Der Meuchelmord
ich dich gestört habe, Liz, aber auf Schloß Freemont kriege ich immer das große Grauen.«
»Ich bin froh, wenn ich einmal von dort fortkomme«, antwortete Elizabeth. Matthews hatte ihr eine kleine Spazierfahrt vorgeschlagen. Er war dabei charmant, aber hartnäckig geblieben, und sie hatte rasch einen Mantel geholt. Dabei wurde ihr klar, daß auch sie sich außerhalb der dicken Mauern wohler fühlte.
»Leary wollte wissen, ob du etwas Neues erfahren hast.« Er fuhr an dem sonnigen Morgen gemächlich zurück in die Stadt. Er hatte sich alles gründlich überlegt: Sie mit in seine Wohnung zu nehmen und unter Druck zu setzen, war wirklich nur der allerletzte Ausweg. Zuerst mußte er wissen, ob sie aktiv mit Eddi King zusammenarbeitete; wenn ja, dann war sie ein Fall für Learys Vernehmungsexperten. Falls sie diesen geheimnisvollen Mann aus persönlichen Gründen deckte, war vermutlich die sanfte Tour ratsamer. In Learys Büro war er wütend geworden. Jetzt wußte er, daß es zum Teil verletzte Eitelkeit war. Elizabeth hatte einen anderen gefunden, aber keinen Mann aus ihrem eigenen Milieu, den sie heiraten konnte. Das hätte ihn nicht gestört. Ärgerlich wurde er bei dem Gedanken, daß irgendein Fremder ihr offenbar etwas geben konnte, daß sie bei ihm vermißt hatte. Wenn er Elizabeth mit nach Hause nahm und die Antworten aus ihr herausprügelte, konnte er nicht unpersönlich bleiben. Aber das mußte er unter allen Umständen. Wenn es soweit kam, sollte es lieber jemand anderes versuchen. Er sah sie von der Seite an. Sie war nervös und rauchte eine Zigarette nach der anderen.
»Eddi King ist über das Wochenende hier«, sagte sie. »Ich habe das Gefühl, daß er meinen Onkel in eine krumme Sache verwickelt hat.« Ihre Hand zitterte, als sie sich eine neue Zigarette anzündete.
Matthews bemerkte es. Sie war bedrückt und konnte es nicht verbergen. In diesem Augenblick hätte er seine Stellung beim CIA dagegen gewettet, daß sie zwar etwas verbarg, aber kein Profi war.
»Hast du irgendeine Ahnung, worum es sich handeln könnte?«
»Ich weiß nicht«, murmelte sie. Nur nicht zuviel sagen, dachte sie. »Aber es muß etwas Politisches sein. Die beiden reden dauernd über Politik.«
»Welche politische Einstellung hat dieser King«, fragte Matthews, »ich meine – wozu bekennt er sich nach außen hin?«
»Rechtsextrem«, antwortete sie. »Das genaue Gegenteil von den Demokraten. Du bist also sicher, daß er ein Verräter ist?«
»Absolut sicher.« Matthews schaltete und beschleunigte den Wagen. Es war ein Jensen. Er fuhr immer teure ausländische Modelle. Das gehörte in seinen Augen mit zu dem Charme, den er auf Frauen ausübte.
»Er arbeitet mit den Roten zusammen«, sagte er. »Das ist ja gerade das Seltsame, Liz. Wenn man nur einen Hinweis bekommt, wie zum Beispiel diese Verabredung mit Marcel Drouet in Paris, dann tauchen plötzlich noch andere Steinchen auf, und man sieht das ganze Mosaik. Wir haben in diesen letzten Tagen allerhand erfahren.«
Auch einiges über dich, fügte er in Gedanken hinzu und nahm den Fuß vom Gaspedal. Er hatte es mit der Rückkehr nicht so eilig. Zuvor wollte er möglichst viel aus ihr herausbekommen.
»Was habt ihr erfahren?« fragte sie ängstlich. Um wen hatte sie Angst? überlegte er. Aber er kannte auch die Antwort auf diese Frage. Ein Feigling war sie nie gewesen. Sie stand zwar Todesängste aus, aber nicht um ihretwillen.
»King ist aus einem ganz bestimmten Grund in den Libanon gereist und hat dich als Alibi mitgenommen. Er hat dort irgend etwas organisiert und Drouet darüber berichtet – was immer es auch gewesen sein mag.« Ohne sie direkt anzusehen, bemerkte er, wie sie zusammenzuckte. Er hörte, wie sie ihre Handtasche öffnete und wieder schloß. Ihre zitternden Hände mußten sich mit irgendetwas beschäftigen. Sie wußte bestimmt, was King in Beirut gewollt hatte. Er war aber auch sicher, daß sie erst jetzt auf Schloß Freemont dahintergekommen war.
»Und du hast wirklich keine Ahnung, worum es sich handeln könnte?«
»So ungefähr schon«, antwortete Matthews. »Es sieht wirklich sehr böse aus. In Beirut wurden bereits zwei Menschen ermordet, von denen wir glauben, daß sie damit zu tun hatten.«
»Warum und wer?«
»Ach, nur kleine Fische: Ein kleiner Flughafenangestellter hat sich und seine Familie mit einem neuen Auto in die Luft gesprengt, und ein arabisches Mädchen wurde erdrosselt. Beide waren ganz plötzlich zu Geld gekommen. Unsere Freunde
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