Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
Vom Netzwerk:
fraunke Oide, und du waßt eh wia de san … du kriagst oba no a Göd von mia … drei Blaue«, sagt er hastig. Es ist ihm unangenehm, oder will er bloß nicht? Er weiß natürlich längst, daß ich gesucht werde.
    Er kommt aus einem Zimmer.
    »Du, i hob nua Zwatausendviahundat … mochts da wos«, sagt er und sieht mich unsicher an.
    Ich müßte ihm eine in die Schnauze klopfen.
    »Gib her«, sage ich und gehe. Die üblichen Lokale, die lang geöffnet haben, kann ich vergessen. Dort sitzen Bullen oder Konfidente. Ich stehe neben dem Wagen und überlege … Helga – sie hat mir ihre Adresse irgendwo auf einem Zettel aufgeschrieben. Ich suche im Handschuhfach. Zerdrückt liegt er neben Kaugummi und Zigarettenschachteln. Praterstraße 43, Tel. 24 65 …
    Aus einer Telefonzelle in der Augartenstraße rufe ich an.
    »Hallo«, sagt sie ungläubig, »du?«
    »Ich brauche eine Bleibe, ein paar Tage«, sage ich.
    »Komm«, sagt sie.
    Sie wartet im Haustor und hat eine starke Cognacfahne.
    Ich schenke mir ein Glas ein, werfe mich auf eine Couch. Sie hantiert in der Küche,
    »Magst du auch etwas essen«, sie schiebt den Vorhang zur Küche weg.
    »Nein«, sage ich.
    Dann sitzt sie mir gegenüber, ißt Harm and Eggs und erzählt Tratsch vom Cafe Biedermeier.
    Auf dem Plattenspieler drehen sich Beatlesnummern, der Cognac entzieht dem Nachher das ungute Gefühl des Unvermeidlichen. Sie sitzt neben mir, knöpft mein Hemd auf, dann nuckelt sie um meine Brustwarzen. Ich schäle sie aus der Wäsche.
    »Fick mich in den Arsch«, sagt sie. Ich rühre ohne Begeisterung im engen Kacker, dann fließe ich. Gedankenlose Zärtlichkeiten küsse ich müde in ihre Haut, den Mund, die scharfriechende Spalte, die Handflächen, erschöpft spüre ich Hände, dann nichts mehr.
    Ein Halbschlaffick, ein Glas Cognac, das Tageslicht mündet undeutlich in meinen Augen.
    »I steh auf di«, sagt sie und geht Kaffee kochen. Ich zünde eine Zigarette an. Der Geschmack im Mund, als hätte ich Scheiße gekaut. Der Ekel ist dicht und erbarmungslos. Ich stehe im Bad, spucke gegen den Spiegel. Der Speichel baumelt am Glas.
    »Was machst du denn«, sagt sie von der Tür.
    »Ich habe versucht, ob ich es spüre, wenn ich mir im Spiegel ins Gesicht spucke«, sage ich.
    »Na und«, sie lacht, »hast du es gespürt?«
    »Nein«, sage ich … ›ja‹ sagt jemand, aber ich höre nicht hin.
    »Ich brauche Geld«, sage ich. Sie gibt mir zweitausend.
    »Bleibst du da«, fragt sie und spielt mit meinen Fingern.
    »Nein«, sage ich, »gestern hab’ ich Glück gehabt, das möchte ich nicht strapazieren.« Ich nehme das Telefon, lege mich auf das Bett.
    »Jetzt halt den Mund«, sage ich und wähle.
    »Mein Gott! Ich hab’ schon solche Angst gehabt. Wo bist du denn?« sagt meine Frau verzerrt.
    »Bei einem Freund … ich bin beim Frühstücken … bleibst du zu Hause?« sage ich.
    »Ja … um eins fahre ich mit der Kleinen in den Prater zum Konstantinhügel«, sagt die Frau.
    »Ich komme hin. Beim Teich finde ich euch schon«, sage ich und lege auf.
    »Ist sie das«, sagt Helga.
    »Nein, sie ist es nicht, aber sie ist mir jetzt wichtig, verstehst du«, sage ich laut.
    »Dann schlaf doch bei ihr«, sagt sie und kann der Ohrfeige nicht mehr ausweichen, dann geht sie zum Fenster.
    »Ich schlafe bei dir … ich brauche Geld … ja, ich weiß, du warst lieb zu mir und jetzt gehst du … wer scheißt sich schon um mich … wer … Ansprüche – kriegst eine aufs Maul … oba is jo Wuascht, bei ana Hua … i steh jo trotzdem auf di …«, sagt sie dann im Dialekt, leise und weich und hoffnungslos.
    Ich springe durch das Treppenhaus, steige ins Auto. Gebe den Wagen zum Waschen und Tanken. Ich blättere in Zeitungen. Schaue plötzlich im Spiegel der Seitenwand in ein blasses Gesicht zwischen schwarzem, stumpfem Haar.
    Nervöse Finger streichen über eine gefaltete Zeitung. Die Serviererin kippt mir den Aschenbecher über die Hose, klopft unter hundert Entschuldigungen an mir herum. Verschreckte Augen beruhigen sich in einem Lächeln.
    »Am Knie ist noch etwas Asche«, sagt sie.
    Ich streife den Dreck weg.
    »Gut so!« sage ich. Sie nickt. Ich setze mich zu ihr. Die Zeitung fällt zu Boden. Ein Ring rollt zum Nebentisch. Ein schmaler, glatter Ehering. Ich hebe beides auf. Sie steckt den Ring in ein Seitenfach der Handtasche.
    »Haben Sie etwas zu tun«, sage ich.
    »Ja, ich warte auf den Zug nach Hainburg. Ich möchte nach Hause fahren«, sagt sie und sieht auf die Uhr.
    »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher