Der Modigliani Skandal
in einer Komödie haben, richtig?«
»Ja.« Samantha blickte zu Ruskin. »Tut mir leid, daß ich an Ihrem Manuskript so herumkrittele. Lassen Sie mich noch ein bißchen länger darüber nachdenken, ja?«
Joe sagte: »Ja, geben Sie uns noch ein paar Tage, okay, Willy? Sie wollen doch Sammy in Ihrem Film haben.«
»Sicher«, sagte Ruskin. »Für die Rolle der Viola ist Miß Winacre die ideale Besetzung. Aber, wissen Sie, ich habe ein gutes Drehbuch und möchte den Film von der Startrampe kriegen. Ich werde mich schon bald nach Alternativen umtun müssen.«
»Wissen Sie was? - Sprechen wir doch noch mal in einer Woche darüber, einverstanden?« fragte Joe.
»Gut.«
Samantha sagte: »Joe, da sind noch ein paar Dinge, über die ich mit dir sprechen möchte.«
Ruskin erhob sich. »Vielen Dank, daß Sie sich die Zeit genommen haben, Miß Winacre.«
Er ging hinaus, und Joe setzte seine erloschene Zigarre wieder in Brand. »Kannst du verstehen, daß ich mich wegen dieser Geschichte frustriert fühle, Sammy?«
»Ja, das kann ich.«
»Ich meine, gute Skripte sind selten, sehr selten sogar. Zu allem hattest du mich auch noch gebeten, für dich eine Komödie zu finden. Nicht etwa irgendeine Komödie, o nein. Sondern eine moderne Komödie, die für die Kids attraktiv ist. Ich finde eine, mit einer wunderschönen Rolle für dich - und du beklagst dich darüber, daß sie keine Botschaft hat.«
Sie stand auf, trat zum Fenster und blickte hinaus auf die schmale Straße in Soho. An der Bordschwelle parkte ein Lieferwagen, der den Fahrdamm versperrte und den Verkehr blok-kierte. Ein Autofahrer war ausgestiegen. Er schrie auf den Fahrer des Lieferwagens ein, der ihn jedoch ignorierte und ungerührt Kisten voll Papier in ein Büro trug.
»Sprich nicht so, als ob nur in avantgardistischen Off-Broadway-Stücken so etwas wie eine Botschaft zu erwarten ist«, sagte er. »Ein Film kann etwas aussagen und trotzdem ein kommerzieller Erfolg sein.«
»Nicht sehr oft«, sagte Joe.
» Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, In der Hitze der Nacht, Der Detektiv, Der Letzte Tango in Paris.«
»Keiner von ihnen hat soviel eingespielt wie The Sting.«
Samantha drehte dem Fenster den Rücken zu, machte eine unwillige Kopfbewegung. »Wen, zum Teufel, interessiert das? Es waren gute Filme, und sie waren es wert, gedreht zu werden.«
»Ich will dir sagen, wen das interessiert, Sammy. Die Produzenten, die Drehbuchautoren, die Kameraleute, die Kinobesitzer, die Platzanweiserinnen und nicht zuletzt den Verleih.«
»Ja«, sagte sie resignierend. Sie nahm wieder Platz, saß eigentümlich schlaff. »Kümmerst du dich bitte darum, daß der Anwalt etwas für mich tut, Joe? Er soll so eine Art Vereinbarung schriftlich fixieren. Da ist ein Mädchen, daß für mich als Dienstmädchen arbeitet. Ich will, daß sie das College besucht. In dem Vertrag soll stehen, daß ich ihr drei Jahre lang pro Woche dreißig Pfund zahle unter der Bedingung, daß sie ihrem Studium nachgeht und während der Ferien für mich arbeitet.«
»Verstehe.« Er notierte sich die Einzelheiten auf einem Schreibblock. »Das ist eine überaus großzügige Handlungsweise, Sammy.«
»Ach was.« Joe warf ihr einen verblüfften Blick zu, zog die Augenbrauen hoch. Samantha fuhr fort: »Sie hatte die Absicht, zu Hause zu bleiben und in einer Fabrik zu arbeiten, um was für den Lebensunterhalt der Familie zu verdienen. Sie hat die Qualifikation fürs Universitätsstudium in der Tasche, aber die Familie ist darauf angewiesen, daß sie was verdient. Es ist ein Skandal, daß sich jemand in einer derartigen Lage befindet, während es Menschen gibt, die soviel verdienen wie beispielsweise du und ich. Schön, ihr wird nun geholfen werden, aber was ist mit den vielen Tausenden anderen Kids in einer vergleichbaren Situation?«
»Du kannst nicht sämtliche Probleme der Welt allein lösen, Honey«, sagte Joe mit einem unüberhörbaren Hauch von Überheblichkeit.
»Red bloß nicht so blöd von oben daher«, fuhr sie ihn an. »Ich bin ein Star - ich sollte das Zeug dazu haben, Menschen von diesen Dingen zu erzählen. Ich sollte es von den Dächern schreien - es ist nicht fair, dies ist keine gerechte Gesellschaft. Warum kann ich keine Filme machen, die genau diese Botschaft haben?«
»Aus allen möglichen Gründen - von denen einer der wäre, daß du keinen Verleih finden würdest. Wir müssen Filme produzieren, die aufregend sind - oder das Publikum happy machen. Unsere Aufgabe besteht darin, die
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