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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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man im Geheimen Rat Überlegungen anstellte, was bei einer etwaigen Eroberung Weimars durch die französischen Truppen wohl zu tun sei. Er bot Lewis an, bei weiterem Vorrücken der Franzosen ihn seiner Dienste zu entledigen, und stellte ihm frei, jederzeit abzureisen. Auch müsse sich dieser im Klaren sein, dass es möglicherweise zu einem Krieg zwischen Frankreich und England kommen könne, in welchem Falle ihm eine Abreise sogar dringend anzuraten sei.
    Lewis dankte Voigt, versicherte diesem aber seine Loyalität, solange es ihm möglich war.
    Ablenkung von den Weltereignissen fand er bei den Treffen, den Bällen, den Soupers und Konzerten, welche die Herzoginmutter bei Hofe gab. Am ersten Abend, den Lewis im Wittumspalais verbringen sollte, bot sich wie schon zuvor Wieland als Begleiter an. Es sollte ein Treffen der sogenannten Tafelrunde sein, zu der Anna Amalia regelmäßig einlud und bei der die neuesten Dichtungen gelesen und besprochen wurden, wie man sich auch im Malen und Zeichnen übte. In der Tasche seines Rockes barg Lewis die englische Übersetzung einiger Strophen des Oberon ,die er fertiggestellt hatte und Wieland am heutigen Abend überreichen wollte.
    Als sie durch das eiserne Gittertor fuhren, das sich zwischen zwei mit steinernen Vasen verzierten Pfeilern öffnete, grunzte Wieland mit unterdrücktem Lachen. „Nehmen Sie besser den Hut ab, junger Lewis!“
    Lewis sah nach draußen. „Ist die Herzoginmutter gekommen, um uns zu begrüßen?“
    „Nein“, sagte Wieland, „aber wir sind auf heiligem Boden.“
    „Wie das?“, fragte Lewis. „Das Palais ist weltlicher Besitz.“
    „Schon, aber es steht auf dem Grund eines Franziskanerklosters. Neben der Einfahrt können Sie noch Überreste des Gemäuers sehen.“
    „Oh“, entgegnete Lewis und stieg aus, als die Kutsche endlich hielt. Er wartete auf Wieland.
    „Treten Sie nicht allzu fest auf“, warnte der, als sie zur Pforte des Palais gingen.
    „Ist etwas mit dem Pflaster?“
    „Damit nicht – eher mit dem, was darunterliegt. Dieser Hof ist der ehemalige Kirchhof der Franziskaner. Sie wollen doch nicht den Zorn eines alten Klosterbruders auf sich ziehen, oder?“
    Lewis verzog das Gesicht. „Nicht, wenn es sich irgend vermeiden lässt. Lassen Sie uns schnell hineingehen.“
    Wieland ging langsam und gemächlich hinter Lewis her, der erst wieder aufatmete, als er in den Schatten des Eingangs trat. Im Palais konnte sich Lewis davon überzeugen, dass dies alles wesentlich prächtiger war als in Tiefurt. Bilder, Leuchter und Statuen leuchteten und blitzten von den Wänden und aus Ecken heraus. Das Tafelrundenzimmer selbst war schlichter ausgestattet, als solle hier nichts von den geistigen Gesprächen ablenken.
    Hier hatten sich um den Tisch schon einige Herrschaften versammelt, und sie erhoben sich nun und begrüßten die Neuankömmlinge. Lewis fühlte sich sehr an den Abend in Tiefurt erinnert und ließ sich ohne Aufregung in die Vorstellungen und Gespräche treiben. Er lernte den Kammerherrn der Herzoginmutter kennen, Friedrich Hildebrand von Einsiedel auf Scharfenstein, einen gestreng wirkenden Herrn mit dunklem Uniformrock und Epauletten, der eine Schwäche für das Würfelspiel hatte, stets Würfel in der Westentasche bei sich trug und auch sogleich mit Lewis paschen wollte, bis ihn Bode davon abhielt. Daraufhin stritten die beiden in halb amüsiertem Ton, wer besser musizieren könne, Bode auf der Violine oder Einsiedel auf dem Violoncello. Schließlich kamen sie umhin, dass keiner von ihnen brillieren konnte, wenn es der stümpernde Seckendorff – Gott habe ihn selig – komponiert habe, wie damals, als ...
    Lewis wandte sich ab, Böttiger hatte ihn, wie so oft, auf solcherlei Dinge vorbereitet, so dass er nicht ganz befangen dabeistehen musste. Immerhin war er froh, dass Goethe nicht zugegen war, denn mit diesem sollte sich Einsiedel auf so mancher Landpartie ziemlich gerauft haben, ab und an sogar bis zur blutigen Nase.
    Umso erfreulicher war die Zusammenkunft mit dem Kaufmann Charles Gore und dessen Töchtern Emily und Eliza, die entzückt waren, einen Landsmann zu treffen. Gore war ein gesetzter Herr, ein wenig älter als Wieland, und seine Töchter waren in den mittleren Jahren. Lewis erinnerte sich der pikanten Einzelheiten, die Böttiger ihm anvertraut hatte, und bemühte sich, das Gespräch möglichst wenig auf den Herzog zu bringen. Was ihm recht gut gelang, denn schließlich kannte er ihn nicht. Dafür bot die gemeinsame

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