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Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Titel: Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Altmann
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Sie wirkte im Tod genauso fragil wie im Leben. Nun musste er sich von ihr verabschieden. Vorsichtig näherte sich Marc Tia. Ein letzter Blick in dieses traurige Gesicht. Flüsternd versprach er ihr ein letztes Mal, sich um Li zu kümmern. Dann verließ er den Tempel und trat mit seiner Tochter im Arm in die grelle Sonne. Er war verwundert. Die Welt drehte sich weiter, als wäre gar nicht geschehen.
    Als hätte sie alles mitbekommen, war Li die ganze Zeit ruhig auf seinem Arm gesessen. Aus ihren Kinderaugen beobachtete sie interessiert die Zeremonie. Er drehte sich um und sah in die Gesichter seiner kleinen Familie. Sie alle standen ihm heute bei. Willma, die Frau, die so selbstverständlich immer zu ihm hielt. Aisun, der sich so aufopferungsvoll um alles kümmerte, und Rachen. Ihm wurde erst jetzt klar, wie sehr er ihn vermisst hatte. Er fühlte sich wie nach einem anstrengenden Match. Die ganze Anspannung ließ nach, und er spürte jeden Muskel in seinem Körper. Eine unheimliche Müdigkeit stieg in ihm auf. Er konnte kaum mehr sprechen: »Ich glaube, ich muss mich hinlegen«, entschuldigte er sich. »Ich brauche jetzt ein wenig Ruhe.«
    Als Marc erwachte, lag Li neben ihm. Es war dunkel und schwül. Er hörte Aisun in der Küche arbeiten. Marc stand auf und ging zu ihm. Vorsichtig legt er dem Arzt die Hand auf die Schulter. »Danke«, flüsterte Marc leise. »Danke für alles.«
    Aisun befreite sich aus seiner Berührung und setzte sich. »Komm zu mir, ich möchte mit dir reden.«
    Verwundert über die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme setzte sich Marc und blickte ihn erwartungsvoll an.
    »Marc, du musst dich mir nicht verpflichtet fühlen. Du musst jetzt an dich denken – und an deine Tochter.«
    Aisun klang zwar vernünftig, aber Marc merkte, dass es ihm sehr schwerfiel. Er nahm ihn an der Hand und zog ihn an sich.
    »Aisun. Dich zu kennen, grenzt fast an ein Wunder. Du hast recht. Ich bin von allem in meinem Leben überfordert, aber eines weiß ich ganz genau, du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben.«
    »Ich denke, ich werde mit Li nach Samui fliegen und dort warten, bis die endgültigen Papiere für die Adoption fertig sind. Weißt du, Aisun, Samui ist meine Heimatinsel, und dort habe ich meine kleine Familie, und dort werde ich über mein weiteres Leben nachdenken können. Alles ist so schnell passiert.«
    Aisun unterbrach ihn: »Aber vergiss dabei nicht dich selbst, nicht dein Leben, Marc. Nur wenn du mit dir selbst ins Reine kommst, kannst du auch für jemanden anderen da sein.«
    Marc merkte sich diesen Satz. Aisun hatte ihm etwas sehr wichtiges über ihn selbst verraten, auch wenn er den Sinn des Gesagten noch nicht fassen konnte.
    »Wo ist denn Rachen? So lange kann man doch nicht zum Wickeln brauchen! … Kommt Mary euch abholen?«, fragte Willma.
    »Klar, meine Kleine.« Marc lächelte sie an.
    »Ach, Marc, wie gerne würde ich jetzt mit euch nach Samui fliegen. Aber ich muss zurück. Die im Krankenhaus drehen sonst durch.«
    »Willma. Ich liebe dich, und ich habe dir versprochen, dass wir uns bald wiedersehen.«
    Rachen kam auf sie zu. Er und Li hatten viel Spaß, so wie er mit der Kleinen durch die Flughalle stolzierte. Li juchzte vor Vergnügen. Ihr gefielen die rollenden Koffer und die Hektik in der Abflughalle. Tränen flossen dann bei den Erwachsenen bei der Verabschiedung. Dann trennten sich ihre Wege. Für Willma ging es Richtung Westen und für Rachen, Marc und Li in den Süden.
    »Ich habe es ihnen schon gesagt, mein Vater ist nicht mehr mein Manager. Wenn die Werbekampagne abgesetzt wurde, ist das Ihre Sache. Wir haben einen Vertrag, alles andere interessiert mich nicht.« Marc legte wütend auf. Sie haben ihn zusammengeschlagen, sie haben ihn aus seiner Mannschaft geschmissen und jetzt wollen diese Arschlöcher aus der Agentur nicht zahlen. Es führte kein Weg daran vorbei. Er musste wohl oder übel zurück nach Europa.
    Mary bog gerade mit Li um die Ecke. Sie ging ganz in ihrer Mutterrolle auf, und Marc musste lachen. Wenn er nicht wüsste, dass Marys Brüste nicht echt waren, hätte er schwören können, dass sie, seit er hier mit Li angekommen war, Milch produzierten. Sie fütterte die Kleine, wechselte die Windeln, wusch die Babysachen.
    »Mary, wenn du so weitermachst, ist es mit deiner Karriere auf den Brettern, die die Welt bedeuten, aus.«
    »Warum?«, fragte Mary unschuldig.
    »Na ja, deine Ausstrahlung ändert sich drastisch in der letzten Zeit. Als ich ankam,

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