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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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sein.«
    »Bojar. Er war Papas Pferd. Nein, er ist nicht einfach. Peter, das ist der Pfleger, den wir vorher hatten, wurde gut mit ihm fertig. Ich natürlich auch. Aber dir würde ich ihn nicht empfehlen. – Ach, da kommt Renate.«
    Über die Terrasse kam eine hochgewachsene, sehr schlanke junge Frau. Neben ihr René mit seinen Krücken. Im Hintergrund entdeckte ich die Krankenschwester.
    Das war also die Mutter von René, die Annabelle heute vom Flugplatz abgeholt hatte.
    Ich stand auf und wurde vorgestellt. Jetzt sah ich, woher der Junge das feine, engelhaft schöne Gesicht hatte. Von seiner Mutter. Die gleichen großen dunklen Augen, ein wenig schwermütig unter langen Wimpern, der schöngezeichnete Mund, die hohe glatte Stirn. Nur daß ihr Haar dunkelblond war, nicht schwarz wie das des Kindes. Und traurig sah sie aus. Es wurde einem ganz schwer ums Herz, wenn man sie ansah.
    »Ißt du mit uns, Renate?« fragte Annabelle.
    »Nein, danke. Ich möchte heute oben mit René und Mama essen. Morgen vielleicht.«
    »Dann trink wenigstens einen Cocktail.«
    »Ach –« Sie zögerte, blickte mich an, und da ich immer noch stand, setzte sie sich rasch. »Bitte, laßt euch nicht stören. Nur einen Schluck.«
    »René hat sicher auch Durst«, sagte Annabelle und lächelte dem Jungen zu. »Was möchtest du? Orangensaft? Oder lieber Traubensaft?«
    René überlegte kurz und entschied sich für Apfelsaft. Seine Mutter bestellte einen Gin Tonic.
    »Wir feiern Wiedersehen«, erzählte Annabelle. »Dieser nette junge Mann hier ist meine Jugendliebe.«
    »Doch nicht etwa Walter?« fragte Renate und lächelte nun auch ein wenig.
    »Aber ja. Du erinnerst dich an ihn?«
    »Natürlich. Du hast mir oft genug von ihm erzählt.«
    Ich schaute etwas ungläubig drein. »Das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
    »Du brauchst dir gar nichts einzubilden«, sagte Annabelle. »Es ist lange genug her. Renate und ich waren zusammen im Pensionat in Lausanne. Damals. Und ich kam schließlich mit einem frisch gebrochenen Herzen dorthin.«
    »Damals«, wiederholte ich.
    »Damals. Und irgend jemandem mußte ich ja meinen Kummer anvertrauen.«
    »Hat der Kummer lange gedauert?« fragte ich Renate.
    »Nicht sehr lange, soweit ich mich erinnere. Sie verliebte sich ziemlich bald in unseren Tennistrainer.«
    »Und dann war ich vergessen …«
    »Dann warst du vergessen«, bestätigte Annabelle herzlos.
    »C'est la vie, n'est-ce pas?«
    Na warte du, dachte ich wieder und sah auf ihren Mund. Auch den Tennistrainer wirst du mir büßen. Den und alle anderen.
    René blickte gelangweilt an uns vorbei. Wir ödeten ihn an, das war deutlich zu sehen.
    »Warst du heute unten am See, René?« fragte ich.
    Er schüttelte stumm den Kopf.
    »Aber morgen wieder?«
    »Weiß nicht.« Nun sah er mich doch an, die ganze Enttäuschung dieses Tages im Blick. »Hast du ihn gesehen?«
    »Ja. Heute vormittag. Aber er kam nicht, als ich ihn rief.«
    Er nickte kummervoll. »Er kommt nur zu mir.«
    »Wovon redet ihr eigentlich?« fragte seine Mutter.
    Ich sah sie an, diese Renate mit den dunklen traurigen Augen. Und sagte dann zu René: »Ich glaube, du solltest deiner Mami das alles mal erzählen. Sie wird dich bestimmt verstehen.«
    »Handelt es sich um den Hund?« fragte Renate. Sie hatte also bereits von ihm gehört.
    Wir nickten beide, René und ich. Und René rief, mit dem Finger auf mich weisend: »Ihm gefällt er auch.«
    »Da seid ihr zwei die einzigen«, meinte Annabelle. »Ein schrecklicher Köter. René, das ist wirklich kein Hund für dich.«
    René gab ihr einen finsteren Blick und schwieg.
    Aber nun mußte ich meinem Freund wirklich beistehen.
    »Gnädige Frau«, sagte ich zu Renate, »es ist kein schrecklicher Köter. Ein bißchen verwahrlost vielleicht. Aber, soweit ich das bei unserer kurzen Begegnung beurteilen konnte, ein Charakter. Lassen Sie sich nicht beeinflussen. Schauen Sie sich ihn erst mal an.«
    René griff fest nach Renates Hand. »Ja, Mami. Bitte. Morgen. Mami, ja?«
    Sie zog den Jungen an sich. »Ja, Liebling. Morgen werden wir uns deinen Freund ansehen.«
    »Hoffentlich ist er nicht weggelaufen. Weil er mich heute den ganzen Tag nicht gesehen hat.«
    »Er wird schon noch dasein. Aber jetzt gehen wir abendessen. Und dann mußt du ins Bett.«
    »Und du erzählst mir noch was?«
    »Natürlich. Ich erzähle dir eine schöne Geschichte. Jetzt sag schön gute Nacht.«
    »Du kennst diesen komischen Hund schon?« fragte Annabelle, als wir wieder allein

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