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Der mieseste Liebhaber der Welt

Der mieseste Liebhaber der Welt

Titel: Der mieseste Liebhaber der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Lehrkraft schon wieder was mit einem Schüler laufen hat, würde er dich eigenhändig aus der
     laufenden Unterrichtsstunde zerren.)
    In meinem Kopf wirbelte mein Hirn herum wie eine Plastiktüte im Herbststurm. Ich fragte mich, was Joseph Boldt eigentlich
     darüber dachte, dass seine sogenannte Freundin nachts mit mir in der Disco knutschte. Kannte Boldt keine Eifersucht, oder
     stand ich als
Mann
so weit unter ihm? War das normal in diesen Kreisen, gestand man sich das zu? War ich vielleicht bloß ein verliebter Kleinstadtspießer,
     der sich besser mal locker machen sollte? Meine Gedanken rasten im Kreis wie Emerson Fittipaldi.
    »Ist das so in Ordnung für dich?«
    Es war Joseph Boldt, der diese Frage stellte, und sie holte mich zurück auf die Erde. Nein.
    Natürlich war das
nicht
in Ordnung für mich. Nichts war in Ordnung. Die Bilanz meiner letzten Wochen las sich wie ein Katastrophenbericht: Gitta war
     mit Joseph Boldt zusammen, und er hatte ihr nie unter den Rock gegriffen (jedenfalls nicht ohne ihre Erlaubnis). Maria würde
     am Ende des Schuljahres für ein Jahr nach Italien gehen, als Gastschülerin. Mein ganzes Leben würde ich mich daran erinnern,
     dass mein erster richtiger Sex abgelaufen war wie der Einmarsch in Polen und ich mich, wenn es fair zugehen würde, dafür vor
     einem Kriegsgericht verantworten müsste. Bis zum Ende des Schuljahres würde ich Gitta
sehen
müssen und Maria vermissen, und was danach kam, konnte ich mir nicht einmal vorstellen.
    »Kannst du damit leben?«, fragte Gitta nun schon leicht besorgt, weil ich nur vor mich hin starrte und keine Anstalten machte,
     einen Ton zu sagen.
    Das würde man sehen. Dann stand ich auf und verließGittas Wohnung. Schon wieder hatte ich keine Ahnung, wie ich nach Hause finden würde.
    ***
    Brigitte Herrmanns, Berlin
    »Hallo, Brigitte, ich bin’s, Markus Stiltfang.«
    »Markus? Das glaube ich jetzt nicht. Markus! Das ist ja   … äh   … eine Überraschung, von dir zu hören!«
    »Tja, es war nicht ganz einfach, dich ausfindig zu machen. Kein Facebook, kein My Space   …«
    »Ich schätze, dazu bin ich ein wenig zu altmodisch. Ich bin schon froh, dass ich mir eine E-Mail -Adresse einrichten konnte.«
    »Du lebst jetzt wieder in Berlin?«
    »Ja, acht, oder nein, schon fast neun Jahre jetzt wieder. Ich war lange Zeit in Indien und dann ein paar Jahre auf Gomera.«
    »Oh   …«
    »Ja, ich bin rumgekommen. Die letzte Generation bei den Bhagwans habe ich gerade noch so mitgenommen, das ganze Programm mit
     den roten Gewändern und der Mala um den Hals.«
    »Dann hast du doch sicher auch einen neuen Namen.«
    »Hmm, stimmt. Ma Anand Monara.«
    Lachen am anderen Ende der Leitung.
    »Den habe ich aber schon lange nicht mehr benutzt, Markus. Irgendwie bin ich mit diesen Ersatzreligionen fertig. Ich kann
     das nicht mehr ernst nehmen.«
    »Glaube ich dir aufs Wort. Als Lehrerin arbeitest du doch jetzt sicher auch nicht mehr?«
    »Nein, das war vorbei, als ich zurück nach Deutschland kam. Keine Behörde würde doch eine Ex-Sannyasin wieder vor eine Klasse
     stellen. Ich lektoriere Texte für einen kleinenVerlag und halte hin und wieder Personal-Coaching-Seminare. Und dann kellnere ich noch ein bisschen in einer Fraueninitiative
     in Mitte.«
    »Oh. Vielleicht sollte ich dich mal buchen – oder mir einen Kaffee bringen lassen.«
    »Da kommst du gar nicht rein, mein Lieber.«
    »Verstehe. Du, Brigitte, ich muss dich   …«
    »Du kannst mich immer noch Gitta nennen, Markus, so weit waren wir doch schon mal.«
    »Okay, Gitta   … ich muss dich was fragen, ohne dass ich dir vorerst die Hintergründe erklären möchte. Es ist eine Art, nun ja, Experiment.«
    »Das klingt interessant. Frag mich.«
    »Hältst du mich für einen schlechten Liebhaber?«
    »Was?«
    »Na ja   … habe ich irgendwas falsch gemacht bei uns   … mit uns?«
    »Sag mal, bist du sicher, dass du da nicht was durcheinanderbringst? Soviel ich weiß, hatten wir nie Sex miteinander. Ich
     meine, ich erinnere mich weiß Gott nicht mehr an jeden Einzelnen, mit dem ich in meinem Leben geschlafen habe, aber soweit
     ich mich erinnere, war nie ein Schüler von mir dabei. Und unser Problem war doch eher, dass ich NICHT mit dir schlafen wollte,
     äh   … oder es war
dein
Problem, wie immer man es nennen will.«
    »Ich wollte nicht einfach nur mit dir schlafen, ich wollte mit dir zusammen sein, ich war verliebt in dich.«
    »Ja, so wie man das sein kann, wenn man siebzehn Jahre

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