Der Montagsmann: Roman (German Edition)
kümmere mich selber drum.«
Isabel fand, dass sie sich zu dritt in der Küche umherbewegten wie eingerostete Roboter. Wenn sie nur lange genug hinhörte, würde sie irgendwann ein rostiges Quietschen hören.
Anscheinend hatte sie vorhin etwas falsch gemacht – aber was?
L eute, das war wieder ein Wahnsinnsdinner«, sagte Natascha. Sie lehnte sich zurück und drückte dabei ihren gewaltigen Busen raus, sodass Olaf, der Klempner, keinen einzigen Zentimeter übersehen konnte. Sie machte es richtig, denn Isabel merkte, dass ihm fast die Augen aus dem Kopf fielen.
Nach dem nur um einen Hauch am Karnickelsex vorbeigeschrammten Zwischenspiel in der Küche hatte sich die Stimmung wieder normalisiert – soweit man dabei überhaupt von normal sprechen konnte. Immerhin ratterte ihr Herz nicht mehr wie ein kaputter Auspuff, und ein paar Minuten, nachdem Fabio angefangen hatte, die Enten in ein Hauptgericht zu verwandeln, war sie emotional wieder so weit beieinander, dass sie nach seinen Anweisungen die Füllung für die Oliven fertig machen konnte.
»Hat wirklich toll geschmeckt«, pflichtete Harry Natascha bei. Er bedachte Isabel mit verstohlenen Seitenblicken, denen sie geflissentlich auswich. Harry schaute hastig woanders hin und fischte sich eine Olive aus der Schüssel.
Fabio hatte sie ebenfalls während des Essens hin und wieder angesehen, das war ihr nicht entgangen. Aber im Gegensatz zu Harry konnte er so blitzartig wegschauen, dass ihre Blicke sich nicht mal für den Hauch eines Moments begegneten.
»Natascha, das hast du spitzenmäßig gekocht«, sagte Olaf. Er war groß und kräftig und hatte schaufelartige Hände, mit denen er ständig die Schuppen von seinen Schultern wischte, wenn er dachte, dass niemand hinsah. Außerdem war er fünfundvierzig, seit einem halben Jahr geschieden und im Begriff, mit einer Klempnerfiliale im Nachbarort zu expandieren, was Natascha mit Wohlgefallen vernommen hatte.
»Man tut, was man kann«, sagte Natascha. Sie warf einen drohenden Blick in die Runde, damit bloß niemand auf die Idee kam, Olaf zu verraten, dass sie erst runtergekommen war, als Fabio gerade mit dem Nachtisch fertig gewesen war und Harry die letzten Oliven aus dem Frittierfett gefischt hatte.
»Vor allem das Hähnchen war klasse«, sagte Olaf.
»Das Hähnchen war Ente«, warf Isabel ein. »Genauer gesagt: junge Wildente mit Granatäpfeln.«
Als Natascha sie ärgerlich anfunkelte, fiel ihr der höhere Zweck des Ganzen wieder ein – die überquellenden Gästeklos. Morgen war der Dachdecker zum Essen eingeladen, und letzte Woche war der Schreiner als Dinnergast hier gewesen. Von nichts kommt nichts, hatte Natascha ihr erklärt.
»Das hast du wirklich wunderbar hingekriegt, Natascha«, erklärte sie fromm.
»Die Rezepte musst du mir aufschreiben«, sagte Olaf. »Dann kann meine Mutter mir das vielleicht auch mal kochen.«
»Ach wo«, sagte Natascha. »Wozu willst du dich von deiner Mutti bekochen lassen, wenn du auch hierher zu mir zum Essen kommen kannst! Bis zur Eröffnung haben wir hier immer ein warmes Plätzchen an unserem Tisch!«
»Ich weiß nicht … Das kann ich doch gar nicht annehmen!«
»Na hör mal«, sagte Natascha. »Du machst doch hier die komplette Sanitäranlage zu einem Freundschaftspreis! Da ist ja wohl freies Essen inklusive, oder was? Fabio?«
»Sicher«, sagte Fabio.
Olaf kratzte sich am Kopf und löste einen wahren Schuppensturm damit aus. Er wirkte leicht verunsichert, und Isabel kam es ganz so vor, als wäre die Sache mit dem Freundschaftspreis völlig neu für ihn.
»Was hältst du davon, wenn wir gleich nach oben zu mir gehen, und ich zeige dir mein Fotoalbum von Las Vegas? Von meiner Bühnenshow.«
»Wieso nicht.« Der Gedanke war für Olaf anscheinend genauso neu wie der Freundschaftspreis, gefiel ihm aber offensichtlich um einiges besser, denn er grinste bis an die Ohren und kippte sich zum Dessert vier Grappa hinter die Binde.
Isabel machte für alle eine Runde Espresso und kam sich dabei schon sehr professionell vor. Der Kochabend war ausgesprochen effektiv gewesen, sie hatten zu dritt Hand in Hand gearbeitet, und Isabel hatte sich gegen Ende wie ein routinierter Koch gefühlt. Na ja, wie eine routinierte Küchenhilfe. Und es war etwas geschehen, womit sie nicht gerechnet hatte: Es hatte ihr Spaß gemacht. Fast so viel Spaß wie vorher das … Hm, besser nicht dran denken!
Sie ließ sich von Harry noch einen Nachschlag von dem Mandarinensoufflé auftun und knabberte
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