Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
Vom Netzwerk:
dann?«
    »Sie wissen, was von Helrung sagen würde«, stichelte Gravois.
    Warthrop schnaubte. Seine Lippen schürzten sich zu einem höhnischen Knurren. Ich meldete mich zu Wort, um die Lunte seines Zorns zu löschen.
    »Dr. Chanler kann es nicht gewesen sein, Sir. Larose verließ ihn – Dr. Chanler zufolge – und ließ ihn bei Jack Fiddler zurück. Er kann es nicht gewesen sein, der Larose umgebracht hat.«
    »John hat tatsächlich gesagt, dass er im Stich gelassen wurde«, gab mein Herr zu. »Aber wir wissen nicht, ob Fiddler ihn hatte, als Larose ermordet wurde. Er könnte nach dem Verbrechen ins Suckerlager gekommen sein.«
    Er seufzte und fuhr sich mit den blutbefleckten Fingern durch die Haare. »Nun ja. Wir können spekulieren bis zum Morgengrauen und der Lösung trotzdem nicht näherkommen. Einige Antworten kann nur John liefern. Wir wollen an unserem Vorhaben festhalten, Gentlemen!« Er ging zu der anderen Leiche aus der Prosektur des Bellevue hinüber. »Ich nehme jetzt dieses Messer, Gravois.« Er drückte auf den Knopf: Die Klinge schnellte aus ihrem Gefach und glitzerte tückisch unter den hellen Lampen. »Wie lange, hat von Helrung gesagt, hatte John? Sieben Minuten? Damien, nehmen Sie bitte die Zeit. Auf mein Zeichen!«
    Warthrop stieß dem Toten die Klinge mitten in die Brust.
    »Der Stoß trifft genau«, sagte der Monstrumologe. »Perforiert den rechten Ventrikel. Dreißig bis sechzig Sekunden, bis das Opfer das Bewusstsein verliert, und Skala bricht auf dem Boden zusammen.« Er zog die Klinge heraus und hielt sie mir hin. »Hier! Du musst den Rest erledigen, Will Henry. Wir sollten uns Johns geschwächter Verfassung nähern.«
    »Ich, Sir?« Ich war entsetzt.
    »Rasch; die Uhr tickt!« Er drückte mir das Schnappmesser in die Hand und drängte mich an den Tisch.
    »Sechs Minuten«, verkündete Gravois.
    »Zuerst die Augen«, wies Warthrop mich an. »Wenn wir dieBlutmenge in den Augenhöhlen zugrunde legen, schlug Skalas Herz mit größter Wahrscheinlichkeit noch, als John sie herausgenommen hat.«
    »Sie wollen, dass ich ihm die Augen herausschneide?« Ich hatte etwas Mühe, es zu begreifen. Bestimmt erwartete der Doktor doch nicht ausgerechnet von mir, so etwas zu tun.
    Der Doktor missdeutete mein Entsetzen bei dieser Aussicht als Frage über das Vorgehen.
    »Na ja, er hat sie ihm ja nicht mit bloßen Händen ausgedrückt oder herausgerissen. Du hast die Einschnitte ebenso gesehen wie ich, Will Henry. Er muss das Messer benutzt haben. Mach jetzt fix!«
    »Dürfte ich darauf hinweisen, dass ein Zweijähriger jemandem die Augen herausnehmen könnte?«, fragte Gravois. »Kraft hat damit wenig zu tun, Warthrop.«
    »Na schön!«, blaffte der Doktor. Er schnappte sich das Messer aus meiner Hand, zog das obere Lid zurück und führte das Messer in eine Stelle über dem rechten Auge der Leiche ein. Er drehte die Klinge herum, durchtrennte den Sehnerv und zog das Auge ohne viel Federlesens mit den bloßen Fingern heraus. Er drehte sich zu mir um, und ich hob automatisch die gewölbten Hände, um den Preis zu fangen, den er hineinfallen ließ. Verzweifelt schaute ich mich nach etwas um, wo ich es hätte hinlegen können. Der Doktor stand zwischen mir und dem Tisch, und es auf den Boden fallen zu lassen, erschien mir respektlos, sogar frevlerisch. Warthrop beugte sich über den Tisch und entfernte auf die gleiche Art das linke Auge. Auch dieses ließ er mir in die Hände fallen. Ich zwang mich dazu, nicht hinzuschauen, um nicht sehen zu müssen, wie diese leblosen Augen meinen Blick erwiderten.
    »Zeit!«, rief Warthrop.
    »Fünf Minuten, fünfundvierzig Sekunden«, antwortete Gravois.
    Unerbittlich ging der Monstrumologe dazu über, die alabasterfarbene Brust aufzuhacken, wobei er die anfängliche Wundemit schnellen, brutalen Hieben weitete und so die Wildheit des Angriffs nachahmte. Er warf das Messer auf den Tisch und drehte sich wieder zu mir um.
    »Nun, diesen Teil musst du übernehmen, Will Henry.«
    »Welchen Teil?«, piepste ich.
    »Seine Hände sind voll«, legte Gravois dar.
    Warthrop nahm die Augen an sich und steckte sie geistesabwesend in seine Manteltasche. Er schob mich zum Tisch hin. »Greif hinein und nimm das Herz!«
    Mir drehte sich der Magen um. Ich glühte und zitterte wie im Fieber. Ich blinzelte heiße Tränen zurück und blickte ihn flehend an.
    »Geschwind, Will Henry! Diese beiden Rippen, hier und hier, wurden vom Sternum abgebrochen. Schaffst du das?«
    Ich nickte. Ich

Weitere Kostenlose Bücher