Der Montagsmann: Roman (German Edition)
Blicken betrachten – Himmel, er liebte es, auf welche Art sie ihn anschaute, er kam sich fast wie ein Gott dabei vor! –, während sie ihn bereits im nächsten Augenblick sanft an einer empfindlichen Stelle kneifen und ihn mit einem mutwilligen Funkeln im Blick fragen konnte, ob das etwa alles für sie allein wäre.
Die Lust war zwischen ihnen wie ein dampfender Kessel, bei dem jeden Moment der Deckel hochfliegen konnte, aber auch das Lächeln und die Freude waren immer nur einen kurzen Atemzug entfernt.
Als sie vor ihm auf der Arbeitsplatte saß, hielt er inne, um sie zu betrachten. Wie ein zerzauster Kobold blickte sie zu ihm auf, dass wirre Haar stand wie eine helle Gloriole um ihren Kopf, und ihre Augen schimmerten im Licht der Kerze wie unergründliche Teiche. Sie lächelte ihn an, süß, ein wenig unsicher – und genauso erregt wie er selbst.
Er wollte alles gleichzeitig tun. Fluchen und sie loslassen und ihr die Wahrheit sagen. Sie schütteln, bis sie sich wieder an alles erinnerte und ihn zum Teufel schickte. Sie schütteln, bis ihr alles egal wäre und sie ihre Vergangenheit, was immer es für eine war, in die Tonne steckte.
Und sie küssen und halten. Sie lieben. Ja, mehr als alles andere wollte er sie lieben.
Er war ein Narr. Ein verrückter, hirnverbrannter Narr. Und er war verliebt wie noch nie zuvor in seinem Leben.
»Woran denkst du?«, flüsterte sie, während sie mit beiden Händen über seinen nackten Brustkorb strich und dabei sein offenes Hemd herunterstreifte.
»An nichts«, gab er mit belegter Stimme zurück. »An gar nichts. Nur an das hier.«
Er zog sie in seine Arme und küsste sie. Und nahm diesen Kuss als Startzeichen, alles andere für den Rest der Nacht vollständig auszublenden.
I sabel blieb stehen, als sie den Chefarzt inmitten seines Gefolges auf sich zurauschen sah. Er hatte einen Finger im rechten Ohr stecken und ruckte heftig daran herum, während er mit zuckenden Augenbrauen fachmedizinische Verlautbarungen von sich gab, von denen Isabel kaum ein Wort verstand. Schräg hinter ihm ging Doktor Mozart, der erfreut lächelte, als er Isabel bemerkte.
»Isabel! Wie schön, Sie zu sehen! Möchten Sie zu mir?«
Isabel nickte und wartete, bis der Chefneurologe mit den Schwestern und Assistenzärzten weitergegangen war, dann ergriff sie die Hand, die Doktor Mozart ihr zur Begrüßung hinstreckte. Sie erwiderte das Lächeln des Oberarztes. »Freut mich ebenfalls. Wie geht es Ihnen?«
»Das müsste ich Sie fragen!« Er musterte sie. »Sie sehen fantastisch aus!«
»Danke schön. Das liegt am Kleid. Es ist neu, und es ist auf Figur geschnitten. Macht im Vergleich zu einem Krankenhausnachthemd also definitiv mehr her.«
»Sie sehen auch ohne neues Kleid gut aus!«
Sie kicherte, und er wurde rot, als er merkte, was er von sich gegeben hatte.
»Wollen wir einen Kaffee trinken?«, fragte er.
»Nur, wenn ich Sie nicht von der Arbeit abhalte. Ich kann auch warten.«
»Nein, ich habe sowieso gerade Pause, die Visite ist vorbei. Kommen Sie.«
Er hakte sie unter und ging mit ihr in die Cafeteria. Sie holten sich Cappuccino und setzten sich an einen Fenstertisch.
»Erzählen Sie«, sagte er.
Isabel verrührte den Milchschaum in ihrer Tasse. »Alles läuft so weit gut.«
»Sind Ihre Erinnerungen wieder da?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, keine Spur.« Nachdenklich blickte sie ihn an. »Nur einmal, da war … da hatte ich ein komisches Gefühl. So, als würde es irgendwie in mir … rumoren.«
»Wann war das?«
»Gestern. Ich habe eine Frau gesehen. Eine Kundin vom Schwarzen Lamm .«
»Schwarzes Lamm?«
»Fabios Restaurant.« Sie bemerkte seinen fragenden Blick und setzte hinzu: »Mein Verlobter.«
»Ah, der neue Edel-Italiener in dem alten Landhaus. Das ist Ihr Verlobter?«
»Ja«, sagte sie, und sie merkte, wie ihr Herz schneller schlug, weil sie von Stolz erfüllt war und weil sie nach der letzten Nacht immer noch nicht wusste, wohin mit ihren Gefühlen.
»Man spricht schon davon, dass es morgen zur Eröffnung keine freien Plätze mehr gibt«, sagte Doktor Mozart.
»Für Sie würde ich Platz schaffen!«
»Ich habe schon einen Tisch bestellt«, meinte er lächelnd. »Wir gehen mit ein paar Kollegen hin.«
»Wunderbar.« Sie freute sich, doch dann wurde sie wieder ernst. »Ich muss Sie was fragen.«
»Nur zu. Ist es wegen dieser Frau, die Sie gestern gesehen haben?«
»Auch. Ich … Es …« Sie druckste herum und suchte nach der passenden Formulierung. Es kam
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