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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mir war nur bekannt, dass Sofanor aus der Klosteranstalt, in der er aufwuchs, geflohen war, nicht ohne vorher den Revolver zu stehlen, den der Priester im Schreibtischfach aufbewahrte. Diesen blitzblanken Webley Mark VI mit silbernen Kugeln hatte der berühmte Gewerkschaftsführer und Gründer der Kommunistischen Partei, Luis Emilio Recabarren, aus Deutschland mitgebracht. Bis er bei Sofanor landete, war er allerdings durch mehrere Hände gewandert. Man erzählte sich, dieser Revolver sei der Untersuchungskommission auf unerklärliche Weise abhanden gekommen. Mein Freund sann leidenschaftlich auf Rache, deshalb jagte er dem SatanLópez-Cuervo in Valparaíso eine Kugel in den Schädel. Erst zwanzig Jahre später tauchte der Revolver, aus dem diese Kugel stammte, wieder auf – an Sofanors Zeigefinger, nachdem jemand ihm die Stirn durchlöchert hatte. Du könntest deinen Roman an dieser Stelle enden lassen, Benito. Ich erzähle dir die Geschichte, die dahintersteckt, sie sollte aufgeschrieben werden. Du kannst sie um den Raubüberfall auf das englische Schiff ranken oder um den Tod von Sofanor und der Inglesa, aber diesen deutschen Revolver darfst du nicht weglassen. Er ist das Herzstück. Genauso wie im Laufe deiner Erzählung noch eine weitere Person in Erscheinung treten muss.
    Wie so viele träge Menschen habe auch ich den Versuch unternommen, zu schreiben. Ich habe mich bemüht, die Geschichte des Dichters José zu Papier zu bringen, der im Jahr 1931 inhaftiert und ins Meer geworfen wurde. Wie in Trance hämmerte ich das, was er erlebt hat, in die Tasten der Underwood-Schreibmaschine. Damals huldigte man dem Satan López-Cuervo. Die Zeitungen feierten seinen Mut, den er bei der Besetzung von Talcahuano bewiesen hatte, wo er an der Spitze des Regiments Chillán den Platz stürmte. Bevor Sofanor ihm den roten Orden seiner Rache an die Stirn heftete, war López-Cuervo Militärattaché der Chilenischen Botschaft in Italien gewesen, während der glanzvollsten Regierungszeit Mussolinis. Nach dem Mord an der Petronila hielt sich der Satan also in Italien auf, was erklärt, warum wir ihn nicht finden konnten. Dort muss etwas vorgefallen sein, weshalber vorzeitig zurückkehrte und sich in Valparaíso niederließ. Sein Sohn López-Cuervo II trat schließlich in seine Fußstapfen und spezialisierte sich auf Ermittlungen in Mordfällen. Am Tag des Mordes an Sofanor und der Inglesa setzte er sich auf das Bett, auf dem die Tote inmitten der Blütenblätter lag. López-Cuervo II nahm den glänzenden Revolver an sich, von dem Sofanor sich so gut wie nie getrennt hatte. Denselben Webley Mark VI, Kaliber .38, Benito, der sich jetzt in deinem Besitz befindet.

Iquique, Mai 1939
    Als die Lorenzona die drei Pferde hinter einem Stapel Fässer zur Ruhe gebracht hatte, trennten sich Sofanor und die Inglesa. Die Lorenzona beobachtete, wie die Inglesa ohne Scheu den Lichtern am Kai entgegenschritt. Als die Matrosen sie kommen sahen, fingen sie an, um ihre Gunst zu buhlen, riefen ihr Komplimente zu, Sprüche, die sie mit einem Lächeln beantwortete, ihrem verführerischsten Lächeln. Dann schwenkte die Lorenzona, als Piratin verkleidet, ihr Taschentuch. Das war das vereinbarte Zeichen für Sofanor, der sich sogleich mit einem mehr protzigen als scharfen Messer im Mund über das Seil, mit dem der Kahn an Land festgebunden war, an Bord hangelte. Die Lorenzona bemühte sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die Inglesa freundlich zu behandeln, denn Sofanors Wort war ihr heilig, aber sie vertraute ihr nie.
    »Diese falsche Schlange, eines Tages wird sie dich umbringen, weil du solch ein Trottel bist!«, warnte sie Sofanor düster.
    Mein Freund fühlte sich der Lorenzona innig verbunden. Und bei der Verteilung der Beute hatte er die Neigung, sie leicht zu bevorzugen, was die Inglesa rasend machte. Das gute Verhältnis zwischen der Alten und Sofanorwar ihr ohnehin ein Dorn im Auge. Und so ließ auch sie keine Gelegenheit aus, ihre Nebenbuhlerin vor Sofanor zu verunglimpfen.
    »Ich ertrage sie nicht länger als fünf Minuten an meiner Seite. Die Alte stinkt. Ich verstehe nicht, wie du dich von ihr umarmen lassen kannst. Mich würde ihr Gestank umbringen, ich würde daran ersticken.«
    Sofanor versicherte ihr, dass man die Lorenzona brauchte. Keiner kenne die Fluchtwege in die Berge so gut wie sie. Ihr Orientierungssinn in der Wüste sei beneidenswert. Doch blind vor Eifersucht, verschloss sich die Inglesa jeder Erklärung, sie war wie besessen von

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