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Der Montagsmann: Roman (German Edition)

Der Montagsmann: Roman (German Edition)

Titel: Der Montagsmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Licht, auch wenn es nur eine Art diffuses Wabern war, wie Nebel, der durch Bäume quillt.
    Obwohl sie eine Höllenangst davor hatte, ihre Verfolger von Angesicht zu Angesicht zu sehen, riskierte sie es, einen kurzen Blick über die Schulter nach hinten zu werfen. Sie war verblüfft, weil sie ein Gesicht sah, das sie erkannte. Es war ein großer, blonder Mann, der Ähnlichkeit mit einem Wikinger gehabt hätte, wären seine Haare eine Idee länger gewesen. Sie war absolut sicher, den Mann schon gesehen zu haben, doch ihr fiel nicht ein, wo das gewesen war.
    »Ich kenne dich!«, sagte sie keuchend. »Ich muss nur ein bisschen nachdenken, dann fällt mir dein Name wieder ein! Und dann hast du keine Macht mehr über mich!«
    »Vorher hole ich dich ein und fresse dich auf. Ich fresse nämlich gerne Frauen zur Hochzeit.«
    Zur Hochzeit?
    »Nicht mit mir«, murmelte Isabel. Wenn das kein Traum war, wollte sie Daphne heißen!
    Während sie noch darüber nachdachte, wie sie ausgerechnet auf Daphne kam, wachte sie vollends auf.
    Stöhnend wälzte sie sich auf den Bauch und weigerte sich, den Realitäten ins Auge zu sehen. Sie vergrub den Kopf im Kissen und sagte sich, dass sie vielleicht wieder einschlafen könnte, wenn sie sich nur genügend anstrengte.
    Es war zwar hell draußen, aber das wollte nichts heißen. Im Hochsommer wurde es morgens schon um sechs Uhr hell. Spätestens. Sechs Uhr war eine absolut unmögliche Zeit zum Aufstehen.
    Es hämmerte an der Tür. »Sechs Uhr!«, rief Natascha von draußen. »Zeit zum Aufstehen!«
    Isabel kämpfte sich mühsam aus dem Bett und taumelte ins Bad. Unter der Dusche dachte sie über den Traum nach, aus dem sie vorhin aufgewacht war. Das Gesicht des blonden Mannes stand ihr immer noch deutlich vor Augen. Ob er jemand war, den sie kannte? Oder konnte man sich im Traum Gesichter ausdenken?
    Widerwillig zog sie nach dem Duschen den Trainingsanzug an, den Natascha ihr besorgt hatte. Sie ersparte es sich, hinterher im Spiegel zu prüfen, wie sie aussah, denn sie wusste, dass es ihr nur auf den Magen schlagen würde. Auch wenn sie keine Ahnung von ihren sportlichen Vorlieben hatte – sie war sicher, dass keine Sportart dabei war, zu der man einen Trainingsanzug trug.
    Beim Verlassen des Zimmers fuhr sie sich mit beiden Händen durch das Haar und hatte dabei den Eindruck, in eine Wolke zu greifen. Sie hatte bereits festgestellt, dass es von Natur aus lockig war. Der Blondton war ebenfalls beinahe echt; der nachwachsende Ansatz war nur eine winzige Nuance dunkler als der Rest. Die ganze Frisur als solche sah allerdings danach aus, als würde ihr ein wenig mehr Zuwendung nicht schaden.
    Draußen auf dem Gang war Natascha damit beschäftigt, ein Sortiment von Putzutensilien zu sortieren.
    »Guten Morgen«, sagte Isabel. »Ich will dich nicht bei der Arbeit stören, ich habe nur eine kurze Frage: Zu welchem Friseur bin ich immer gegangen?«
    »In der Zeit, in der du hier warst, bist du nicht beim Friseur gewesen.«
    »Wirklich?« Isabel fuhr sich erneut durchs Haar. »Wer hat mich denn frisiert?«
    »Na, derjenige, der das bei anderen Leuten morgens nach dem Aufstehen auch immer macht. Der Eigentümer der betreffenden Haare. Übrigens finde ich deine Frisur wirklich gut.«
    »Ich sehe aus wie ein Rauschgoldengel!«
    »Schätzchen, darauf fahren die Männer ab.« Natascha strich sich durch die wallende Kupfermähne. »Je mehr Volumen, desto schärfer sieht es aus.«
    »Ich denke, ich gehe erst mal runter, frühstücken.«
    »Tu das. Wenn du fertig bist, kannst du gleich wieder raufkommen und hier weitermachen.«
    »Womit?«
    Natascha klapperte mit dem Putzeimer. »Hiermit. Die Putzfrau ist seit zwei Wochen krank, und alleine schaffe ich das alles unmöglich.«
    »Du meinst, ich soll … putzen?«
    Natascha zuckte die Achseln. »Klar. Du liebst es. Du hast immer gesagt, es gefällt dir viel besser als Bügeln.«
    Isabel betrachtete zweifelnd den Schrubber, von dem nicht der geringste Wiedererkennungseffekt ausging. Sie sah nur einen langen Stab, der in einem ausklappbaren, flachen Unterteil mündete, sowie einen ergonomisch dazu passenden viereckigen Eimer, in dem eine Art Putzvlies schwamm, das vermutlich über das Unterteil des Schrubbers gezogen wurde.
    »Es kommt mir … irgendwie fremdartig vor.«
    »Wenn du erst mal angefangen hast, wirst du merken, wie es dir in Fleisch und Blut übergeht. Es ist wie Fahrradfahren und Schwimmen.«
    »Schwimmen kann ich gut.«
    »Na also«, sagte Natascha

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