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Der Mondmann

Der Mondmann

Titel: Der Mondmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sie zum Vorteil, dass sie immer das Fliegen geübt hatte, und jetzt spielte sie diese Kunst aus.
    Sie kippte nach unten.
    Es war das Beste, was sie tun konnte, denn das Wurfgeschoss befand sich noch immer in der Steigung.
    Zwei Lidschläge später hörte Carlotta das Pfeifen, das beide Ohren umfing. Über sie und auch über Melody Marwood war die Waffe hinweggefegt, und wenig später wurde die stille Welt hinter ihr durch schrille Schreie unterbrochen.
    Sie ging davon aus, das zumindest ein Vogel von der Waffe erwischt worden war. Das wollte sie genau wissen und nahm das Risiko einer schnellen Drehung in der Luft auf sich.
    Es war tatsächlich so. Carlotta erkannte, welches Schicksal ihr zugedacht gewesen war.
    Gleich zwei Raben hatte die Mondsichel erwischt. Beide Vögel waren in der Mitte ihrer Körper durchtrennt worden. Sie schienen der Erdanziehung nicht mehr zu gehorchen, denn sie standen tatsächlich in der Luft, und das hatte seinen Grund.
    Vor den Augen des Vogelmädchens lösten sich die Raben auf. Das war zu einfach gesagt. Sie wurden von ihrem eigenen Licht zerstört, das ihnen bisher die Kraft verliehen hatte.
    So wie Feuer etwas verbrannte, löste nun das Licht die Körperteile der Vögel auf.
    Carlotta liebte das Licht. In diesen Augenblicken jedoch erlebte sie, welch eine tödliche Waffe es werden konnte, denn von den Vögeln blieb nichts, aber auch gar nichts mehr übrig. Ein allerletztes Nachschimmern noch, dann war es vorbei.
    Plötzlich sackte Carlotta weg. In der spannungsvollen kurzen Vergangenheit hatte sie nicht mehr an die eigene Sicherheit gedacht. Erst als der Gegenwind in ihr Gesicht schlug, stellte sie fest, dass sie sich auf dem Weg nach unten befand.
    Auch Melody’s Schrei erreichte sie, und sofort reagierte sie richtig. Heftige Bewegungen mit ihren Flügeln sorgten dafür, dass sie sich wieder fing und nicht mit ihrem Schützling zusammen auf den Boden schlug. Sicherheitshalber drehte sie einen großen Kreis, denn sie wollte auch sehen, was mit der Waffe geschah.
    War die Mondsichel zu einem Bumerang geworden?
    Alles wies darauf hin, denn sie war nicht irgendwo in der Dunkelheit der Nacht verschwunden. Sie hatte ihren höchsten Punkt erreicht und kehrte nun um.
    Ja, ein Bumerang. Den fast gleichen Weg nahm sie zurück und raste dem Erdboden entgegen, wo der Mondmann mit ausgestreckter Hand stand und sie auffing.
    Der Angriff war vorbei. Dass die Waffe für Unruhe bei den Vögeln gesorgt hatte, interessierte Carlotta nicht mehr. Dafür die schrille Frage ihres Schützlings.
    »Was machen wir denn jetzt?«
    Carlotta lachte gegen den Wind. »Das ist ganz einfach. Wir hauen ab, und zwar so schnell wie möglich!«
    Sie setzte den Vorsatz sofort in die Tat um. Kraft genug hatte sie. Und wenig später flog sie mit gewaltigen Flügelschlägen in Richtung Südosten Dundee entgegen...
    ***
    Die Bewegung sah ich nicht auf dem Dach, sondern an der Haustür, die vorsichtig geöffnet wurde. Zuerst streckte Maxine nur ihren Kopf nach draußen, dann folgte der Körper. Sie ging noch über die Schwelle hinweg, bevor sie sich zu den Seiten hin umschaute. Es war klar, dass sie mich suchte. Da ich in guter Deckung stand, konnte sie mich nicht sehen.
    Um sie nicht länger im Ungewissen zu lassen, verließ ich meinen Standort und sprach sie mit halblauter Stimme an. In dieser Stille musste ich meine Stimme nicht weiter anstrengen.
    »Hier bin ich, Max!«
    Die Tierärztin schrak zusammen. Aber sie hatte gehört, aus welcher Richtung sie angesprochen worden war.
    »Ach, da bist du.«
    Nachdem sie ihre Antwort erleichtert ausgesprochen hatte, wollte sie auf mich zukommen. Ich streckte ihr einen Arm abwehrend entgegen.
    »Bleib lieber dort.«
    »Warum?«
    »Sie sind da!«, sagte ich nur.
    Maxine Wells blickte sich um. Als sie keinen Raben sah, hob sie die Schultern. »Wo denn?«
    »Auf dem Dach.«
    Die Tierärztin drehte sich und richtete ihren Blick in die Höhe. Das Haus besaß zwar kein Flachdach, aber auch keines, das sehr spitzgiebelig war. Recht flach lief es zu beiden Seiten des Hauses hin aus und stand jeweils etwas über, sodass es die Personen, die an der Mauer standen, vor Regen schützte.
    Ich blieb auch nicht länger an meinem Platz stehen und ging auf Maxine zu.
    »Wie viele sind es denn?«, fragte sie und blickte mir besorgt in die Augen.
    »Ich habe sie nicht gezählt. Schätze aber, dass es ungefähr ein Dutzend sind.« Meine Lippen kräuselten sich zu einem spöttischen Lächeln. »Sie sind

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