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Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Titel: Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter May
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Kirsty?»
    «Passiert?»
    «Zwischen Ihnen und Ihrem Vater.»
    «Hat er Ihnen das nicht erzählt?»
    «Wir sind uns immer noch fremd – Strangers in the Night . Wir haben Sex, keinen Gedankenaustausch.»
    Einmal mehr fühlte sich Kirsty dem Witz und der Schlagfertigkeit der älteren Frau unterlegen. Die jahrelange Ablehnung ihres Vaters erschien ihr auf einmal kindisch und belanglos, und sie versuchte, das Ganze herunterzuspielen. «Na ja, er hat meine Mutter wegen einer anderen Frau verlassen, als ich noch klein war. Dann hat er sich mit seiner französischen Geliebten hier in Frankreich niedergelassen. Sie ist bei der Geburt ihrer Tochter gestorben, und er musste Sophie alleine großziehen.»
    «Und das konnten Sie ihm nicht verzeihen?»
    «Ich habe einfach nicht verstanden, wieso er weggegangen war. Für mich fühlte es sich damals so an, als ob er mich verlässt und nicht meine Mutter. Zuerst dachte ich, es wäre meine Schuld. Ich hatte ständig Streit mit Mum und dachte, er hätte davon genug gehabt und hätte uns deshalb verlassen. Dann hat meine Mutter mir klargemacht, weder ich sei schuld noch sie, sondern einzig und allein mein Dad. So sei er nun mal. Ihm sei es immer nur um sich gegangen und um nichts und niemanden sonst.»
    Auf der Terrasse vor dem Chez Milou standen Tische und Stühle, und sie setzten sich, um sich in der Sonne ein wenig aufzuwärmen. Ein alter Mann kam heraus, und sie bestellten zwei Kaffee.
    Kirsty starrte auf ihre Handrücken und mied Annas Blick. «Ich habe fast zwanzig Jahre gebraucht, um zu begreifen, dass es nicht ganz so einfach war. Dass auch Väter leiden. Und dass man sich nicht aussuchen kann, wen man liebt und wen nicht.» Sie musste an Roger denken, und ihr drängte sich die Frage auf, wieso sie trotz allem immer noch etwas für ihn empfand. Sie hob den Kopf und sah Anna an. «Jedenfalls hat es in letzter Zeit so etwas wie eine Annäherung zwischen Vater und Tochter gegeben. Ich denke, ich kann ihn inzwischen besser verstehen. Was es mir leichter macht, ihm zu verzeihen. Mir ist erst wirklich bewusst geworden, wie sehr ich ihn liebe, als ich Sophie zum ersten Mal begegnet bin und gesehen habe, wie vernarrt sie in ihn ist.» Sie schmunzelte. «Er ist schwierig, er ist ein Kauz, und er ist brillant, aber ich wüsste inzwischen nicht mehr, wie ich ohne ihn leben sollte. Und das nach all den Jahren, in denen ich ohne ihn auskommen musste.»
    Annas Blick schweifte in die Ferne. Als ihr Kaffee serviert wurde, war sie wieder ganz da. «Wir können uns nie vorstellen, wie wir ohne die Menschen auskommen sollen, die wir lieben», sagte sie, «bis uns plötzlich nichts anderes übrigbleibt.» Sie sah der jüngeren Frau ins Gesicht. «Dann schaffen wir es, einfach so.» Plötzlich hatten ihre Worte einen kalten Unterton, der Kirsty wie eisige Fingerspitzen berührte.
    * * *
    Nachdem sie ihren Kaffee ausgetrunken hatten, liefen sie noch bis ans andere Ende des Dorfs, bevor sie sich auf den Heimweg machten. Als sie am Swimmingpool vorbeikamen, hörten sie drinnen das Telefon klingeln, bis es verstummte und Nicole nach Enzo rief. Sie standen vor der Eingangstreppe, als sie seine Antwort hörten. Er kam die Wendeltreppe herunter, als sie durch die Haustür eintraten. Nicole wartete in der Diele und reichte ihm das Telefon. «Es ist Monsieur Martinot.»
    Als Enzo den Anruf entgegennahm, erschien Raffin auf der Treppe über ihm.
    «Hallo? Guten Morgen, Monsieur. Ich hatte nicht damit gerechnet, so schnell von Ihnen zu hören.» Eine Weile lauschte er konzentriert, und Kirsty sah, wie sich sein Gesichtsausdruck änderte. «Das ist ja großartig. Wann können wir Ihrer Schätzung nach mit einer Rückmeldung rechnen?» Erneut wechselte seine Miene, und seine Wangen glühten. «Die Briten? Und? Wer ist unser Mann?» Während er die Antwort hörte, wirkte er zusehends erstaunter. «Monsieur, das ist einfach nicht möglich … Haben wir einen Namen und eine Anschrift?»
    Er gestikulierte mit der Hand, und Nicole brachte ihm in Windeseile Kugelschreiber und Notizblock vom Dielentisch. Er hielt den Hörer zwischen Kopf und Schulter, während er schrieb.
    «Irgendwas stimmt da nicht. Gehen Sie der Sache noch mal nach?» Enttäuscht zog er die Mundwinkel nach unten. «In Ordnung, trotzdem herzlichen Dank, Monsieur Martinot. Ich werde sehen, was ich selbst rausbekommen kann.»
    Tief in Gedanken drückte er auf die rote Taste, ohne das Telefon wegzulegen. Raffin kam die letzten Stufen herunter.

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