Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
gehauen.«
    »Die Minangkabau sind eigentlich ein friedliches Volk. Die Niederländer mussten nicht viel Mühe aufwenden, um Sumatra zu kolonialisieren. Später, als die wirtschaftliche Situation schlechter wurde, haben die Niederländer hier einigen Schaden angerichtet. Aber dazu erzähle ich Ihnen lieber später ­etwas.«
    Damit war Lilly einverstanden, denn sie war wahnsinnig gespannt, was das Museum bringen würde. Bekam sie hier einen Hinweis auf die Kirchenbücher und damit auf Roses Tochter?
    »Auf Sumatra werden Sie nur wenige wirklich alte Bauten finden«, erklärte Verheugen nun, während er seine Sonnenbrille ins dichte Haar steckte.
    »Wegen der Erdbeben, nicht wahr?«
    »Ja, wegen der Erdbeben und anderen Widrigkeiten. Dass es hier immer noch Häuser vom Anfang des 20. Jahrhunderts gibt, ist ein großes Wunder und wahrscheinlich der guten Bausubstanz zu verdanken. Das Museum hier wurde übrigens in den Siebzigern erbaut, seitdem hat es sich ziemlich gut gehalten, nicht wahr?«
    Im Museum bemühten sich die Ventilatoren, ein wenig ­Erfrischung in die Luft zu bringen. In den Schaukästen sah Lilly prunkvolle Gewänder und Gebrauchsgegenstände aus vergangenen Jahrhunderten. Sogar eine Brautkrone, die so­genannte »Sunting«, gab es zu bestaunen. Lilly fragte sich, wie eine Frau dieses riesige, kunstvoll gearbeitete und fast vollständig aus Gold bestehende Gebilde tragen konnte, ohne Nackenprobleme zu bekommen.
    Es dauerte nicht lange, bis ihr Begleiter jemanden aufgetrieben hatte, der über das Archiv Bescheid wusste. Nach kurzem Wortwechsel bedeutete Verheugen ihr, dass sie mitkommen sollte.
    Die Frau, die mit ihm gesprochen hatte, trug über ihrem Haar ein himmelblaues Tuch, dazu ein dunkelblaues Kostüm mit langem Rock. Lilly war überrascht, dass sie sie auf Englisch begrüßte.
    »Ich bin Iza Navis und freue mich, dass ich Ihnen helfen kann.«
    »Sie ist die stellvertretende Leiterin des Museums und weiß, wo die Schätze des Hauses lagern«, setzte Verheugen hinzu, worauf die Frau, die schätzungsweise Ende zwanzig war, ein wenig verlegen wurde.
    »Ich werde mich zumindest bemühen, so hilfreich wie möglich zu sein.«
    Die Bescheidenheit, die Iza Navis an den Tag legte, erinnerte Lilly an japanische Filme, in denen die Helden auch stets sehr bescheiden sind und ihr Licht unter den Scheffel stellen.
    »Was kann ich also tun?«, fragte die stellvertretende Lei­terin.
    »Ich … ich suche nach Kirchenbüchern«, begann Lilly mit dem Naheliegendsten und erntete einen verwunderten Blick.
    »Kirchenbücher.«
    »So etwas wie Geburtenregister«, sprang Verheugen ihr bei.
    »Oh, natürlich«, entgegnete Iza Navis da. »Wir haben einige Kirchenbücher, wie Sie sie nennen, eine Spende aus dem Nachlass einer Kirche, die bei einem der zurückliegenden Erdbeben beschädigt wurde. Dafür interessieren sich die Besucher kaum, deshalb halten wir sie unter Verschluss. Aber wenn Sie sich gedulden mögen, lasse ich sie in den Leseraum schaffen.«
    Der Leseraum war ein kleines, nicht allzu üppiges Zimmer, in dem ein paar Tische mit Leselampe standen und ein Buchregal mit Titeln, die alle in Malaiisch abgefasst waren.
    Lilly und Verheugen nahmen Platz, nachdem ihnen die Museumsdame mitgeteilt hatte, dass sie einen Moment Geduld brauchten.
    »Was wollen Sie denn gerade mit Kirchenbüchern?«, fragte der Zahnarzt, während er seine Lesebrille hervorzog und putzte.
    »Kurz vor meiner Abreise habe ich erfahren, dass Rose ein Kind gehabt haben muss. Ich möchte schauen, ob es in den Büchern registriert und getauft wurde.«
    »Indonesien wurde im frühen 20. Jahrhundert von einigen Erdbeben heimgesucht. Gut möglich, dass Mutter und Kind bei einem Unglück ums Leben gekommen sind.«
    »Zuvor bat sie allerdings den Vater darum, sich um das Kind zu kümmern. Entweder hat er den Brief nie erhalten oder wollte sich einfach nicht kümmern …«
    »Oder er hat sich darum gekümmert und es gerettet, aber seine Herkunft geheim gehalten …«
    In dem Augenblick öffnete sich die Tür, und ein junger Mann rollte auf einem kleinen Servierwagen einige dicke alte Bände herein. Neben Kirchenbüchern hatte Miss Navis auch noch eingebundene Tageszeitungen aus der Zeit und ein paar andere Bücher dazulegen lassen, die auf den ersten Blick gar nicht so viel mit dem, was Lilly wissen wollte, zu tun hatten. Dennoch nahm sie sich vor, einen Blick hineinzuwerfen, denn man konnte ja nie wissen.
    Das Durchsehen der Kirchenbücher gestaltete

Weitere Kostenlose Bücher