Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
kommst?«
»Es, es tut mir leid. Ich hab nicht daran gedacht, ich hatte eine Nachricht von Rachen auf der Box und … Und dann habe ich mit Eva telefoniert. Marc ist …«
Er unterbrach sie barsch: »Und um mich anzurufen, war keine Zeit?«
»Entschuldige, ich war so in Gedanken …« Sie kam zu Simon und wollte ihm einen Kuss geben, er wich zurück. »Was ist denn mit dir?«
»Das könnte ich ebenso dich fragen, hast du heute Abend auch nur ein einziges Mal an mich gedacht?«
»Hör mir doch zu, Marc ist in Bangkok!«
Simon antwortete ihr nicht. Sie wurde lauter. »Rachen hat ihn gefunden, er ist in Bangkok. Zum ersten Mal wissen wir, wo er ist. Weißt du, was das bedeutet?«
»Dass es ihm ja ganz gut zu gehen scheint und ihr euch umsonst Sorgen gemacht habt?«, sagte Simon resigniert.
»Wir wissen doch gar nicht, wie es ihm geht oder was er tut!«
»Er sitzt in der Sonne und lacht sich kaputt beim Gedanken …«
»Simon, hör auf! Das ist echt nicht fair.«
»Was ist denn schon fair? Dass ich meine Freundin mit einem anderen teilen muss? Und was hast du jetzt überhaupt vor?«
»Ich fliege morgen nach Thailand.«
»Wie bitte?«
»Rachen ist schon auf dem Weg dorthin, und ich fliege morgen nach«, sie sprach jetzt leiser.
»Und wie stellst du dir das vor? Meinst du, du bekommst so schnell frei? Wie lange hast du überhaupt vor, dort zu bleiben?«
»Ich habe schon mit meinem Chef gesprochen, und ich kann mir eine Woche freinehmen.«
»Wie schön, du hast also alles schon geklärt. Freut mich, dass ich offensichtlich der Letzte bin, der es erfährt. Du hast doch nur eine Woche Urlaub, und die hatten wir beide schon verplant«, er sah sie herausfordernd an, »oder nicht?«
»Simon, ich muss nach Bangkok, versteht du das nicht?«
»Das heißt dann wohl, unser Urlaub ist abgesagt?«
»Ich muss nach Bangkok«, wiederholte sie flüsternd, ihr Blick war zu Boden gerichtet. »Marc ist mein bester Freund. Ich habe mich jetzt wochenlang gefragt, wo er ist und wie es ihm geht, ich muss nach Bangkok fliegen. Ich muss ihn sehen.«
Simon stand auf. »Ach ja? Du musst zu deinem besten Freund? Und wer bin ich?«
»Bitte …«
»Nein, entscheide dich, entweder er oder ich. Aber so mache ich sicher nicht weiter. Ich habe es satt, für dich nur die Nummer zwei zu sein.«
Willma sprach kein Wort.
»Entweder er oder ich, überleg es dir.«
»Stell mich bitte nicht vor die Wahl. Ich muss einfach nach Bangkok fliegen. Ich muss sehen, dass es ihm gut geht. Kannst du das denn gar nicht verstehen?«
»Ihm nach Bangkok nachzufliegen, ist dir also wichtiger als unsere Beziehung? Wichtiger, als mit mir Zeit zu verbringen?«
Willma atmete tief durch, bevor sie ihn ansah und sagte: »Ja, vielleicht hast du recht, im Moment ist mir das wichtiger.«
Simon stand auf und verließ die Wohnung. Erst später sah sie, dass er seinen Schlüssel zu ihrer Wohnung an die Garderobe gehängt hatte. Sie wusste, es war nicht Simons Schuld, sie wusste, dass er zum Teil recht hatte. Aber sie konnte nur so handeln. Über alles andere würde sie später nachdenken. Sie begann zu weinen.
8.
Rachen kam den Gang entlanggelaufen. Diese Situation war so unwirklich. Er sah so besorgt aus, dass Marc das Gefühl hatte, ihn trösten zu müssen.
»Hallo Rachen!« Er nahm ihn kurz in seine Arme und erklärte ruhig: »Das ist Li. Für sie bin ich ab heute verantwortlich, und sie wird wichtiger sein als mein ganzes Leben vor dem heutigen Tage.« Rachen war verwirrt.
»Und das ist Aisun.« Aisun verbeugte sich mit Achtung, und Rachen tat es ihm gleich.
»Hallo Rachen, ich bin ein Freund von Marc.« Rachen musterte Aisun sehr genau.
»Ich will hier raus«, meldete sich Marc. »Bitte bringt mich hier raus.« Plötzlich konnte er sich kaum noch auf den Beinen halten. Die gesamte Farbe wich aus seinem Gesicht, und er wirkte, als ob er jeden Moment zusammenbrechen würde.
Kurzerhand erklärte Aisun, dass sie alle mit zu ihm nach Hause gehen sollten. Das Krankenhaus sei nicht der richtige Ort, und er wolle ihnen helfen. So packte Aisun die wichtigsten Dinge zusammen, meldete sich kurz im Krankenhaus ab und brachte sie zu sich nach Hause. Rachen fragte kein einziges Mal, was los war. Er spürte, dass irgendetwas Schlimmes passiert sein musste. Aber er war froh, Marc endlich gefunden zu haben. So trottete er hinter den beiden Männern und dem Baby her in Aisuns Wohnung.
»Rachen, ich kenne dich nicht, aber ich bitte dich trotzdem, auf Marc aufzupassen.
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