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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Er war nichts weiter als ein gemeiner alter Mann, der sie nur nachsichtig behandelte, weil sie von seinem Blute war. Ihre Mutter hatte ihn immer gehaßt und verachtet – zu Recht.
    »Ich möchte mich mit dir über Beirut unterhalten«, begann sie. Sie setzte sich nicht, weil sie sich sicherer fühlte, wenn sie in einiger Entfernung stehenblieb und auf ihn herabsehen konnte.
    »Und was soll's?«
    Er wußte Bescheid. Ein flüchtiges Aufleuchten in den harten Augen verriet ihn. Er wußte über Beirut ebenso Bescheid wie über Keller. Damit zerstreute sich ihre letzte Hoffnung, daß er und King vielleicht doch nicht zusammenarbeiteten.
    »Es wurde ein Mann in dieses Land gebracht, Huntley, der etwas für dich erledigen soll. Ich möchte wissen, worum es geht.«
    Er zögerte nicht, er starrte sie nur böse an. »Ich weiß gar nicht, wovon du redest!« Im ersten Augenblick hatte sie ihn überrascht, aber nun war er wieder auf der Hut. Dieses Aufblitzen in seinen Augen würde sich nicht wiederholen. Er hatte Nerven aus Stahl oder vielleicht auch gar keine Nerven. »Ich war gerade beschäftigt, bevor du hier hereingeplatzt bist«, sagte er nur. »Du kannst mir dein Märchen morgen früh erzählen.« Er stand auf und ging auf seine Schlafzimmertür zu.
    »Tu das nicht, Huntley«, sagte Elizabeth. »Sonst gehe ich mit meinem Märchen nämlich zur Polizei. Jetzt gleich auf der Stelle, die werden mir bestimmt zuhören.«
    Sein zäher, hagerer Körper fuhr herum, als bewegte er sich auf Kugellagern. Trotz ihrer überzüchteten Mutter mit ihrer künstlichen Abneigung gegen Geld war sie doch eine echte Cameron. Auch sie konnte hart sein. Er kam wieder zurück und setzte sich.
    »Hol mir einen Whisky«, sagte er.
    »Nein«, antwortete Elizabeth, »hol ihn dir selbst. Ich bin nicht Dallas.«
    Er streckte die Hand nach der obersten Schublade einer kleinen französischen Kommode aus dem achtzehnten Jahrhundert aus. Eine Klappe ging auf, eine wohlgefüllte Hausbar kam dahinter zum Vorschein. Er nahm die Whiskykaraffe heraus und goß etwas in ein Glas.
    »Na schön«, sagte er. »Es ist schon nach Mitternacht, also erzähl mir deine Geschichte, dann kann ich wenigstens schlafen gehen.«
    »Versuch nicht, mich zu täuschen«, sagte Elizabeth. »Ich bin deine Nichte, Huntley. Ich weiß nicht, ob dir das etwas bedeutet, aber du solltest dir wenigstens im klaren darüber sein, daß du mich nicht zum Narren halten kannst. Du und Eddi King, ihr steckt beide in dieser Sache drin. Ihr habt einen Mann mit einem falschen Paß in dieses Land geholt, und ich will jetzt wissen, zu welchem Zweck.«
    »Was gibt dir eigentlich das Recht zu einer solchen Frage? Wer ist dir darauf eine Antwort schuldig?« Er fauchte sie an. Elizabeth bekam eine überwältigende Persönlichkeit mit der Wucht einer Steinlawine zu spüren, und sie warf den einzigen Stein zurück, den sie in der Hand hielt.
    »Was mir das Recht dazu gibt?« entgegnete sie. »Die Tatsache, daß ich ihn in Kings Auftrag hergebracht habe.«
    Das hatte er bestimmt nicht gewußt. Bis dahin hatte Eddi King ihr die Wahrheit gesagt. Er lief dunkel an. Dann stand er auf und warf das Whiskyglas auf den Teppich.
    »Du? Du hast den Kerl in die Staaten gebracht?«
    »Eddi hat mich darum gebeten«, antwortete sie ruhig. »Ich sollte dir diesen Gefallen tun, sagte er. Und er hat von mir verlangt, dir nichts davon zu erzählen.«
    »Der Schweinehund«, flüsterte Huntley. »Dieser lausige Mistkerl. Sag mir das noch einmal. Wie war das? Erzähl mir alles ganz genau.«
    »Ich wollte in den Libanon fahren«, sagte Elizabeth, »das weißt du. Es war nur als Ausflug geplant. Aber als wir hinkamen, bat mich Eddi King, einen Mann mit nach Hause zu nehmen, ihn durch den Zoll zu schleusen und dann in Ruhe zu lassen. Es sollte um deinetwillen geschehen, aber du durftest nicht wissen, daß ich mit der Sache zu tun hatte. Alles käme darauf an, daß ich das machte, weil ich die einzige sei, der man wirklich trauen könne. Ich habe den Mann ein einziges Mal auf der Straße gesehen, ihn dann mit einem Taxi abgeholt und in der Maschine mit nach New York genommen.«
    »Großer Gott«, sagte Huntley Cameron, »ich bringe ihn um. Ich sorg' dafür, daß er niemandem mehr in die Quere kommt. Und du hast das wirklich getan?«
    »Ich hab's getan«, antwortete sie. »Ich dachte, es handelte sich um eine Aktion gegen die Regierung, wie du sie schon zuvor gestartet hast – nach allem, was er sagte, mußte ich glauben, daß du

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