Der Mönch und die Jüdin
wobei Gilbert dabei allerdings entrückt wirkte, als schaue er Kindern beim Spielen zu. Konrad hielt sich dagegen zurück. Ihm war das Treiben dieser Musikanten suspekt, obwohl ihre Darbietung schön war, das musste er zugeben – ganz anders als alles, was er je im Kloster oder bei den Bauern von Neuwerth gehört hatte. Aber er wusste, welche sündigen Dinge die drei jungen Musikanten getrieben hatten, und darum mochte er ihnen nicht applaudieren.
Schon wieder hatten die Spielleute ein neues Lied angestimmt, doch da ertönte auf einmal ein lautes, schweres Klopfen an der Tür zum Rittersaal. Ein großer, mit einem Kettenhemd gewappneter Mann kam herein, und die Musik verstummte. Offenbar handelte es sich um einen der Torwächter. Er verneigte sich und sagte mit besorgter Stimme: »Bitte, verzeiht die Störung, aber wir benötigen dringend die heilenden Hände der Herrin!«
»Was ist geschehen?«, fragte Rainald, der von seinem Platz aufgesprungen war.
»Ein Reiter hat sich dem Tor genähert. Als er den Lichtschein der Fackeln erreicht hatte, verließen ihn die Kräfte, und er stürzte vom Pferd. Wir ließen die Zugbrücke herunter und holten ihn herein. Er ist schwer verwundet und ohne Bewusstsein, Herr. Es ist einer der Unsrigen, ein Botenreiter des Erzbischofs.«
Rainald und Brigid eilten zur Tür. Gilbert und Anselm schlossen sich ihnen an, und so lief auch Konrad mit nach draußen. Der Mann, den die Torwachen bereits zum Palas getragen hatten, war übel zugerichtet. Ein Pfeil steckte ihm im Leib, und Blut strömte aus tiefen Wunden, die unbarmherzige Schwerthiebe ihm beigebracht hatten.
»Das sieht nicht gut aus. Er ist dem Tod näher als dem Leben, fürchte ich«, sagte Anselm zu Konrad. Der Mönchsritter stand neben ihm, sprang dann aber sogleich hinzu und fasste mit an. Er stützte den Rücken des Verletzten, als Rainald und Wolfram ihn in die Vorhalle trugen, um ihn in hellerem Licht behandeln zu können. Brigid wies Sigismund an, ein Krankenlager vorzubereiten.
Das Gesicht des Mannes war aschfahl. Sein Atem ging flach und schnell, und er kam auch dann nicht zu Bewusstsein, als Brigid ihm eine Hand auf die Stirn legte und ihn behutsam ansprach.
»Seht das Zeichen am Schaft des Pfeils!«, sagte Rainald. »Die Sayner stecken dahinter.«
Das Land des Grafen von Sayn grenzte an den Herrschaftsbereich des Kölner Erzbischofs. Konrad wusste, dass es zwischen den Saynern und dem Erzbistum im Laufe der Jahre immer wieder schwere Auseinandersetzungen gegeben hatte, weil die Sayner das ganze Land bis zum Nordrand des Siebengebirges, und damit auch das Kloster Neuwerth, für sich beanspruchten und sich dabei auf dubiose alte Urkunden aus der Zeit Karls des Großen beriefen.
»Das … kommt einer Kriegserklärung gleich«, sagte Wolfram, der Reiterhauptmann.
»Nein, so dramatisch sehe ich es nicht«, entgegnete Rainald. »Der alte Sayn-Graf ist keiner, der leichtfertig eine Fehde vom Zaun bricht. Mir sieht das eher nach Egmund aus, seinem jüngsten Sohn. Ihr wisst doch noch, wie dieser junge Heißsporn im letzten Herbst mit einer Bande Halbstarker die Bauern von Vineberg terrorisiert hat, bis wir ihnen eine ordentliche Abreibung verpasst und sie auf Sayner Land zurückgejagt haben. Vermutlich will Egmund wieder einmal beweisen, wie mutig er ist. Unser armer Botenreiter hier ist ihm und seinen Spießgesellen in die Hände gefallen. Sie haben ihn massakriert und ihn dann zur Burg entkommen lassen, um uns zu provozieren.«
»Der Bote ist angekommen«, sagte Anselm. »Aber wo ist seine Botschaft? Sein Gürtel ist leer. Ob Egmund sie gestohlen hat?«
»Habt Ihr schon in den Satteltaschen nachgeschaut?«, fragte Rainald die Torwächter.
»Verzeiht, Herr. Wird sofort geschehen.«
Konrad sah betroffen zu dem Boten hinab, der gewiss schreckliche Schmerzen litt. Er hätte ihm gerne geholfen, doch auf Krankenpflege verstand er sich nicht. Immerhin konnte er ein kleines Gebet hinauf zum Himmel schicken und um Beistand bitten. Sigismund kam und teilte ihnen mit, dass in der Krankenstube ein Lager vorbereitet sei.
»Dann tragt ihn dorthin«, befahl Brigid. »Ich will seine Wunden verbinden und versuchen, den Pfeil zu entfernen.«
»Ich gehe Euch zur Hand«, sagte Sigismund.
Während sie den Verletzten in den ersten Stock des Palas trugen, kehrte der Torwächter mit einer Schriftrolle zurück. »Tatsächlich, Herr! Der Brief war in der Satteltasche. Das erzbischöfliche Siegel ist unbeschädigt!«
»Nicht einmal
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