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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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wenig. So ging es ihr immer, wenn sie aus einem warmen Lokal ins Freie musste. »Manche Touristen haben beim ersten Mal ziemliche Schwierigkeiten damit.«
    Lilly zuckte mit den Schultern. Zwar spürte sie die Schärfe der Mahlzeit noch immer an ihren Lippen, doch wirklich ausgemacht hatte es ihr nichts.
    »Ich liebe scharfes Essen«, entgegnete sie. »Es hat mir noch nie etwas ausgemacht. Wenn ich da an Peter denke …«
    »Ihr Mann?«
    Lilly senkte den Kopf. Über ihre eigentlich gute Stimmung zog eine graue Wolke. »Das war er, ja. Er ist vor einigen Jahren gestorben.«
    »Das tut mir leid. Und ich kann mir denken, wie Sie sich gefühlt haben. Auch mein Leben war bereits voller Verluste. Aber seit ich dieses Land kennengelernt habe, glaube ich, dass es besser wird, immer besser. Da Sie ebenfalls hier sind, kann ich Ihnen schon jetzt vorhersagen, dass Sie als eine andere Frau zurückfahren werden. Und dass von nun an das Glück Ihr Begleiter sein wird.«
    Über diese Worte dachte Lilly lange nach, während sie unter dem kühlenden Luftzug der Klimaanlage, geschützt durch ein Moskitonetz, auf ihrem Bett lag. Gleichzeitig regte sich in ihr ein Verdacht. War Verheugen vielleicht nicht nur freundlich, sondern machte sich Hoffnungen? Hoffnungen, die sie nicht erfüllen konnte … Auf einmal wurde ihr ganz mulmig zumute. Sie fand Verheugen verrückt, auf eine nette Art und Weise, und dass er ihr so bereitwillig half, beschämte sie ein wenig, aber sie war sehr froh darüber. Ihn sich als ihren Partner vorstellen konnte sie nicht. Sie war nicht sicher, ob Gabriel für diese Rolle in Frage kam, aber Verheugen auf keinen Fall. Aber wollte er das wirklich? Ellen würde sagen, dass sie die Sache zu eng sah. Dass es auch in unseren Zeiten immer noch Menschen gab, die selbstlos halfen.
    Du solltest ihm nichts unterstellen, sagte sie sich dann. Der Holländer ist sehr nett, du darfst ihn nicht vor den Kopf stoßen. Nur, wenn er wirklich Anstalten macht, etwas zu wollen, solltest du ihn in die Schranken weisen.
    Schließlich schloss sie die Augen und spürte in ihrem Innern nach. War diese Veränderung, von der der Zahnarzt gesprochen hatte, bereits im Gange? Würde sie sie erst bemerken, wenn sie wieder bei Ellen war?
    Nein, sie spürte es jetzt schon. Und während ihre Gedanken vorfreudig nach London zu Gabriel wanderten, überließ sie sich dem Schlaf.

24
    Padang 1910
    Das Instrument fest an die Brust gepresst, hockte Helen im Gras und starrte teilnahmslos auf ihre Schuhspitzen. Als die Erde begonnen hatte zu wanken, war alles ganz schnell gegangen. Die Besucherinnen waren davongestoben wie aufgescheuchte Hühner, ihre Mutter hatte sie beim Arm gepackt und mit sich nach draußen gezerrt. Kaum hatten sie das Haus verlassen, wurden die Erdstöße heftiger. Steine bröckelten, Ziegel hagelten ins Gras.
    Ihre Mutter schleppte Helen in den Garten, an jene Stelle, die sie immer am langweiligsten gefunden hatte, denn hier wuchs nichts weiter als Gras.
    »Leg dich hin!«, rief Ivy ihr zu und streckte sich dann neben ihr aus. Helen tat es ihr gleich, behielt aber die Geige bei sich, denn sie wollte nicht, dass ihr etwas passierte.
    Die Erde bebte unter ihnen einen Moment lang ganz heftig, dann hörte es plötzlich auf, und eine Stille folgte, die tiefer war als alles, was Helen zuvor gehört hatte. Selbst die Affen, deren Rufe sogar in der Stadt zu hören waren, schwiegen. Das Rauschen des Meeres war verschwunden, fast so, als hätte das Erdbeben alles Wasser geschluckt. Antje Zwaneweeg behauptete immer, dass bei Erdbeben tiefe Gruben im Boden aufreißen, die dann alles verschlucken, was sich in ihrer Nähe befindet.
    Und nun saß Helen hier. War das die Strafe dafür, dass sie die fremde Frau verraten hatte? Vielleicht war sie ja doch eine Märchenfee gewesen! Doch konnte deren Rache so grausam sein, wo sie ihr so ein schönes Geschenk gemacht hatte?
    »Helen, Ivy!«, tönte da die Stimme ihres Vaters. »Gott sei Dank, euch ist nichts passiert.«
    Ivy Carter, die die ganze Zeit über ebenso schweigsam gewesen war wie ihre Tochter, erhob sich nun. »James! Endlich bist du da!«
    Helens Vater zog seine Frau in die Arme und küsste sie.
    »Tut mir leid, ich konnte nicht früher kommen, in der Stadt sind mehrere Häuser zusammengebrochen. Es hat zahlreiche Tote gegeben.«
    »Mein Gott, das ist ja schrecklich! Sind Bekannte von uns darunter?«
    »Das weiß ich nicht, aber soweit man hört, waren vorwiegend Einheimische und Holländer

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