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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Hand annahm. »Das weißt du noch genauso gut wie ich, Mr. Flanagan.«
    Flanagan antwortete nicht. Das Funkeln in seinen lächelnden irischen Augen war verschwunden. Seine Lippen waren schmerzlich verzogen.
    »Wer kam, um sich nach ihm zu erkundigen?«, platzte ich heraus, ohne etwas dagegen machen zu können.
    »Niemand«, knurrte Flanagan. »Die Alte macht –«
    »Die Pinkertons, die waren’s!«
    »– Stürme in Wassergläsern«, überschrie er sie.
    »Wer sind die Pinkertons?«, fragte ich.
    »Kriminalbeamte!«, antwortete sie. »Eine ganze Truppe!«
    »Es waren zwei«, sagte Flanagan.
    »Den ganzen Weg von Washington hierher«, fuhr sie fort, ohne ihn zu beachten. »Im Frühjahr 61.«
    »Im Frühjahr 62«, berichtigte ihr Gatte.
    »Mit Anweisungen vom Kriegsministerium – von Kriegsminister Stanton persönlich!«
    »Nein, es war nicht Stanton.«
    »Aber ganz bestimmt war es Stanton!«
    »Dann kann es nicht im Frühjahr 61 gewesen sein, Alte«, sagte Flanagan. »Stanton wurde erst Januar 62 zum Minister ernannt.«
    »Erzähl mir nichts, Mr. Flanagan! Ich hab die Anweisungen selbst gesehen!«
    »Wieso sollten verdeckte Ermittler für die Regierung dir, der Frau eines Lebensmittelhändlers, ihre Anweisungen zeigen?«
    »Was wollten sie?«, fragte ich. Das fragliche Jahr (oder die fraglichen Jahre) fielen zeitlich fast mit der Mission in Benin zusammen. Konnte es bloßer Zufall gewesen sein, die Nähe der beiden Ereignisse, des Besuchs der Kriminalbeamten im Auftrag der Union und der Reise der Feronia nur zwei Jahre später? Hatte die Regierung irgendwie vom Plan des älteren Warthrop, Anthropophagen nach Amerika zu bringen, erfahren? Mein Herz fing an zu rasen, denn es sah so aus, als könnte diese zufällige Begegnung den Schlüssel zur Lösung des Rätsels liefern, das den Doktor peinigte, die Antwort auf das gequälte Warum? am Krankenbett des sterbenden Captains. Was würde er denken, wenn ich mit der Antwort zu diesem Rätsel zurückkäme, nachdem er durchblicken lassen hatte, dass ich wenig zwischen den Ohren hatte; dass ich im Grunde ein albernes, dummes Kind war, das nicht auf eine simple Frage antworten konnte, ohne konfus zu stammeln anzufangen? Wie sehr würde ich in seinem Ansehen steigen! Ich würde mich möglicherweise wahrhaftig als »unentbehrlich« erweisen!
    »Sie wollten wissen, ob er ein getreuer Unionsmann war, was er war, durch und durch«, antwortete Flanagan, bevor seine erregte Frau es konnte. »Und sie erkundigten sich auch nicht wirklich nach ihm, falls du dich noch erinnerst, Alte. Es waren diese beiden kanadischen Gentlemen … ihre Namen fallen mir jetzt nicht ein, aber es ist auch fast sechsundzwanzig Jahre her.«
    »Slidell und Mason«, blaffte sie. »Und sie waren keine Kanadier, Sir. Südstaatenspione, das waren sie!«
    »Das haben die Pinkerton-Männer allerdings nie gesagt«, gab er mir augenzwinkernd zu verstehen.
    »Beide sind bei diesem Haus gesehen worden«, sagte sie. »Diesem Haus in der Harrington Lane. Mehr als einmal.«
    »Das beweist gar nichts über Warthrop«, wandte er streitlustig ein.
    »Das beweist, dass er mit Aufwieglern und Verrätern Umgang gehabt hat!«, schrie sie ihn an. »Das beweist, dass er ein Sympathisant war!«
    »Na ja, das darfst du denken, Alte, und das darfst du sagen, so wie jetzt, so wie es damals alle gesagt haben, aber dadurch wird es nicht notwendigerweise wahr. Die Pinkertons verließen die Stadt, und Dr. Warthrop blieb, oder? Wenn sie Beweise für irgendwas gehabt hätten, dann hätten sie ihn weggekarrt. Stimmt’s? Jetzt schwatzt du in einem fort über diesen Mann – diesen guten Menschen, der meines Wissens niemals jemandem ein Leid zugefügt hat –, aber das ist auch schon alles. Bloß Geschwätz. Es ist nicht richtig, Alte, schlecht über die Toten zu reden.«
    »Er war ein Südstaatensympathisant!«, blieb sie bei ihrerBehauptung. Von ihrem ganzen Geschrei hatten mir die Ohren zu klingen begonnen. »Er war anders nach dem Krieg, und das weißt du, Mr. Flanagan. Hat sich wochenlang am Stück in diesem Haus verkrochen, und als er rauskam, ist er mit einer Leichenbittermiene durch den Ort gelaufen wie jemand, der seinen besten Freund verloren hat. Nie kam auch nur ein ›Guten Tag‹ über seine Lippen, selbst wenn man auf der Straße direkt an ihm vorbeigegangen ist, als ob’s ihm die Sprache verschlagen hätte, wie ein Mann, dem man das Herz gebrochen hat.«
    »Das mag so sein, Weib«, räumte Flanagan mit einem

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