Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Probleme. Den Verlust des Flugzeugs für mehrere Monate werden wir nicht ohne gravierende Einschnitte überstehen. Ich habe uns nicht gut genug auf so eine Situation vorbereitet, und wir sitzen tief in der Patsche. Unser Unternehmen gehört euch genauso wie mir. Ich kann uns ohne eure Hilfe, euren Rat und eure Zustimmung zu einschneidenden Änderungen nicht aus diesem Schlamassel hinausmanövrieren.“
Natürlich folgten daraufhin die üblichen Beteuerungen, dass Katja sie weiterhin leiten solle und so weiter. Katja winkte sehr entschieden ab.
„Bitte! Hört mir zu! Ja, ich leite euch auch weiter. Ich habe nicht gemeint, dass ich euch damit jetzt im Stich lassen wollte. Natürlich nicht! Es stehen aber ernste Richtungsentscheidungen an und die werde ich diesmal nicht für euch fällen. Ich will euch sagen, wie es steht und welche Möglichkeiten wir meiner Einschätzung nach haben und welche Nachteile und Risiken die verschiedenen Richtungen haben, die wir einschlagen können.
Dann werden wir darüber beraten, und wenn es keine Einigkeit gibt, werde ich euch abstimmen lassen, - und ich bestehe darauf, dass es keine Enthaltungen gibt! Wenn jemand das auch nur versucht, schwöre ich, ihm die Augen auszukratzen, - nein besser: Dann lasse ich Lena das für mich erledigen.“ Obgleich Katjas letzte Bemerkung dem Inhalt nach nur ein Scherz sein konnte, fand Lena Katjas harten Gesichtsausdruck doch ungemein einschüchternd. Selbst versuchte sie auch, eine grimmige Miene aufzusetzen, um Katja bestmöglich zu unterstützen.
„Bitte Katja, wir haben, fürchte ich, alle ziemliche Angst in dieser Lage. Erklär´ uns bitte ohne weiteres Drumrum, was wir wissen sollten“, bat Alf.
„Versprochen!“, entgegnete Katja. „Ihr wisst, wo unsere derzeitigen Probleme herkommen:
Erstens: Es besteht kein Zugang zu unseren Rohstoffquellen mehr. Zweitens: Die unerwartet hohen Steuern haben unsere Bargeldreserven dezimiert. Drittens: Der Fernhandel ist gescheitert. Viertens: Wir haben zu kleine Märkte hier vor Ort, die wir … fünftens: nicht richtig nutzen können, weil wir zu einigen wichtigen Geschäftszweigen keinen Zugang gefunden haben. Ich möchte hinzufügen: Meine Gier auf die schnelle Verwirklichung unserer Projekte vor Ort hat verhindert, dass wir uns ein weiteres Standbein mit dem direkten Binnenhandel schaffen konnten.
Wir stehen damit nicht mittellos da, aber es geht steil abwärts. Unsere Bargeldbestände sind der hohen Steuerlast wegen geplündert, aber wir haben immerhin noch genügend nette Einzelstücke auf Lager, das Stadtkontor und unseren Markt eine Weile am Leben zu erhalten.
Die Werkstätten können aufgrund der hohen Rohmaterialpreise zurzeit bestenfalls kostendeckend weitergefahren werden. Ein solides Geschäft ist das Boot, das die Küstendörfer in der Nähe abfährt. Leider lässt sich dieser Bereich kaum gewinnbringend ausbauen, weil diese Dörfer nicht mehr liefern können, als sie haben und wir da nicht gegen die Konkurrenz ankämen. Außerdem können wir das ohne eine funktionierende Gesellschaft auch nicht sinnvoll aufrechterhalten.“
Katja holte tief Luft. Lena fand, dass sie bleich wirkte. Doch ihre weitere Rede war klar und bestimmt: „Für mich ergeben sich daraus für die Zukunft drei verschiede Wege.
Erste Möglichkeit: Wir verkaufen alles, was wir hier unten haben, inklusive des Marktkontors. Wir reduzieren alle Geschäfte sofort auf ein Ausmaß, das wir persönlich mit unseren eigenen Händen bewältigen können. Damit wäre unsere Existenz gesichert, vorausgesetzt das Flugzeug wird irgendwann wieder für uns zugänglich. Wir würden alle Arbeiter entlassen müssen und unsere verlässlichsten Geschäftspartner vor den Kopf stoßen. Das bedeutete: Wir könnten hier nie wieder ein größeres Geschäft aufbauen. Na ja. Nie wieder ist vielleicht nicht ganz korrekt. Aber sagen wir mal: Zwanzig Jahre dauerte es garantiert, bis wir voll rehabilitiert wären.
Zweite Möglichkeit: Wir versuchen alle noch existierenden Kernbereiche unserer Geschäfte nur leicht zusammenzustutzen und überleben lang genug, bis es wieder aufwärtsgeht. Das klingt vielleicht nach der offensichtlichen Lösung. Ich fürchte aber, dass wir damit eher langsam, qualvoll und unwiederbringlich scheitern. Wenn wir in unserer Situation einmal zurückrudern, ist die Attraktivität unseres Unternehmens dahin. Schon jetzt können wir auf dem Markt keinen Schnee mehr anbieten, und wenn die Restbestände aus dem Flugzeug
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