick zu lange an ihr hängen, bevor er sich auf die Zeitung heftete, die bei ihrer morgendlichen Redaktionssitzung in der Mitte des Konferenztischs lag.
Dicte verfluchte ihn, aber leider hatte er recht damit. Die Deadline für die Beilage lief in vierundzwanzig Stunden aus, und sie mussten jetzt schnelle Lösungen finden, damit sie pünktlich herauskam und Kaiser sein Zepter nicht im Hals steckenblieb.
»Wir
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