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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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prominentesten Familien der Stadt darin verwickelt. Sie wird Ihnen mit Sicherheit ein hübsches Sümmchen einbringen – jedenfalls genug, dass Sie sich einen anständigen Anzug kaufen können. Vielleicht springt sogar eine Festanstellung für Sie dabei heraus – eine gute Sache, denn für mich ist es offensichtlich, dass Sie zu viel Zeit zur Verfügung haben.«
    Blackwood nickte eifrig. Die grauen Augen funkelten; der prächtige Rüssel flammte vor Erregung auf.
    »Unter dieser Bedingung«, fuhr Warthrop fort. »Sie werden Ihre Quelle niemandem enthüllen, nicht einmal Ihren Herausgebern.«
    »Selbstverständlich nicht, Doktor«, flüsterte Blackwood. »Oh, ich muss gestehen, dass Sie mich neugierig gemacht haben! Was ist es?«
    »Das, worauf Sie gewartet haben, Blackwood. Die Story Ihres Lebens.«
    Auf dem Rückweg ins Plaza sagte der Doktor zu mir: »Vielleicht werde ich meinen Handel mit Blackwood noch bereuen, aber wir müssen auf jede Hilfe vertrauen, die das Schicksal uns schickt. Sein Artikel in der Zeitung wird die Stadt in Aufruhr versetzen und Millionen für unsere Sache mobilisieren – und der gute Name Chanler wird ruiniert sein.«
    Er wirkte bis aufs Äußerste erschöpft. Im Licht der Straßenlampen war sein Gesicht gespenstisch gelb. Er war müder und mehr von Sorgen gezeichnet, als ich ihn je gesehen hatte, sogar noch schlimmer als während jener schrecklichen Tage in derWildnis, als ihn das Gewicht seiner Last niedergedrückt hatte. Diese Last hatte er in Rat Portage abgelegt, aber jetzt trug er eine andere, weit größere.
    »Ich hätte mit ihr gehen sollen, Will Henry«, gestand er ein. »Ich hätte auf meinen Instinkt hören sollen.«
    »Es ist nicht Ihre Schuld, Sir«, versuchte ich ihn zu trösten.
    »Sei nicht albern!«, fuhr er mich an. »Natürlich ist es meine Schuld. Hast du denn kein Wort von dem gehört, was Meister Abram gesagt hat? Die ganze Angelegenheit ist meine Schuld. Ich habe dir gesagt, wir sollten ehrlich zueinander sein. Weitaus wichtiger ist es, ehrlich zu sich selbst zu sein. Ich war es immer, und ich habe es teuer bezahlt«, fügte er bitter hinzu. »Nichts ist von Bedeutung außer der Wahrheit. Mein ganzes Leben habe ich der Jagd danach gewidmet, ganz gleich, wo sie sich versteckt. Das ist das Wesentliche bei der Wissenschaft, Will Henry, das wahre Monster, das wir verfolgen. Ich habe alles aufgegeben, um sie zu kennen, und es gibt nichts, was ich nicht tun werde – keinen Ort, wo ich nicht hingehen werde –, um die Wahrheit herauszufinden.«
    Ich brauchte nicht lange auf den Beweis dieses Gelübdes zu warten. Kaum hatten wir den Fuß in unsere Zimmer gesetzt, als der Doktor mich seinen Besteckkasten holen hieß.
    »Eine Kleinigkeit gibt es noch zu erledigen, bevor die Nacht zum Vorschein kommt«, teilte er mir mit. »Sie beinhaltet ein gewisses Risiko und könnte zu gewissen Schwierigkeiten mit dem Gesetz führen. Wenn du willst, kannst du hier auf mich warten.«
    Die Vorstellung, nach den schauerlichen Ereignissen des Tages allein zu sein, ließ diesen Vorschlag absurd erscheinen. Welcher finstere Botengang auch rufen mochte, die Last, ihn dabei zu begleiten, war der Last einer einsamen Nachtwache, während der der hohe Wind vor den Fenstern heulte, allemal vorzuziehen. Bei jener letzten furchtbaren Flucht durch die bösartige Wildnis hatte er die Last, die er geerbt hatte, geschultert, aber er war nicht der Einzige, der so niedergedrückt war. Ich lehnte das Angebot ab.
    Gleich darauf verließen wir in der Dreiundzwanzigsten Straße vor dem Eingang zum Hauptquartier der Gesellschaft unsere Droschke. Eine kleine Gestalt trat aus dem Schatten, um uns zu begrüßen.
    »Sie sind spät, mon ami «, murmelte Damien Gravois. Seine Augen weiteten sich, als er den Verband um meinen Hals sah. »Es hat einen Unfall gegeben?«
    »Nein«, antwortete der Doktor. »Wieso fragen Sie?«
    Der Franzose zuckte die Schultern, zog eine Schnupftabaksdose aus der Tasche seiner modischen, taillenlangen Jacke und nahm geräuschvoll eine Prise des pulverisierten Tabaks zu sich.
    »Es ist alles arrangiert«, sagte Gravois. »Bis auf die Transportkosten. Ich hätte sie ja selbst bezahlt, aber meine Eile, Ihrer Bitte nachzukommen, war so groß, dass ich meine Börse ganz vergessen habe.«
    Der Monstrumologe blickte finster drein. Er hatte gerade erst mit unserem Fahrer eine langatmige Verhandlung über das Fahrgeld abgeschlossen.
    »Haben Sie sich auf einen Preis geeinigt?«
    Gravois schüttelte

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