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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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reich und mächtig. Die Menschen der umliegenden Nationen versammelten sich dort, um sich selbst zu bereichern durch Handel und durch Gelehrsamkeit.«
    Indaro scharrte mit den Füßen. Antike Geschichte interessierte sie nicht. Und außerdem bedauerte sie, dass sie neben Fell saß, denn so konnte sie ihn nicht ansehen, ohne dass es zu offensichtlich gewesen wäre. Sie hatte ihr Gesicht der Höflichkeit halber Maron zugewendet und sah nur, und das auch noch aus dem Augenwinkel, Fells linkes Knie und seine Hand, die darauflag. Er trommelte unter dem Tisch ungeduldig mit den Fingern darauf herum. Sie spürte die Wärme seines Körpers, fühlte seine Anspannung, als wäre er am liebsten aus der Haut gefahren. Unwillig konzentrierte sie sich wieder auf Marons Lektion.
    » Dann kam die Zeit der Familien, durch deren Adern, wie man behauptete, das Blut der Reisenden floss. Sie waren größer, stärker und lebten länger als das gemeine Volk, und sie herrschten durch ihre Macht und durch Geburtsrecht. Ihre Namen kennt jedes Kind der Cité. Sarkoy, Khan, Kerr, Vincerus, Gaeta, Guillaume und Broglanh. Von Zeit zu Zeit kämpften sie gegeneinander, vor allem jedoch heirateten sie untereinander, um ihre Blutlinien stark zu halten. Folglich waren sie irgendwann alle voneinander abhängig, und wie sehr auch eine Familie eine andere verachten mochte, es lag in ihrer aller Interesse, aus irgendwelchen Fehden keinen Krieg entstehen zu lassen.
    Aber selbst das dickste Blut verdünnt sich über die Jahre. Broglanh und Kerr sind immer noch ehrenwerte Namen, aber keiner ihrer Träger erhebt noch den Anspruch, ein Nachfahre der Götter zu sein. Indaro trägt den Namen Kerr, würde aber niemals erwarten, über diese Cité zu herrschen.
    Fünf Familien jedoch befinden sich immer noch im Wettstreit um die Macht. Araeon, euer Kaiser, der zur Familie der Sarkoy gehört. Die Vinceri, die Brüder, welche die Streitkräfte beherrschen. Khan, der den Staatsschatz kontrolliert. Die Familie Gaeta ist eine kleine Familie, die sich mehr für die Wissenschaft als für den Krieg interessiert. Und dann ist da noch die Familie Guillaume. Diese Familie hat niemals geherrscht. Ihre Paläste auf dem Schild sind nicht bewohnt. Die Steuern auf ihre Ländereien werden nicht eingetrieben. Und doch richten sich viele Blicke auf Reeve Guillaume.«
    » Mein Vater hat niemals Macht beansprucht«, ergriff Indaro das Wort. » Er ist ein alter Mann, der sich um seinen Garten kümmert.«
    » Aber da ist noch dein Bruder«, warf Maron ein.
    » Rubin ist wahrscheinlich tot«, sagte Indaro traurig. » Ich habe seit Jahren nichts von ihm gehört.«
    Bei der Erwähnung dieses Namens hob Elija den Kopf und starrte sie an. Sie erwiderte seinen Blick neugierig.
    Plötzlich sprang Fell auf, als könnte er nicht länger still sitzen. Sein Stuhl krachte hinter ihm auf den Boden. » Warum genau sind wir hier?« Seine Stimme klang rau vor unterdrücktem Ärger. » Ihr sagt, die Zeit drängt, aber dann haltet ihr uns eine … Geschichtsvorlesung.«
    » Es gibt einen Faktor, der uns alle miteinander verbindet … Wir alle hier wollen ein Ende dieses Krieges«, sagte Gil. » Während wir hier reden, stehen Tausende von Soldaten der Cité Tausenden von Blauhäuten gegenüber, wie ihr uns nennt. Die Zweite Adamantine bekämpft einen Einfall der Fkeni im Süden. Dieses Volk ist erst vor kurzem in den Krieg hineingezogen worden und hat doch bereits eine Generation ihrer jungen Männer verloren. Im Osten ficht die Vierte Maritime gegen die Infanterie-Phalanxen der Petrassi, eurem wahrscheinlich stärksten Gegner. Möglicherweise sterben allein heute Tausende, ebenso morgen und übermorgen. Gleichzeitig haben wir alle kaum etwas zu essen, und viele von uns verhungern.«
    Stolz stieg in Indaro hoch. Einige aus der Maritimen lebten also und kämpften noch! Sie fing den Blick von Saroyan auf, die sie nachdenklich betrachtete.
    » Vielleicht gibt es einige hier, die kein Ende dieses Krieges wollen«, bemerkte Lord Leutnant Saroyan.
    Die Blicke der Anwesenden richteten sich auf Indaro. » Ich will ebenfalls, dass dieser Krieg aufhört«, sagte sie ruhig. » Aber ich will nicht, dass die Cité besiegt wird. Ich habe viele Jahre für sie gekämpft, im Winter und im Sommer, auf Ebenen und auf Bergen, und ich habe Kameraden und Freunde verloren. Ich will nicht, dass ihr Opfer vergebens war.«
    » Das ist ein sehr gängiges Argument«, erwiderte Saroyan. » Aber auch ein sehr fruchtloses, denn wenn

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