Der Moderne Knigge
Dame, deren Bekanntschaft man eben gemacht hat, gebeten, eine Kleinigkeit für sie am Totalisator zu setzen, so sage man, das sei zu wenig und entferne sich beleidigt.
Wird man von einer ähnlichen Dame nicht aufgefordert, eine Kleinigkeit für sie zu verwetten, sondern gebeten, in das Zimmer eines berühmten Hotels zu kommen, wo man noch einige Herren der besten Gesellschaft finden wird, so sage man, man sei selbst Falschspieler, namentlich wenn man es nicht ist.
Man gebe auf den Sommerpaletot Acht, besonders wenn man die üble Gewohnheit hat, die gespickte Brieftasche im Paletot zu tragen. Denn die meisten Paletotmarder sind Stammgäste der Rennplätze.
Ist man ein Bürgerlicher und einem Adeligen eine größere Summe schuldig, so glaubt jeder das Gegenteil. Ist nun der Adelige der Schuldner und trifft man ihn auf dem Rennplatz, so grüße man ihn nicht, da er nicht wiedergrüßen würde.
Ein sehr beliebter Sport ist auch die
Angelfischerei.
Zu dieser gehört ein fischreiches Gewässer, etwas Geduld, eine Angel, viel Geduld, Köder und noch mehr Geduld. Fischt man selbst, so beneidet man den, der zusieht, weil der Zuschauer fortgehen kann, wenn es ihm beliebt, aber nicht fortgeht. Ob man nun Fischender oder Zuschauer sei, einerlei, man höre nicht die Bemerkungen der Vorübergehenden, weil sie gewöhnlich sehr beleidigender Natur sind.
Hat man nach dreistündigem Fischen noch nichts gefangen, so verliere man die Geduld nicht, sondern versuche es noch eine vierte Stunde. Hat man auch dann noch nichts gefangen, so schelte man auf die dummen Fische und gehe nach Haus. Dann hat man zum Vergnügen geangelt.
Will man sich zu Hause nicht auslachen lassen, so kaufe man bei einem Fischhändler keine geräucherten Fische.
Findet man an der Angel einen alten Schuh, so ist dies zwar ein Pech für den Angler, aber ein Glück für den Fisch, der an Stelle des Schuhs hängen könnte, und damit muß man sich trösten.
Ist man nicht Jäger, hat aber in einem unbewachten Augenblick, Jäger zu sein, behauptet und wird nun zur
Jagd
eingeladen, so nehme man die Einladung mit Begeisterung an und sage dann ab. Auf diese Weise entgehen die Treiber am einfachsten der Gefahr, angeschossen zu werden.
Hat man aber der Einladung Folge geleistet, so giebt es kein besseres Mittel gegen fahrlässige Tötung oder Körperverletzung als größte Vorsicht, welche darin besteht, daß man die Jagd mit nichtgeladener Flinte mitmacht.
Übt man diese Vorsicht nicht, so gebe man keinen Schuß ab. Denn der Sonntagsjäger hat zwar ein außerordentliches Geschick, den Dank der jagdbaren Tiere zu erwerben, aber auch das, sich selbst zu verwunden, wofür man durch den Dank der Tiere nicht entschädigt wird. Für alle Fälle studiere man das Werk »Über den Umgang mit Flinten«, wenn ein solches zu finden sein sollte.
Bevor man auf die Jagd geht, lasse man sich in einer Wildhandlung so viele Tiere reservieren, als man mit nach Hause zu bringen versprochen hat. Man thue dies, weil die Wildhandlung sonst vielleicht ihren ganzen Vorrat ausverkauft haben kann, wenn man von der Jagd kommt.
Hat man das Gefühl, Sonntagsjäger zu sein, so bleibe man diesem Gefühl treu, denn dies ehrt den Mann. Man präge sich dann vor dem Aufbruch zur Jagd genau das Bild eines Ochsen, eines Hammels, eines Hundes und einer Ziege ein, um nicht in die Lage zu kommen, eines dieser nützlichen Tiere über den Haufen zu schießen.
Keinenfalls erzähle man den Genossen Jagdgeschichten, da solche schon allen bekannt sind, weil sie sie bereits selbst erfunden haben. Das Wort »erfunden« ist ein höflich umschreibendes. Jedenfalls sei man im Erzählen überaus vorsichtig. Man trage z. B. keine einzige Jagdgeschichte vor, welche im Münchhausen zu finden ist. Löwen- und Elefantenjagden lasse man ganz aus dem Spiel. Auch Jagden auf Walfische und Lämmergeier.
Hat man keine Gelegenheiten, Jagden beizuwohnen, ohne die Lust am Jagen bändigen zu können, so widme man sich der häuslichen Jagd, durch welche man sich ungemein nützlich machen kann. In erster Linie sind hier die Jagden auf Ratten, Mäuse, Schwaben, Fliegen und Wanzen im Innern des Hauses und solche auf Raupen, Schnecken und Maulwürfe im Garten, wenn man einen besitzt, zu nennen. Hier hat man außer anderen Vorteilen den, daß man durch keine Schonzeit beschränkt ist. Natürlich bediene man sich auf diesen Jagden keiner Feuerwaffe.
Der Sommer ist die eigentliche Blütezeit
des Zweirades.
Man radle also nicht,
Weitere Kostenlose Bücher