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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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Oberarm, neben eine daumennagelgroße, verblaßte Impfnarbe. Sie zuckt weg.
    »Was machst du … nein, ich habe keinen Freund«, sagt sie schnell.
    »Du bist dumm, Herzchen … du hättest sagen müssen, du hast einen Freund …. ganz groß und sehr stark, vielleicht hätte ich mich dann zu fürchten begonnen und hätte dich gehen lassen …«, sage ich und lache sie an.
    »Aber, wenn du niemandem fehlst, deine Freundin ist mir egal. Sie wirst du anrufen, dann kannst du ja bei mir bleiben … oder?« sage ich.
    Ihre Augen weiten sich, ein kleines Licht, vom Rand her zur Mitte gewandert, erlischt.
    »Du bist verrückt«, sagt sie leise. Ich drücke die Zigarette aus, greife in die langen, hellen Strähnen.
    »Geh und bring mir ein Bier aus dem Eiskasten«, sage ich und lasse sie los.
    Sie kommt, mit Flasche und Glas, schenkt ein und setzt sich wieder zu mir.
    Ihre Hände zittern stark.
    »Kann ich eine Zigarette haben?« sagt sie.
    »Wie heißt das?« frage ich.
    »Bitte … kann ich eine Zigarette haben«, wiederholt sie leise.
    Ich gebe ihr die Zigarette und Feuer.
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet … tust du es … bitte«, sagt sie dann.
    Sie raucht in kurzen, heftigen Zügen.
    »Was ich mit dir vorhabe? Das wirst du rechtzeitig merken«, sage ich.
    Ihr Körper ist fest und warm unter meinen Händen. Die gequetschte Brustwarze ist stärker angeschwollen. Ich rolle vom Bett, greife in meine Hose und nehme den Springer heraus. Trocken schnappt die Klinge aus dem Metallgehäuse. Sie weicht an die Wand zurück.
    »Komm her«, sage ich. Sie tastet zum Bett, setzt sich und rutscht zu mir.
    »Damit schneide ich dir die Haut in Streifen aus dem Gesicht, wenn du in der Nacht versuchst davonzulaufen.«
    Aus der Brustwarze rinnt ein Blutfaden über ihren Bauch. Sie schreit auf. Mit einer schnellen Bewegung habe ich ihr die Brustwarze in Stücke gespalten.
    »Hol dir ein Handtuch, du versaust den Teppich«, sage ich in ihr Heulen.
    Sie geht, bleibt im Bad. Ich hole ihre Handtasche vom Tisch, leere den Inhalt aufs Bett. Kosmetikkram, Geldbörse, Ausweis, Schlüssel, ein dünnes Notizbuch mit Minikugelschreiber, Zigaretten und ein Feuerzeug, einige Fotos in einem Lederetui, Taschentuch und ein Päckchen Vorverkaufsscheine der Verkehrsbetriebe. Das Notizbuch, Geldbörse, Ausweis und Schlüsselbund lege ich zur Seite, das andere gebe ich in die Tasche zurück. Sie steht in der Tür, sieht mich an. Ihre Wangenmuskeln zucken hysterisch.
    »Du Schwein … du feiges Schwein«, schreit sie und läuft zum Fenster. Ich stoppe sie mit einer Geraden zwischen die Brüste, dumpf schlägt sie am Boden auf.
    Also, wenn nicht im Guten, dann eben …
    An den Haaren schleife ich sie in den Nebenraum. Blanker Bretterboden, einige Kisten in der Ecke, ein zerbrochener Stuhl, Lampentrümmer. Vielleicht ist sie bewußtlos, ihr Kopf poltert auf den Brettern. Ich ziehe im Wohnzimmer den breiten Ledergürtel aus meiner Jeans, dann gehe ich in die Kammer. Sie liegt unverändert.
    Reizvoll gebeulter Mund, hohe Wangenknochen, dichte Wimpern legen Schattenbalken auf die farblosen Wangen. Ein schönes Mädchen. Helmut wird sie mit einem Kumpel nach Frankfurt bringen, das sind zweieinhalbtausend Mark für mich. Wenn jemand im Dancing fragt – das Telefongespräch –, suchen sie einen namens ›Schneider‹. Das Fotoalbum bei der Polizei? Mir fehlen vierzehn Kilo zu meinem Normalgewicht, und ich habe jetzt lange Haare.
    Sie stöhnt auf und dreht sich aus dem Licht.
    »Herzchen …«, sage ich und hocke neben ihr, sie schaut mich an, leer und abwesend.
    »Ich habe dich gewarnt. Jetzt werde ich dich einsperren, und wenn du schreist, komme ich dich besuchen, und dann gibt es jedesmal dasselbe«, sage ich und schlage sie mit dem Gürtel gezählte zwanzigmal auf den Rücken, den Arsch und die Schenkel. Das Leder zeichnet breite Striemen. Sie schreit und bittet, fleht und versucht, sich hinter die Kisten zu retten.
    Dann drehe ich das Licht ab und sperre hinter mir ab …
    ›Satisfaction‹ aus dem Radio. Ich hole mir ein Bier … sie tut mir leid, die Kleine, aber von der Luft kann ich nicht existieren, mit hundertzehn Schilling haben sie mich entlassen, dann acht Tage Polizeigefängnis, wenn mir Mutter nicht tausend Schilling geschickt hätte, wäre ich mit vier Schilling aus dem Knast gekommen. Diesen Hasen übernimmt Helmut sicher. Ich trinke den letzten Schluck Bier, bestelle einen telefonischen Weckruf für acht Uhr früh, dann schlafe ich ein.

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