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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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darf mit den ihm gegebenen Möglichkeiten, und derer gibt es viele, der Kollegin Moritz und vor allem dem Restaurator Metzger an die Nieren gehen, perfekt, und nie hätte er gedacht, dass da am Nachmittag noch ein drittes M seine Glückseligkeit wird steigern könnte, niemals.
»Hier Krainer?

Wie bitte, ich versteh Sie so schlecht? Sie sind nicht von hier, oder?

Wer spricht? Szepansky?

Aha, Sie sind sein Chauffeur. Sozusagen ein Gastarbeiter. Ob ich zu Hause bin? Erstens ist Sonntag, und zweitens hab ich gerade den Hörer meines Festnetzanschlusses in der Hand. Festnetz, verstehen Sie …

Ja, in einer halben Stunde wäre möglich. Sie holen mich ab, wunderbar. Das wäre dann in der …

Sie haben meine Adresse. Gut.«
    Was für ein Tag. Dr. Maier will ihn sprechen.

Salzgurken und Kriegsgötter
    Wer sehen will, wie klein die Welt ist, muss nur auf Reisen gehen. Sicher, faszinierend, ja beängstigend weitläufige Landschaften zu begutachten, die dem Menschen seine eigene Winzigkeit verdeutlichen, gibt es reichlich auf dieser Erde, nur wenn zum Beispiel einem abenteuerhungrigen Kurti während einer Kameltrekkingtour durch die Sahara beim Eintreffen in die erste Oase plötzlich ein »Jessas, Kurtl, was machst du denn hier!« entgegenschallt, unterscheidet sich die Sahara nur mehr marginal vom Beisl ums Eck.
    Mag es Zufall, Vorsehung sein oder gar die Hinterfotzigkeit des Olymp, es gibt wohl kein einziges Eck auf diesem Planeten, an dem man zumindest theoretisch vor einer bekannten Visage gefeit ist. Wer an die Adria reist allerdings, kann sich bereits beim Grenzübertritt darauf einstellen, eine Auswahl all jener nun ebenfalls Eltern gewordener Bekanntschaften, Ex-Schul- oder -Berufskollegen begegnen zu müssen, denen man bis dato mehrere Jahre, vielleicht auch jahrzehntelang erfolgreich aus dem Weg gegangen ist.
    Diesbezüglich hat der Metzger letzte Woche also gewaltiges Glück gehabt. Ihn ereilt das Schicksal im umgekehrten Sinn, beginnend mit einem Stich mitten ins Herz:

    Es ist ein Anblick, der Willibald Adrian Metzger ins Wanken bringt, ihm das Vermögen, einen klaren Gedanken zu fassen, raubt.
    Bis zum frühen Abend hatten Danjela und er noch Zeit damit verbracht, zu Hause anzukommen, also Wäsche zu waschen, der Müdigkeit gerecht zu werden, halbwegs ausgeschlafen mit Edgar Gassi und schließlich im Zuge dessen zum Würstelstand zu gehen, auf eine Käsekrainer, mit Schwarzbrot, Salzgurke, scharfem Pfefferoni und Dosenbier.
    Am Rückweg trennten sich die Wege der drei.
    Edgar zog Danjela heimwärts, den Metzger zog es ebenfalls Richtung Heimat, allerdings in seine zweite. Eine Woche, so lange hatte er seinem Gewölbekeller bisher noch nie den Rücken gekehrt. Ein wohliges Bauchgefühl erfasste ihn, wie er da durch den Park schlenderte, am Spielplatz vorbeiging und schließlich in der Abendsonne die Werkstatt auf der anderen Straßenseite leuchten sah.
    Die Jalousien der Auslage waren herunten, der Rollladen vor der Tür, alles, wie es sein soll. Er wählte die Variante durch den Hintereingang, öffnete das Tor des Nebengebäudes, spazierte durch den Hinterhof, und dann begann er zu laufen.
    Als würde er mit vorgestreckter Hand auf den Rand einer Klippe zustürmen, jemanden vor dem sicheren Absturz bewahren wollen und zu spät kommen, so fühlte er sich. Die Hintertür stand offen, sperrangelweit, und bereits von außen sah er einen umgestürzten Kasten den Eingang blockieren, spürte den Hauch der Fremde, und doch lief er weiter, ohne Rücksicht auf eine mögliche, ihm auflauernde Gefahr, stieg in den Keller, als müsste er einen Berg erklimmen, ein leeres Flussbett durchwaten – und hier steht er jetzt.

    Schwer fällt es ihm, sich auf den Beinen zu halten. Übersät ist der Werkstattboden mit all den Dingen, die sein Leben bedeuten. Möbel, große, kleine, teure, sehr teure, seine eigenen und Auftragsarbeiten, überall Werkzeug, Arbeitsmaterialien, seine Meisterurkunde im Glasrahmen zertreten, das Bild seiner Danjela im Glasrahmen zertreten, für ihn bedeutsame Erinnerungsstücke zertreten, und auch er fühlt sich so. Als wäre eine Sintflut aus Zorn und Verachtung über ihn und sein kleines Reich hinweggedonnert.
    Wer und warum tut so etwas?
    Kraftlos schleppt er sich den Kreuzweg durch die Werkstatt entlang, umkreist die leergefegte Werkbank, schafft es kaum, dabei nicht selbst auf seine den Weg versperrenden Heiligtümer zu treten, und kann es, anfangs unfähig hinzugreifen, einfach

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