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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hühn
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noch in der Minderzahl. Gerade die Matrosen unter Alfs Mitstreitern fielen schon unter den ersten Hieben. Auch dank der schweren Rüstungen kam es indes kaum zu Verlusten bei den Invasoren. Diese Teufel sind abgebrüht! Die lassen einen Hieb, der nur die Rüstung treffen kann, kaltblütig durchgehen, um gleichzeitig einen tödlichen Gegenschlag zu führen. Es ist beängstigend, gegen Gegner zu fechten, die nicht mehr ihren natürlichen Schutzinstinkten unterworfen sind.
    Alf ging zu einer Serie wilder Gegenhiebe über. Dieser Ausfall ermöglichte es ihm schließlich, mit dem Schwert so zuzustoßen, dass er die Soldatin an einer ungeschützten Stelle am Bein erwischte. Scheiße. Da lächelt sie noch! Sie weiß, dass die Wunde oberflächlich ist. Vielleicht könnte ich sie töten. Aber was würde das noch bringen? Ich muss den Befehl zur Kapitulation geben, bevor die meisten meiner Männer und Frauen niedergemetzelt worden sind. Ich sehe keine realistische Chance, hier noch eine Wendung herbeizuführen oder durchzubrechen. Ich darf das Leben meiner Leute nicht fortwerfen, um noch ein paar Gegner zu töten.
    Alf klappte den Mund auf, um zu rufen: „Wir ergeben uns! Streckt die Waffen!“, aber seine Gegnerin vereitelte das. Jetzt schwang sie ihren stachelbewehrten Streitkolben so heftig und doch nicht unkoordiniert hin und her, dass Alf eilig zurückweichen musste und keinen wertvollen Atem darauf verschwenden konnte, irgendetwas zu sagen.
     
    Erst als seine Gegnerin plötzlich der Länge nach hinschlug, erkannte Alf, dass etwas Entscheidendes geschehen sein musste. Verwirrt bemerkte er, dass eine dritte Partei eingegriffen hatte. Direkt vor Alfs Nase kämpfte Verena. Sie trug keine Waffe, doch war sie so flink, dass sie allen bewaffneten Angriffen auswich, als würden ihre Gegner in Zeitlupe kämpfen. Ihre Hiebe waren extrem präzise, jedoch niemals tödlich. Ihre Gegner schienen sie trotzdem zu fürchten. Kein Wunder. Wenn man mir so in die Kniekehlen träte, den Arm bräche oder die Waffe aus der Hand schlüge, dass meine Finger nachher reihenweise gebrochen sind, verlöre ich auch meine Zuversicht.
    Natürlich war ihnen Verena nicht allein zu Hilfe gekommen. Ihre Mitstreiter waren zwar zumeist alles andere als professionelle Kämpfer, dafür waren sie aber so zahlreich, dass Alfred es nicht richtig überblicken konnte. Ich darf nicht vergessen, dass ich das Kommando habe. Sonst kommen noch mehr Menschen zu Schaden.
    „Alle, die aufgeben, werden geschont! Alle, die jetzt noch mehr als drei Hiebe weiter Kämpfen, werden getötet!“, rief er seinen Befehl.
     
    *
    „Hier im Unterstadtwald habe ich viele Versprengte, Flüchtlinge und so weiter getroffen“, erklärte Verena den geretteten Mitgliedern der Catjary. Nachdem mich die Leute erkannt haben, wurde ich zu einer Art Anführerin erkoren. Wenn ich eines am Waldläuferberuf hasse, ist es die Tatsache, dass einen alle für eine Heldin halten. Ich konnte nichts dagegen machen. Irgendwie wurde ich zum Zentrum der Aufmerksamkeit. Ohne dass ich hätte fragen müssen, begannen die Leute, mir Bericht zu erstatten, was sie vom Angriff wussten. Das hat abgefärbt, bis alle nur noch auf Befehle von mir gewartet haben. Einige Leute haben mich so lange gedrängt, einen Gegenangriff zu befehlen, dass ich gar nicht mehr anders konnte.“
    „Ich dachte, du wärest so eine überragende Kämpferin, dass dir das ohnehin liegt?“, fragte Alf, verstummte aber sichtlich eingeschüchtert. Verenas hasserfüllter Gesichtsausdruck war ihm offenbar nicht entgangen.
    Verena zitterte vor Wut und Hilflosigkeit. Erst nach einer ihr unendlich vorkommenden Zeitspanne konnte sie eine Antwort hervorstoßen: „NEIN! NICHTS! NICHTS HASSE ICH MEHR, ALS MENSCHEN ZU TÖTEN, SIE ZU VERSTÜMMELN, SIE STERBEN ZU SEHEN!“
    Verdammt, jetzt muss ich kotzen, dachte Verena noch, dann war es schon so weit.
    Irgendwer reichte ihr Wasser, um den Mund auszuspülen. Die Menschen um sie herum blickten betreten drein. Da habt ihr eure große Anführerin, dachte sie. Ein paar Tränen liefen ihr die Wangen hinab. Jemand legte ihr den Arm um die Schultern und schirmte sie mit dem Körper wenigstens von den Blicken der Leute ab, die ihr nun unerträglich geworden waren. Lena. Warum wenden sich die Leute nicht an sie als Anführerin. Sie ist viel souveräner als ich. Hat zwar nicht überragend gekämpft, aber sie verliert auch nicht die Nerven.
    „Es tut mir leid. Ich hätte euch nicht anfahren dürfen. Aber nein.

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