Der Messingmann
Aber ungeachtet des apokalyptischen Tobens ringsherum - Lava, die durch die saure Luft hagelte, pyroklastische Ströme aus dem fernen Krater und das anhaltende Erdbeben - befand er sich doch in Blickrichtung zum Schiff und konnte nach wie vor den Funk benutzen. Auf eine kurze Anfrage erhielt er keine Antwort. Die Chance, dass dort noch jemand lebte und nur den Funk nicht benutzen konnte, hielt er für gering. Also stellte er eine Verbindung zum Schiffscomputer her - Shayden hatte sich nie die Mühe gemacht, diesen durch eine KI zu ersetzen - und übermittelte in Codesprache Anweisungen. Als sich die Rauchwolke verzog, sah er, dass diesen Anweisungen Folge geleistet wurde.
Schiffe dieser Art dienten sowohl Vermessungsarbeiten aus dem Orbit als auch solchen am Boden und hatten somit Robotsonden an Bord. Solche Geräte dienten dazu, Atmosphärenproben zu nehmen, die Oberfläche zum Zweck der Kartografierung zu sondieren und gelegentlich auch
Gegenstände zu bergen, die in Luft oder Weltraum flogen. Cento verfolgte, wie eine Heckluke aufklappte, die Sonde herausglitt und neben dem Schiff schweben blieb. Sie war elliptisch geformt und trug einen Sensorenkopf am vorderen Ende, und die sechs am Bauch zusammengefalteten Greifarme vervollständigten die käferartige Erscheinung. Erneut verschleierte der Rauch alles, aber die Verbindung blieb bestehen, und Cento spürte, wie sich ihm die Sonde näherte. Bald durchdrang sie den Rauch, und ein Hagel Lava prasselte auf sie. Sie kam näher und hüpfte, als ein großer Klumpen halb geschmolzener Lava von ihr abprallte, aber sie setzte ihren Weg fort. Solche Apparate waren zäh, wenn auch kaum für solche Umweltbedingungen konstruiert. Cento war erleichtert, als sie endlich über ihm stoppte.
Der Golem hob die Hand und packte einen der Sondenarme. Der Apparat entfaltete zwei weitere dieser Gliedmaßen und packte ihn mit dreifingrigen Krallen an einem Hüftknochen und am Hals, um ihn dann mit dröhnendem Antischwerkraftmotor vom brodelnden Boden anzuheben. Dann wendete die Sonde schnell und flog zum Schiff zurück, deponierte Cento endlich vor der offenen Luftschleuse und nahm wieder Kurs auf den eigenen Startbehälter.
Cento betrachtete sich die beiden eingeäscherten Leichen, die unweit seiner Position lagen, und schleppte sich an Bord. Dort zog er sich in eine aufrechte Haltung und versuchte die Schleuse zu schließen, aber etwas hatte den Mechanismus zerstört. Er schleppte sich ins Cockpit und stemmte sich auf den Pilotensitz, wo er, sobald er sich angeschnallt hatte, die stärkeren Bordsender zu bedienen versuchte. Nichts - kein Kontakt zur Trägerschale und damit keine Möglichkeit, eine Verbindung zu ihrem Subraumsender herzustellen. Ohne dass ihn die fehlende Reaktion der Schale überrascht hätte, leitete Cento den automatischen Start des Landungsbootes ein. Der Computer weigerte sich natürlich unter Hinweis auf die offene Luftschleuse. Cento überlegte, schaltete den Computer aus und packte den Steuerknüppel. Es versprach, ein rauer Flug zu werden, aber andererseits war er daran gewöhnt.
Das virtuelle Bild, das er entwarf, bestand aus einer Kugel voller leuchtender Punkte, alle durch Spinnweblinien mit einem zentralen Nexus verbunden, der am hellsten leuchtete. Das war das Netzwerk, die Gesamtheit der Dracocorp-Verstärker, in einer grauen Leere schwebend. Die Realität entsprach dem kaum, denn die Station, die den roten Zwerg umlief, war eine dicke Münze von fünf Kilometern Durchmesser, bewehrt mit den glitzernden Stacheln von Sensorenphalangen und einem Andockturm von einem halben Kilometer Höhe, der aus dem Mittelpunkt aufragte. Nur wenige Schiffe lagen hier angedockt, und noch weniger waren in der Umgebung unterwegs. Skellor fragte sich, ob die ECS überhaupt eine Ahnung hatte, dass ihr diese Station nicht mehr allein gehörte, eine Station, die der langfristigen Erforschung dieses Karneolsterns diente.
Die Anfrage der dortigen Runcible-KI an Skellor vermittelte natürlich den Eindruck, dass die Anlage nach wie vor in Polis-besitz war. Mit Hilfe der Systeme an Bord der Vulture antwortete Skellor, nannte eine falsche Identität für sein Schiff und sich selbst, in beiden Fällen nicht vor Ablauf eines Solstanmonats aufzudecken - falls die Runcible-KI das Bedürfnis dazu entwickeln sollte.
»Ruby Eye heißt Sie willkommen, Händler Scolan«, sagte die KI über Funk.
»Ich freue mich, hier zu sein. Es war eine lange Reise.«
»Und welchem Zweck dient Ihr
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