Der mieseste aller Krieger - Roman
Gemeindemitglied kam, um seinen Rat einzuholen, und sie nicht unter dem Bett ausharren musste, bis derjenige wieder fort war.
»Es heißt, du hättest auf dem Militärgelände die Letzte Ölung erteilt.«
»Das ist eine Lüge.«
»Und warum haben sie dich dann gerufen?«
»Um die Angaben von ein paar Leuten aus dem Ort zu bestätigen.«
»Mit anderen Worten, du arbeitest jetzt als Spitzel?«
»Nein, nein, ich habe ihnen bereits gesagt, auf mich könnten sie in solchen Dingen nicht zählen.«
»Es heißt, sie bringen Leute um.«
»Ich sag doch, ich will nichts wissen von diesen Repressalien. Das habe ich genau so deutlich auch López-Cuervo II wissen lassen.«
»Schau an, das hätte ich von dir nicht erwartet. Sonst hast du immer getan, was dir dieser Cuervo gesagt hat …«
»Allmählich fällt es mir schwer. Ich habe die Menschen um ihre Spenden und Opfergaben betrogen. Aber Komplize eines Massakers … Die können von mir nicht verlangen, dass ich auch das noch mit dem Wort Gottes absegne.«
Die Trini war stolz. Am Ende würde der Priester doch nicht einer der Bösewichte im Film sein, und sie müsste nicht rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen war, wenn sie ihre Landsleute hörte. Doch ich glaube, hinter diesem Sinneswandel des Pfaffen verbargen sich andere Gründe. Bei Gott Alzamora häuften sich inzwischen zu viele Probleme. Er fürchtete sein eigenes Zähneklappern. Das war der Hauptgrund, weshalb er letztlich alles aufgab. Das niedergebrannte Arche hatte nicht ausgereicht, um den Priester in seinem bisherigen Lebenswandel aufzustören. Die Besuche allerdings, die er bei den Gefangenen jenseits des Stacheldrahts absolvieren musste, betrafen ihn in gänzlich anderer Weise. Dort durchlebte er seine schlimmsten Alpträume.
Der Priester lief langsam die Colchagua entlang, eine Hand auf der anderen, in Höhe des Bauchnabels. Er wusste, wie sehr der Abschied und die Eheschließungen ihrer Kolleginnen der Trini zusetzten und dass die Ärmste sich nurschwer damit abfinden konnte, sich mit seiner Dickköpfigkeit herumschlagen zu müssen. Und nun war er voller Sorge auf dem Weg zum Gesellschaftsklub, wo er sich mit López-Cuervo II treffen sollte, der mit einer wichtigen Mission aus Iquique zurückgekehrt war.
Wie jedes Jahr hatte sich das Dorf mit Menschen gefüllt, um den Nationalfeiertag zu begehen. Von früh an fanden sich die einfachen Leute zu den Feierlichkeiten ein, um zu vergessen, dass Paitanás ein Ort für Durchreisende geworden war, beinahe eine Geisterstadt. Der Bürgermeister hatte zur Feier des Tages einen Ausschank organisiert, um den sich allerlei Stände mit Kunsthandwerk, Seifen, Ziegenkäse, Korbflechtwerk und Ammonitenfossilien reihten. Der Priester kämpfte sich durch das Gedränge, als er plötzlich mittendrin die Trini auf ihren Pfennigabsätzen entdeckte, in der engen Hose, die ihren dicken Hintern einzwängte, und mit einem von zu viel Schminke entstellten Gesicht. So schrecklich wie die Ojerosa, schoss es Gott Alzamora durch den Kopf. Umringt von vier Kerlen stand sie da, und der Priester wusste genau, was passieren würde. Diese betrunkenen, unaufhörlich lachenden jungen Burschen, die sich nicht um die Verfolgungen scherten, die in verschiedenen Orten des Landes im Gange waren, würden sie bitten, weiter mit den Hüften zu wackeln. Die Trini servierte sich ihnen auf dem Tablett, und obwohl er nicht hören konnte, was sie ihnen sagte, konnte Alzamora sich denken, worauf das Ganze hinauslaufen würde: Sonderkonditionen, weil sie eine Gruppe waren. Er warf einenBlick auf die Uhr. López-Cuervo II hatte ihn zu diesem Treffen gebeten, um ihm etwas Wichtiges mitzuteilen, und er war schon spät dran. Dennoch blieb er stehen und ließ es sich nicht nehmen, die Frau zu beobachten, mit der er seit nunmehr dreißig Jahren ins Bett ging. Schon begann das Feilschen um den Preis für Trinis Gunst. Jeder einzelne Kerl legte ihr eine neue Münze in die Hand, und sie handelten aus, wer als Erster drankommen sollte, während die Trini es genoss, sich begehrt zu fühlen. Sie wusste, dass sie nicht mehr das Prachtweib von einst war, und lachte umso mehr über die Art, wie sie sich um sie zankten. Alzamora wischte sich mit der Hand über die Stirn. Die Szene brachte sein ausgeglichenes Gemüt in Wallung, und er beschloss zu gehen, bevor er eine Torheit beging. Er konnte nicht wissen, dass all das zu dem Eifersuchtsspiel gehörte, das die Trini mit diesen Jungen exakt für den Moment arrangiert
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