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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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Bett«, sage ich zu ihr. Sie kriecht an meine Seite und beugt sich. Harry steckt ihr die rote Schote in den After. Sie zuckt, windet sich. Harry zieht die Schote aus ihrem Hintern.
    »Iß«, sage ich zu ihr.
    »Es ist besser, du ißt, er prügelt dich grün und blau, wenn du dich weigerst«, sagt Harry schnell.
    Das Mädchen würgt, dann schluckt sie. Christa sieht vor sich auf ihren Teller.
    »Ekelt dich?«, frage ich das Mädchen.
    »Ja«, sagt sie.
    »Genauso ekelt es eine Frau, die du nicht kennst, vor mir. Aber du mieses Scheißgewächs kannst das nicht begreifen. Wirf sie hinaus!« sage ich zu Harry.
    Das Mädchen kleidet sich hastig an. Harry bringt sie zur Tür.
    »Du bist verrückt«, sagt Christa. Sie ist leichenblaß.
    »Nein, bitte nicht!« schreit sie. Die Ohrfeige wirft sie gegen die Wand. An den Haaren ziehe ich sie hoch. Harry lehnt in der Türe.
    »Nicht mit der Faust, das stört das Geschäft«, sagt er. Ich schlage mit der flachen Hand zu. Harry fängt sie auf.
    Die blutigen Rinnen in meinen Augen irritieren mich beim Rasieren. Christa trocknet mich nach dem Baden ab.
    »Kommst du heim?« fragt sie leise.
    »Kaum«, sagt Harry und öffnet die Wohnungstüre. Er schließt sie hinter mir.
    »Sie hat mir Geld für dich gegeben«, sagt er und legt Scheine in meine Hand.
    »Du fährst in den Club«, sage ich.
    Die Luft ist wie ein Katzenfell.
    Harry winkt einem vorbeifahrenden Taxi.
    »Ja. Kommst du später?« sagt er. Ich nicke. Er steigt in den Wagen.
    Flaschen und Gläser im Spiegel, im seidigen Licht. Im gelben, warmen Schimmer der Lampe neben dem Aschenbecher. Die Bar ist leer. Das Mädchen hinter der Theke schaut hartäugig, bewegt breite Hüften im Gehen.
    »Halb Milch, halb Rum?« fragt sie und schenkt schon ein. Sie weiß es, da ich öfter komme, immer dasselbe trinke. Ich zünde mir eine Zigarette an. Sie liest in einer Zeitung.
     … die trockene Wärme aus dem Gehirn, zum Magen, zu den Armen. Tief sauge ich die abgestandene Luft in mich.
    »Bring mir noch ein Glas«, sage ich. Ich trinke es in einem Zug.
    »Noch eines«, sage ich. Dann sind die Farben gleichmäßig und lebendig tief. Die Musik vom Tonband entspannt mich. Nichts drängt, keine Eile ist in mir. Es ist friedlich und gleichgültig. Und du … du bist jetzt am Rand, gleitest ab an der Peripherie eines Traumes. Ohne Unrast kann ich mich umschauen. Meine Finger klammern nicht mehr um das Glas. Es ist auch nicht mehr wichtig, ein Glas zu halten, zu trinken. Das Weiche ist in mir. Ich verzeihe der Welt und mir alle Scheiße, alle Gemeinheit, alle Angst. Eine Spur Unrast kommt auf, sie ertrage ich spielend. Sie berührt mich nicht.
    »Noch einmal dasselbe«, sage ich und lege Geld auf den Tisch. Ich trinke.
    »Du gehst schon?« sagt sie erstaunt und sucht in den Fächern der Brieftasche nach Wechselgeld für den hohen Schein.
    »Ja«, sage ich, stehe auf und schaue in einen der Spiegel. Über der Straße ist die nächste Bar. Bekannte grüßen. Ich nehme den Hocker an der Wand. Sie gleichen einander, diese Lokale, wie Gefängnisse, sind bunt und verraucht und nichtssagend. Leere, flachgesichtige Menschen sitzen über Gläsern. Sie reden und lachen und haben dann ernsthafte, betrunkene Gesichter. Ich schaue auf die Uhr, so als hätte die Zeit für mich Bedeutung. Sie hat es nicht mehr. Ein früher Abend ist Mittag, ein Vormittag Nacht. Immer länger werden die Phasen ohne Schlaf, ohne Besinnung. Geräusche klopfen im Inneren des Gehirns aneinander. Stunden mahlen im Zeitbrei.
    Irgendwann steige ich in ein Taxi.
    »Fahr mich in den Club«, sage ich zum Fahrer und erkläre ihm den Weg. Ich steige umständlich aus dem Wagen. Ich bin betrunken. Der Platz liegt leer im Staub und flachen Licht. Neben dem Eingang brennt eine Leuchtstoffröhre. Über den dreckigen, roten Teppich gehe ich die Stufen hinunter. Rechts ist die Bar. Neben dem Stiegenaufgang sitzt der Discjockey. Eine kreischende Stimme frißt sich in mein Gehör. Mädchen stehen an der Theke, dahinter zwei Männer und ein kuhäugiges Ding.
    »Rotwein, ein Viertel«, sage ich in die Kuhaugen und gebe den Männern die Hand. Harry ist nicht zu sehen. Er ist sicher im Hinterzimmer bei den Spielautomaten. Ich lasse mich auf einen der großen, roten, mit Plastikabfall gefüllten Polster fallen. Die Gläser häufen sich. Das Halbdämmer des Raumes überzieht mich wie ein Leichentuch.
    ›Hinter vielen, vielen Schichten, vielleicht unerreichbar, vielleicht doch zerstört, bist du der Mann,

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