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Der mieseste Liebhaber der Welt

Der mieseste Liebhaber der Welt

Titel: Der mieseste Liebhaber der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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hätte sie ihren letzten Beischlaf noch in der Weimarer Republik hinter sich gebracht.
     Sie war vom ersten Moment an auf Annies Seite. Frau Dr.   Weihrauchhielt unsere Beziehung für gefährdet, denn für sie war regelmäßiger Sex (sie betonte Ssssäxx mit einem sehr weichen S) nicht
     nur ein prima Freizeitvergnügen, sondern eine ganze Menge mehr: die Dichtungsmasse der Partnerschaft, der Zaubertrank jeder
     emotionalen Verbindung, das Schmieröl nachhaltiger Beziehungen. Und sie behauptete, eine Liebe ohne Sex sei auf Dauer nicht
     überlebensfähig. Frau Dr.   Weihrauch kam regelrecht ins Schwärmen, wenn sie von den Vorzügen regelmäßigen Beischlafs sprach, aber für mich klang das,
     als ob der Papst vom Vögeln predigte: Frau Dr.   Weihrauch lebte »momentan« nicht in einer Partnerschaft, wie sie auf Nachfrage gestand. Ich vermute, dass sie in ihren Therapien
     eine Menge sublimierte. Annie wollte ihr trotzdem eine Chance geben. Ich nehme an, sie war froh, dass ich überhaupt bereit
     war, sie auf solch eine Veranstaltung zu begleiten, obwohl ich kein Hehl daraus machte, dass ich unser Leben prinzipiell in
     Ordnung fand. Auch ohne viel Sex. Ich hoffte insgeheim, dass ich für meine Bücher ein paar Anregungen gewinnen würde, und
     ließ Annie und Frau Dr.   Weihrauch hoch und heilig versprechen, niemandem zu verraten, dass der »Frauenflüsterer« jetzt in der Paartherapie festhing.
     Ansonsten hoffte ich, die wöchentlichen neunzig Minuten ohne große Anstrengung zu überstehen. Da wusste ich noch nicht, dass
     Frau Dr.   Weihrauch uns
Hausaufgaben
aufgab.
    ***
    »Das Zeug riecht wie Selleriekompott!«
    »Das ist ganz normales Massageöl, jetzt stell dich nicht so an.«
    »Babyöl wäre mir lieber.«
    »Tut mir leid, dass ich nicht so ausgerüstet bin wie deine Profischlampen.«
    »So habe ich das nicht gemeint. Es ist nur so   … so   …«
    »Glitschig und scharf?«
    »Genau. Irgendwie ja.«
    »Für mich klingt das pervers. Muss ich dich demnächst windeln?«
    »Annie, wegen mir machen wir das hier nicht.«
    »Erst auf den Bauch legen?«
    »Von mir aus.«
    Ich verteilte die Selleriebrühe ohne große Begeisterung auf ihrem Körper und fuhr über ihren Rücken, als würde ich ein Fenster
     ledern. Annie stöhnte leicht genervt.
    »Na, sonderlich begeistert scheinst du ja auch nicht zu sein.«
    »Hör mal, Markus, so eine erotische Massage hat keine Chance, ihrem Namen gerecht zu werden, wenn einer der Beteiligten das
     Ganze offenbar als Pflichtübung auffasst. Du drehst mich hier auf dem Bett hin und her wie ein Grillwürstchen.«
    »Hey, du weißt doch, wie gern ich grille.«
    »Dann stell dir wenigstens vor, ich sei ein Filet!«
    »Rumpsteak, maximal.«
    Dabei griff ich ihr herzhaft in den Allerwertesten.
    »Markus, das ist nicht mal lustig. Und Hunger kriege ich jetzt auch noch.«
    »Sollen wir uns nicht lieber was zu essen machen?«
    »Und hinterher massieren?«
    »Mit Fressnarkose?«
    »Dann vielleicht morgen?«
    »Mal sehen.«
    ***
    »Nette Aussicht   …«
    Annie blickte aus dem 12.   Stock auf die Elbe hinunter.
    »Für 240   Euro kann man das ja wohl auch erwarten.«
    Ich blickte im 12.   Stock auf die Hotelrechnung.
    »Das ist die falsche Einstellung, Markus.«
    »Frau Doktor hat gesagt, wir sollen uns mal ein Wochenende aus unserem normalen Lebensumfeld lösen.«
    »Ja, das ist uns bis jetzt auch schon mal super gelungen – wir haben 150   Quadratmeter mit Garten gegen 15   Quadratmeter mit Zimmerservice eingetauscht und müssen dafür sogar noch draufzahlen.«
    »Jetzt hör doch mal auf, ständig über Geld zu sprechen. Wenn es funktioniert, ist mir der finanzielle Einsatz gleichgültig.«
    »Das hört sich an, als ob wir Laborratten wären.«
    »Jetzt sei doch nicht so voreingenommen, so negativ. Ich dachte, du wolltest dem hier eine Chance geben?«
    »Das ist wie Sex auf Krankenschein, Annie. Dabei fühl ich mich wie der Hanswurst aus der Augsburger Puppenkiste.«
    »Meine Güte, mach dich mal ein bisschen locker. Bestell dir beim Zimmerservice was zu trinken, von mir aus.«
    »Jetzt willst du mich auch noch besoffen machen?«
    »Wenn sonst nichts hilft, müssen wir eben auf die alten Hausmittelchen zurückgreifen.«
    Annie grinste. Das mochte ich so an ihr: Man konnte mitten in einem Streit stecken, aber meine Lebensgefährtin konnte Sekunden
     später wieder lachen. Voller Wohlwollen und guter Laune. Ich liebte diese Frau. Leider begehrte ich sie nicht.
    »Wie findest

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