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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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gesagt, wie wichtig es ist, ein freier Mensch zu sein!«
    »Aber man darf dabei die Vernunft nicht außer Acht lassen. Wer frei sein will, muss auch vernünftig sein!«
    »Ich bin vernünftig! Ich weigere mich, einen Mann zu heiraten, den ich nicht liebe! Das finde ich sehr vernünftig.«
    Joseph schlug mit der flachen Hand auf die Sessellehne. »Schluss damit! Ich will nichts mehr hören! Es ist entschieden: Du wirst Salomon heiraten! Wenn du erst einmal bei ihm in Speyer lebst, wirst du erkennen, welche großartigen neuen Möglichkeiten dir diese Ehe eröffnet. Dann wirst du mir dankbar sein, dass ich dich vor einer gewaltigen Dummheit bewahrt habe.«
    Er ließ die Brosche in die Tasche seiner Jacke gleiten und ging hinaus, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Hannah schossen Tränen ins Gesicht, Tränen der Wut und der Verzweiflung. Warum verriet Joseph jetzt seine eigenen Grundsätze? Das tat genauso weh wie die schreckliche Erkenntnis, dass sie Konrad vielleicht niemals wiedersehen würde. Sie hatte das Gefühl, dass genau der Mann, den sie sich immer ersehnt hatte, ihr regelrecht ins Haus geschneit war, mochte er auch Christ sein und Klosternovize noch dazu. Sie spürte einfach, dass sie ihn wollte und niemand anderen auf der Welt.
    Und Joseph selbst hatte es ihr doch prophezeit! Wie hatte er vor ein paar Tagen, nach seinem Streit mit Onkel Nathan, zu ihr gesagt? Vielleicht spaziert er hier ins Kontor, oder ihr begegnet euch in der Stadt oder am Hafen. Ich weiß es nicht. Du musst dein Herz befragen. Und auf Jahwes Führung vertrauen. Dann wird es gelingen.
    Ich werde fliehen, dachte sie, noch heute Abend werde ich fliehen, und wenn es Vater das Herz bricht. Aber er lässt mir ja keine andere Wahl. Jetzt, wo es mehr darauf ankäme als je zuvor in meinem Leben, enttäuscht er mich und verrät seine eigenen Grundsätze. Unsere Grundsätze.
    Sie versuchte krampfhaft, ihr Schluchzen zu unterdrücken, aber dadurch wurde es nur noch schlimmer und schüttelte ihren ganzen Körper durch. Ich muss stark bleiben, dachte sie. Ich muss meinen Weg gehen. Ich muss für meinen Weg kämpfen …
    »Hannah.«
    Durch einen Tränenschleier sah sie Joseph in der Halle stehen. Er war zurückgekommen. Und sie sah, dass auch er weinte. Tränen liefen ihm über die Wangen. »Hannah, meine Tochter, meine schöne, kluge Taube!« Jetzt kam er zu ihr und schloss sie in seine Arme.
    »Ich will doch nur dein Bestes«, sagte er mit zitternder Stimme. »Ich habe solche Angst, dass dir etwas zustoßen könnte. Wer weiß, was die nächsten Tage bringen! Bei Salomon wärst du in Sicherheit. Und wenn … wenn ich nicht mehr da bin, würde er für dich sorgen.«
    »Ach, Vater, wie ich es hasse, Euch Kummer zu machen! Aber ich darf meine Freiheit nicht aufgeben. Wenn Ihr das nicht versteht, wer dann? Ich kann doch nicht die Grundsätze verraten, die Ihr selbst mich gelehrt habt. Bitte, Vater, versteht mich doch!«
    Joseph nahm Hannah sanft bei den Schultern und schaute sie traurig an. »Es ist dieser junge Novize, nicht wahr? Schon gestern Abend, als er in unserem Haus zu Gast war, habe ich gespürt, dass da etwas Besonderes ist zwischen euch. Diese ganze Begegnung hat etwas Schicksalhaftes, scheint mir.«
    »Es erscheint mir auch vollkommen verrückt«, sagte Hannah, erleichtert, dass Joseph wieder mit sich reden ließ, ganz so, wie sie ihren Vater kannte und liebte. »Wir sind uns ja gerade erst begegnet. Aber ich spüre es: Er ist es.«
    Joseph schüttelte langsam den Kopf. »Er ist Christ, meine Tochter. Wie stellst du dir das vor? Eine Jüdin und ein Christ! Und obendrein ist er auch noch Mönchsnovize. Glaubst du, er würde sich mit dir auf mehr als eine heimliche Liebschaft einlassen? Wenn er seine kirchliche Laufbahn gefährdet, verliert er seine Existenz. Und gewiss ist er arm. Er kann dich nicht mit der Waffe verteidigen wie ein Ritter, und er kann dir auch keine materielle Sicherheit bieten. Außerdem kennst du ihn ja kaum. Woher weißt du, dass er deine Gefühle erwidert?«
    »Auch Salomon ben Isaak kenne ich kaum«, entgegnete Hannah. »Dennoch erwartet ihr alle von mir, dass ich ihn heiraten soll.«
    Joseph seufzte. »Er ist wenigstens einer von uns. So jemanden kann ich besser einschätzen als einen Goj. Und er kann dir Schutz und Sicherheit bieten.«
    Hannah wurde bewusst, wie sehr sie ihren Vater liebte. Sie verdankte ihm alles. Und er war gesundheitlich so angeschlagen. Wie lange würde er noch unter ihnen sein? Die Vorstellung, sich

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