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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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entdeckte ich die Stute, mit der die Lorenzona ständig unterwegs war, und plötzlich schwante mir, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich nahm all meinen Mut zusammen, hob einen Stein auf und warf ihn gegen die Wellblechtür. Nichts. Ich wiederholte das Klopfzeichen zwei, drei Mal. Keine Reaktion. Ich zögerte, ob ich insistieren sollte, denn ich fürchtete, das Mannweib könnte übellaunig öffnen, aber dann war meine Neugier stärker als alles andere. Ich entfernte den Draht, der die Tür verschloss, stieß das Wellblech zur Seite und trat ein. Behutsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, aus Furcht, die Lorenzona könnte mich jeden Moment heftig am Schlafittchen packen, weil ich bei ihr so herumschlich. Doch mich umfing bloß die zähe Stille des Todes, die nur von einem dunklen Tropfengestört wurde, der von der Decke fiel und geräuschvoll in einem Krug landete. Als ich die Tür zu einem anderen Raum öffnete, schlug mir ein so widerwärtiger Gestank entgegen, dass ich mir beide Hände vor Nase und Mund hielt. An den Wänden wimmelte es nur so von abscheulichen Insekten, und die Wanzen begnügten sich nicht mehr allein mit der Pritsche, sondern waren überall, wie Gott. Mein übernächtigter Körper geriet völlig in Aufruhr, und der Magen drehte sich mir um. Ich zog ein Taschentuch aus der Gesäßtasche hervor und band es mir vor das Gesicht, wie ein Bandit, der im Begriff ist, eine Bank zu überfallen. Lach nicht, Benito! Das klingt jetzt beinahe komisch, aber ich fand es in dem Moment überhaupt nicht witzig. Jeder Winkel schien einen anderen Gestank zu verströmen. Die Ausdünstungen der Betrunkenen im Arche dufteten verglichen mit dieser Hütte wie teures Parfüm! Ich stürzte zum nächstliegenden Fenster. Und da sah ich die Stute wieder, sah nun auch, dass sich ihre Rippen unter dem Fell abzeichneten – sie hatte offenbar seit langem nichts mehr gefressen. An ein dürres Geäst jenseits der Umzäunung angebunden, stand das Tier mitten in der Wüstenlandschaft. Ich nahm all meine Kraft zusammen und stieß eine weitere Tür auf. Da lag sie! Vollständig bekleidet in ihrer Piratenkluft mitsamt Stiefeln auf einer Pritsche ausgestreckt, als schliefe sie, doch der unerträgliche Gestank gab mir eindeutig zu verstehen, dass dieser Schlaf für die Ewigkeit war. Ich rannte ins Freie, als sei der Satan mir auf den Fersen. Als ich dieBerge schon kilometerweit hinter mir gelassen hatte, hielt ich erschöpft und schweißgebadet inne und erbrach die ganze Angst, die sich in mir aufgestaut hatte. Verdammt. Der Sohn des Satans lungerte jeden Tag im Arche herum, darauf erpicht, mir die Schuld am Tod meines Freundes und der Inglesa anzuhängen. Und nun gab es hier eine weitere Tote, die einzige Verdächtige im Chanchoquín -Fall außer mir, die dann wohl auch noch auf meinem Konto verbucht würde. Abgesehen davon war es beunruhigend, zu wissen, dass sich ein Mörder auf den Straßen von Paitanás herumtrieb, dass er irgendwo im Schatten der nächtlichen Vergnügungen lauerte, ganz nah, dass ich ihm vielleicht schon begegnet war oder am nächsten Tag begegnen würde, jemandem, der Freund, Nachbar oder Bruder sein konnte. Ich schlotterte heftiger als alle Toten, die den Boden unserer Wüste erschüttern. Kaum wieder zu Hause, verkroch ich mich in mein Bett. An dem Abend blieb das Arche Noah geschlossen.
    Verschanzt hinter einer Maske, die Seriosität und Reife vortäuschte, eine spezielle Taktik für solche Fälle, lauerte López-Cuervo II darauf, dass die Lorenzona bei mir, ihrem mutmaßlichen Komplizen, im Arche auftauchte. Als sich jedoch nichts rührte und ihm die Zeit ein wenig lang wurde, stattete er mir zu Hause einen Besuch ab. Er versuchte, mit Drohungen herauszufinden, wo sich die Lorenzona, diese Bestie, versteckt hielt. Ich sagte ihm, ich hätte keine Ahnung. Seit der Finte mit dem Fingerabdruck auf einer Scherbe der zerbrochenen Vase, der angeblichmir gehörte, traute ich ihm nicht mehr über den Weg.
    »Wir treffen uns noch, du und ich, Samu!«, zischte er.
    Diese Warnung war eine Ladung Dynamit, die früher oder später explodieren musste. Die Kumpel erzählten mir kurz darauf, ein Maultiertreiber behaupte, ein einsames Pferd auf der Hochebene in der Gegend von La Antena gesehen zu haben. López-Cuervo II sei daraufhin gleich in Begleitung seiner Soldaten aufgebrochen, um der Sache nachzugehen.
    Da die Lorenzona als hervorragende Schützin bekannt war, ließ der Sohn des Satans zwei Männer die Hütte durch

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