Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
Er geht momentan durch die Hölle, und ich muss wieder zurück ins Krankenhaus.« Rachen nickte nur, verstand aber nichts.
Nun saßen sie in Bangkok in einer fremden Küche, in einer fremden Wohnung, und schwiegen. Li war gefüttert und schlief.
»Ich bin so froh, dich zu sehen«, brach Rachen das Schweigen.
Marc sah auf und erwiderte: »Ich auch, mein Kleiner, ich auch. Ich werde dir alles erzählen, aber bitte nicht jetzt, nicht heute.«
»Rachen«, er nahm seine Hand, »es tut mir alles so leid, aber ich hatte einfach keine Hoffnung mehr.« Rachen legte ihm seinen Finger auf die Lippen und versuchte, ihn zu beruhigen.
Rachen deckte Marc zu und streichelte ihm über seine Wange. Er war nun endlich eingeschlafen. Erschöpft war er in einen tiefen Schlaf gefallen. Rachen stand langsam auf und ging zu Li. So ein kleines zerbrechliches Wesen hatte er noch nie gesehen. Aber die Kleine schien sich wohlzufühlen.
Er saß wieder in der Küche und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Wer war das Kind? Wer war gestorben? Denn so viel hatte er mitbekommen, jemand war tot. Endlich hörte er einen Schlüssel im Schloss. Aisun betrat die Wohnung.
»Marc schläft«, mehr konnte Rachen nicht sagen.
Aisun setzte sich neben ihn und lächelte ihn an. Dann begann er zu sprechen: »Du bist also …«, er überlegte, wie er es nennen konnte, »du bist also ein Freund von Marc?«
»Ja«, meinte der, »ich hoffe es zumindest. Ich habe ihn wochenlang gesucht.«
»Ich kenne Marc erst seit ein paar Tagen, Rachen. Ich weiß nichts über ihn. Außer, dass er ein außergewöhnlicher Mensch ist. Und er befindet sich in einer furchtbaren Situation.«
»Was ist denn passiert?«, fragte er zögernd.
Und Aisun erzählte Rachen die ganze Geschichte mit Tia, Li und Marc. Als er fertig war, konnte Rachen es kaum fassen.
»Er muss ja Furchtbares durchgemacht haben. Nach der ganzen Geschichte in Europa …«
»Was war in Europa?«, fragte Aisun zaghaft.
Rachen überlegte kurz, ob er diesem fremden Mann alles erzählen sollte. Aber er fand keinen Grund, es nicht zu tun. So saßen sie bis weit nach Mitternacht in dieser kleinen Küche, vor deren Fenster Marcs geliebter Fluss verlief. Rachen erzählte ihm aus Marcs Leben.
Li meldete sich. Schnell holte Rachen die Kleine aus ihrem Bettchen und brachte sie in die Küche. Er wollte, dass Marc weiterschlief. Aisun brachte ihm das Milchpulver und das Fläschchen. Sie bereiteten schnell alles zu. Dann setzte er sich wieder mit Li im Arm an den Tisch und begann, sie zu füttern.
»Ja, und als mich Willma, Marcs beste Freundin, aus Deutschland anrief, begannen wir, ihn zu suchen. Niemand wusste, wo er war. Außer einem Zettel, auf dem er schrieb, dass man ihn in Ruhe lassen solle, da er Zeit für sich brauche, hatte ich nichts in der Hand.«
Li beschwerte sich, weil sie den Aufsatz ihrer Flasche verloren hatte. Gierig saugte sie weiter, als Rachen die Flasche wieder zum Mund führte. Aisun lächelte: »Die Kleine hat immer enormen Hunger!« Dann blickte er Rachen lange an. Man merkte, dass eine Frage in ihm brannte. Endlich fasste er den Mut, sie zu stellen: »Rachen, warst du mit Marc befreundet oder …« Wieder entstand eine länger Pause.
Rachen beendete die Frage: »… oder waren wir ein Paar?«
Aisun antwortete mit einem Blick.
»Ich weiß es nicht, Aisun. Ich weiß es wirklich nicht. Ich liebe Marc. Schon sehr, sehr lange. Aber eine gemeinsame Beziehung? Dafür war die Zeit noch nicht reif!« Rachen schluckte. Er trat zu Aisun und streichelte das Baby, das glücklich an seiner Flasche saugte.
Nachdem sie Li wieder ins Bett gebracht hatten, wählte Rachen die Nummer von Willma.
»Ja, ich habe ihn gefunden … Nein, ich glaube schon, dass er gesund ist.« Er wurde mit Fragen zugeschüttet. Willma ließ ihm kaum die Möglichkeit zu antworten. Natürlich verstand er, dass sie alles wissen wollte. In den letzten Monaten hatten sie oft miteinander gesprochen.
»Schreib die Adresse auf und komm morgen direkt vom Flughafen mit dem Taxi hierher.« Er gab ihr Aisuns Adresse durch, verabschiedete sich und legte auf.
Aisun hatte ihn während des gesamten Telefonats beobachtet. »Hast du Probleme?«, fragte er vorsichtig.
»Nein. Ach so, das war Willma, sie ist gerade in Deutschland am Flughafen, auf dem Weg nach Bangkok. Sie wird morgen Mittag ankommen.«
Rachen stand auf und kontrollierte, ob Li in ihrem Bettchen schlief. Zurück in der Küche, sagte er: »Willma will Marc so bald wie
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