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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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rasch die Lust vergeht, sich mit mir anzulegen.« Er nahm den Webley Mark VI in eine Hand, tat so, als zielte er auf jemanden, und stieß ein lautes »Bumm!« aus, das mich aufschreckte.
    Während er wie ein Wasserfall redete und phantasierte, trommelte er mit den Fingern auf seiner Gürtelschnalle herum – ein untrügliches Zeichen, dass er gerade etwas ausheckte. Obwohl ich im Kiosk der alten Elmira lesen gelernt hatte und Sofanor sicher noch nie auch nur eine Zeitungsseite gelesen hatte, war er es, der immerzu behauptete, er beherrsche jedes Thema: Politik genauso wie Geschichte, Fragen des Bankkreditwesens, des Nitrattransports nach Europa – selbst das Theater war ihm nicht fremd.
    »Du solltest Komödiant werden, die Rolle des Aufschneiders wurde dir sozusagen in die Wiege gelegt«, schlug ich ihm vor.
    Wir saßen auf einer der Bänke auf dem baumlosen Platz, sahen zu, wie das Leben vorbeizog, als wären wir bereits an seinem Ende angelangt, obwohl wir gerade erst am Anfang standen. Viele Sommer, Geburtstage und Weihnachtsfeste verpassten wir, indem wir die Leute und das Treiben auf der Straße beobachteten. Auf einmal kam ein Mann mit einem Strauß roter Rosen an uns vorbei und steuerte entschlossen auf ein Mädchen zu, das auf einer Bank nur wenige Meter entfernt von uns saß. Sie sprang auf, als er ihr auf die Schulter klopfte, und verzog das Gesicht. Sie wirkte sehr verärgert und wollte weggehen. Der Mann hielt sie fest, während sie ihn schlug und kratzte. Er bat sie für irgendetwas, das wir nicht verstehen konnten, um Verzeihung, doch sie hörte ihm gar nicht zu. Und als er versuchte, sie zu küssen, wandte sie das Gesicht ab und fing an zu weinen. Daraufhin schloss der Geliebte sie in seine Arme, bückte sich, ohne sie loszulassen, und nahm den Strauß Rosen von der Bank. Dann hob er ihr Kinn mit einem Finger und hielt ihr die Blumen vor die Nase. Am Ende gab sie nach. Ich hätte dem Kerl gern ein paar anerkennende Worte zugerufen. Ich wollte gerade zu Sofanor sagen, so müsse man die Frauen behandeln, dafür brauche man gar nicht mit einem funkelnden deutschen Revolver herumzuprotzen, als ich wieder diesen abwesenden Blick an ihm bemerkte. Er achtete nicht auf meine Worte. Während das Liebespaar sich entfernte, sah Sofanor wie hypnotisiert dieser kleinen Engländerin mit den langen Haaren zu, die im Sonnenlicht glänzten. Sie genosses ganz offensichtlich, die Kerle herauszufordern, die ihr Komplimente zuriefen. Sie schien das Abenteuer und die Gefahr zu lieben. Ihr schlanker Körper mit der geschmeidigen Wespentaille reckte sich voller Anmut. Sie stolzierte über den Platz, unmittelbar auf uns zu. Als sie näher kam, erkannte ich, dass sie eine Stupsnase hatte, die ihrem Gesicht etwas Kindliches verlieh. Ihre hellen Augen schienen meinem Freund eine Botschaft zu senden.
    »Gefällt dir diese magere Braut?«, fragte ich ihn, wohl ahnend, was vor sich ging, als ich ihn wie gelähmt neben mir sitzen sah.
    »Halt die Klappe!«, unterbrach mich Sofanor nervös.
    In unserem Alter reichte es, verliebt zu sein, um den Spott der anderen auf sich zu ziehen. Sie gefiel ihm also – und wie! Das unwiderstehliche Lächeln meines Freundes und die hypnotischen Augen dieser englischen Schlange hatten einander gesucht und gefunden. Von da an lief sie uns ständig über den Weg. Es schien gerade so, als provozierte sie absichtlich diese Begegnungen, die Sofanor völlig außer Gefecht setzten.
    »Aber wieso sollte so eine Frau ein Auge auf dich werfen, du Idiot«, zog ich ihn auf, als sie uns wieder einmal keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Gründe hatte sie mehr als genug, sich hocherhobenen Hauptes auf den Straßen von Antofagasta anhimmeln zu lassen.
    »Es wird mir schon noch etwas einfallen, um ihre Liebe zu gewinnen«, versicherte mir Sofanor, als wäre er ein Mann von Welt.
    »Na klar, du wirst mindestens eine Bank ausrauben und ihre Sprache lernen müssen. Denn die wird sich nicht so leicht mit einem dahergelaufenen armen Schlucker einlassen.«
    An dem Tag hätte ich lieber den Mund gehalten, denn später kam Sofanor mit einem völlig bescheuerten Vorschlag an, von dem er nicht mehr abzubringen war.
    »In der Nähe des Hafens gibt es einen Laden«, erklärte er mir. »Den Leuten nach zu urteilen, die dort ein und aus gehen, vermute ich, dass er gut läuft, und da habe ich gedacht, wir könnten ihn überfallen.«
    »Was? Bist du verrückt geworden?« Ich sah ihn mit großen Augen an.
    »Doch, das wäre ein

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